ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN
ZU GÖTTINGEN.
NEUNZEHNTER BAND VOM JAHRE 1874.
MIT ZWEI STEINDRUCKTAFELN UND EINER KARTE.
a GÖTTINGEN, = IN DER DIETERICHSCHEN BUCHHANDLUNG. | 1874.
M^. Bot. Garden, zo
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Wco-rre d
Dieser neunzehnte Band der Schriften der Königlichen Ge- sellschaft der Wissenschaften zu Göttingen enthält die in dem Jahre 1874 in den Sitzungen derselben vorgetragenen oder vor- gelegten Abhandlungen. Die der Societät mitgetheilten kleineren Arbeiten sind in dem Jahrgange 1874 der „Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften und der G.-A.-Universität“ veröffentlicht worden. Es wurden folgende Abhandlungen und kleinere Mittheilungen vorgetragen oder vorgelegt:
Am 3. Januar. Marx, Ueber C. V. Schneider und die Katarrhe. Bd. XIX. Wieseler, Inschriftliches aus Griechenland und Klein- asien. N. 1.) Lolling, das Theseion und das Hephaisteion in Athen. (Vorgelegt von Wieseler.) N. 17. Benfey, Ueber die indogermanischen Endungen des Ge- netiv singularis, IANS, IAS, IA’. Bd XIX. Sauppe, Lebenszeit des T. Lucretius Carus.
Am 18. Februar. Grisebach, Plantae Lorentzianae. N. 53 und Bd. XIX. Kohlrausch, Corresp., Ueber Thermoelektricität, Wärme- und Elektricitätsleitung. N. 65. Enneper, Bemerkungen über einige Theoreme, betreffend die Flächen zweiten Grades. N. 125. Heymann, Ueber Bharata's Nå .yacästram. (Vorgel. von Benfey.) N. 86.
1) N. bedeutet »Nachrichten 1874« mit der Seitenzahl. a*
Am 7. März.
Am 2. Mai.
Am 6. Juni.
VORREDE.
Wieseler, Poseidon Asphaleios. N. 153.
Nöldeke, Corresp., Griechische Namen Susiana's. N. 173. Drude, Ueber die systematische Stellung von Schizocodon. (Vorgel. von Grisebach.) N. 161.
Fromme, Die Magnetisirungs-Function einer Kugel aus weichem Eisen. (Vorgel. von Rie cke. N. 165. Bjerknes, Corresp., Verallgemeinerung des Problems von den Bewegungen, welche in einer ruhenden unelastischen Flüssigkeit die Bewegungen eines Ellipsoids hervor-
' bringt. N. 285.
Hübner, Y. Mittheil. aus dem Univ.-Laborat. Neejodphe- nole. Isomere Nitrobenzanilide. Toluidendiaminsulfosäure. (Von d. Hrn. Busch, lid Or Wiesinger.) N. 209.
. Benfey, Die Quantität i heiten in den Samhitä-
und Pada-Texten der Veden. N. 229 und Bd. XIX. Marx, Zur Anerkennung des Arztes D. Ludwig, des Reformators der Pharmacologie und Pharmacie. Bd. XX. Wüstenfeld, Bahrein und Jemäeren nach den Arabischen Geographen. Bd XIX.
Schubert, Ueber die Characteristiken der ebenen Curven 3. Ordnung im Raume. (Vorgel. von Stern.) N. 267. Thomae, Corresp., Herleitung einer integrabeln Differen- tialgleichung mittelst der Liouville'schen Methode der Differentiation mit beliebigem Zeiger. N. 249.
A. Mayer, Corresp., Ueber die Lie'schen Berührungs- Transformationen. N. 317.
Hübner, II. Mittheil. aus dem Univ.-Laborat. (Frerichs: Thihydrobenzoésüure, Dithiobenzoösäure und Bromthihy- drobenzoésüure. — Metabromtoluol, — & Parachlorsulfi- toluol und Nitro- und Amido-Parachlortoluol. N. 337.) Frerichs, Zur Kenntniss des Lanthans und Didyms.
(Vorgel. von Hübner.) N. 346.
Derselbe, Trennung des Baryums von Strontium, Caleium
BE a E LUE i. MS
Am 11. Juli.
Am 8. August.
VORREDE. y
und Magnesium durch neutrales chromsaures Kali. N. 249. (Vorgel. von Hübner.) Tollens und Kirchner, Vorläufige Mittheilung über den Pflanzenschleim. (Vorgel. von Wöhler.) N. 353. Benfey, Vedisch midhä oder mi/há, n. (= mizhda, n. des Avesta, gr. pıoV6, m., altsl. mizda, f, goth. mizdo, f, ags. méord f. u. s. w), vedisch midhväms, lat, miit, mereo u. aa., Nachtrag zu der Abhandlung »J u- beo und seine Verwandte« in Bd. XVI, hist.-phil. Cl. S.1ff. Bd. XX. N. 365. Nachtrag zu dem in »Orient und Occident« II. 133—171 erschienenen Aufsatz »Ein Märchen von der Thiersprache, Quelle und Verbrei- tung«.
` Wieseler, Ueber ein Votivrelief aus Magana. Bd. XX.
Kohlrausch, Corresp., Das elektrische Leitungsvermögen der Chloralkalien und alkal. Erden so wie der Salpeter- säure in wässriger Lösung. N. 405.
Enneper, Ueber ein geometrisches Problem. N. 474. Voss, Ueber Complexe. (Vorgel. von Stern.) N. 375. Wöhler, Notiz über ein Palladiumsalz und das Verhalten des Palladiumoxyduls in Wasserstoffgas. N. 419. Ewald, Neue Bemerkungen über die Schiffahrt nach dem Goldlande Ofir. N. 421.
Waitz, Zur Kritik von Tacitus Germania. N. 437. Listing, Ueber das Klima der la Plata Region.
v. Brunn, 1. Ueber eine, den interstitiellen Zellensträn- gen des Hodens ähnliche Substanz in der Milchdrüse und Unterkieferdrüse. N.449. 2. Eine abnorme Bauch- felltasche. N. 451. (Vorgel. von Henle.)
Reinke, Mittheilungen aus dem pflanzenphysiologischen Institut. N. 453. (Vorgel. von Grisebach.) Goldschmidt, Einiges über Einschiebung und Vergröberung des h im Präkrit. N. 468. (Vorgel. von Benfey.)
VI Am 28. Octbr.
Am 7. Novbr.
Am 5. Decbr.
VORREDE.
Hübner, II. Mittheilungen aus dem chem. Laboratorium (Benzanilid und Salpetersäure, von Stöver. Nitrosali- cylsáure, von Hall. Isomere Mononitrobenzonaphtyla- mide, von Ebell Benzeylamidphenole von Morse. Amidobenzonitrile, von Fricke. ‘Vorläufige Mittheilun- gen, von Rudolph.) N. 489.
Marx, Zur Anerkennung des Arztes und Schulmannes G. Henisch. Bd. XX.
Goldschmidt, Etymologisches aus dem Prákrt: ydekkh. dakkh und Verwandtes. .N. 509. (Vorgel. von Benfey.) Wieseler, Antiken in Norditalien und Südtirol. N. 545. Lie, Corresp., Ueber Gruppen von Transformationen. N. 529. |
Feier des Stiftungstages der K. Societät und Jahres- bericht, N. 617. | Sartorius von Waltershausen, Ueber den Einfluss des Standes der Sonne und des Mondes zur Erde in Bezug auf vulkanische Eruptionen. Bd XX.
Benfey, Sanskritisch sä (Verbalwurzel) — griech. &, à, sanskritisch sitä (Ptep. Pf. von sâ) — lateinisch säto in sätis, satio und Verwandten. N. 626.
Riecke, Ueber die Gesetze der Volta-Induction. N. 657. Derselbe, "Ueber Molecularbewegung zweier Theilchen, deren Wechselwirkung durch das Weber’sche Gesetz der electrischen Kraft bestimmt wird. N. 665. - Grenacher, Ueber das facetirte Arthropoden-Auge. N. 645. (Vorgel. von Henle.)
Die im December 1872 von der historisch-philol. Classe der Societüt für den November d. J. gestellte, die Abfassung einer Kurdischen Grammatik betreffende Preisfrage hat einen Bearbeiter gefunden, welcher unter dem Motto: faan dy Ze
VORREDE. VII
(„Wissenschaft ist die höchste Gottheit“) der K. Gesellschaft eine Arbeit eingereicht hat, welche auf XX und 218 Folioseiten die Aufgabe in der gewünschten Weise behandelt.
Der Verfasser derselben hat nicht bloss die schon durch den Druck veröffentlichten Hülfsmittel benutzt, sondern auch überaus wichtiges, bis jetzt nur handschriftlich vorhandenes Material nämlich: |
l) die Sammlungen, welche Hr. Professor Socin in Basel auf seinen Reisen in Assyrien zusammengebracht hat, und
2) ein höchst umfangreiches — aus 1377 Folioseiten beste- hendes — von dem genauen Kenner des Kurdischen, Hrn. Jaba, früher russischen Consul in Erzerum, abgefasstes kurdisch-russisch- französisches und französisch - russisch - kurdisches Wörterbuch, welches sich im Besitz der kaiserlichen Akademie der Wissen- schaften in St. Petersburg befindet.
Die Art wie alle diese Hülfsmittel zu der Gestaltung des eingesandten Werkes verarbeitet sind, verräth einerseits eine umfassende und tiefe Kenntniss der nächst verwandten eranischen und der indogermanischen Sprachen überhaupt, ferner zugleich eine höchst achtungswerthe, der geographisch und historisch sich mit dem Kurdischen berührenden semitischen, ural-altaischen und kaukasischen, andererseits eine vollständige Herrschaft über alle Hülfsmittel und eine sichere Handhabung der richtigen Methode linguistischer Forschung.
Alle Theile der Kurdischen Grammatik sind mit steter Rück- sicht auf die verwandten Sprachen behandelt, und wo sich Ein- flüsse nicht verwandter ergaben, sind auch diese zu Rathe gezogen. Die vor allem hervorragende treffliche Bearbeitung der Kurdischen Lautlehre, so wie auch der Wortbildungslehre schaffen eine klare Einsicht in die Entwickelung der Eigenthümlichkeiten, durch welche
VIII VORREDE.
sich das Kurdische von seinen Verwandten gesondert hat, und in die Stellung, welche es ihnen gegenüber einnimmt; zugleich tritt dadurch, so wie insbesondre durch die Satzlehre, die heutige Ge- staltung und Verwendung desselben in allen wesentlichen Punkten klar und lebendig hervor.
Die K. Gesellschaft hat demgemäss die eingesandte Arbeit .
als eine gründliche, im Wesentlichen erschópfende, auch durch Klarheit der Darstellung sich auszeichnende, befriedigende, Lósung der von ihr gestellten Aufgabe betrachtet und hat kein Bedenken getragen, dem Verfasser derselben einen Preis von 1000 Mark zu ertheilen. ; un Bei Oeffnung des versiegelten, mit dem obigen Motto ver- sehenen Umschlags ergab es sich, dass der Verfasser Hr. Professor Dr. Ferdinand Justi in Marburg ist. | Für die nächsten 3 Jahre werden von der K. Societät folgende Preisaufgaben gestellt: Für den November 1875 von der physikalischen Classe: Um der Lösung der Frage näher zu kommen, unter welchen Bedingungen. die
in den Erzgängen vorkommenden krystallisirten Schwefel- und Fluor- Verbindungen
entstanden sind, wünscht die K. Societät über die künstliche Darstellung solcher -
krystallisirter Mineralien, wie lichtes und dunkles Rothgiltigerz, Sprödglas- erz, Fahlerz, Bleiglanz, Flussspath, Versuche angestellt zu sehen. Für den November 1876 von der mathematischen Classe: ! | Nachdem die von Siemens dargestellten Widerstandsmaaße und Wider- standsskalen allgemeinere Verbreitung und Anwendung gefunden, und dieselben von Kohlrausch mit grosser Sorgfalt und Genauigkeit auf absolutes Maaß zurückgeführt worden sind (siehe Poggendorffs Annalen 1873. Supplementband VD, ist es möglich geworden, auch die Stromarbeit nach absolutem Maaße genau zu bestimmen. Die Königliche Societät verlangt mm eine Untersuchu ng über Strom- ‚arbeit, d. i. über die von den elektromotorischen Kräften durch ihre Wirkung
auf die strömende Elektricitüt geleistete Arbeit, insbesondere über das Verhältniss.
VORREDE. IX
und den Zusammenhang derselben mit der vom Strome erzeugten Wärme, und über die von ihr unmittelbar in der strömenden Elektricitàt oder mittelbar in an- dern im Leiter enthaltenen beweglichen Theilchen erzeugte lebendige Kraft.
Für den November 1877 von der historisch-philolo- . gischen Classe:
Die K. Societät verlangt, dass gezeigt werde, was die bildenden und zeichnenden Künste bei den Griechen und Italern den Künsten der Nichtgriechen und Nicht- italer verdanken, und hin wiederum, wo sie ausserhalb der Griechischen und Italischen Länder Wurzel getrieben und wiefern sie einen Einfluss auf die Ent- wickelung der Künste bei Nichtgriechen und Nichtitalern gehabt haben.
Die Concurrenzschriften müssen vor Ablauf des Septembers der bestimmten Jahre an die K. Gesellschaft der Wissenschaften portofrei eingesandt sein, begleitet von einem versiegelten Um- schlag, welcher den Namen und Wohnort des Verfassers enthält und auswendig mit dem Motto zu versehen ist, welches auf dem Titel der Schrift steht.
Der für jede dieser Aufgaben ausgesetzte Preis betrügt min- destens funfzig Ducaten.
* * *
Die von dem Verwaltungsrath der Wedekind'schen Preisstif- tung für deutsche Geschichte gestellten Aufgaben für den dritten Verwaltungszeitraum, d. i. für die Zeit vom 14. März 1866. bis zum 14. März 1876, sind S. 198 der Nachrichten von 1874 wieder- holt bekannt gemacht worden. |
Nachdem Hr. Hofr. Sauppe die Redaction der unter der Aufsicht der Societät erscheinenden Gött. gelehrten Anzeigen und der Nachrichten vom 1. Juli d. J. an niedergelegt hatte, wurde . sie von Hrn. Prof. Wappäus wieder übernommen. Es wurde beschlossen, die jährliche Bogenzahl der gelehrten Anzeigen, um den Preis nicht den sehr gesteigerten Druckkosten entsprechend zu erhöhen, von 130 auf 104 zu beschränken und die Nachrichten,
X "i VORREDE.
deren letzter Band 71 Bogen stark geworden war, auf Kosten der Societüt herauszugeben.
Die Societüt steht in fortwührendem Tauschverkehr mit den meisten europäischen und aussereuropäischen Akademien und gelehrten Gesellschaften, und liefert dadurch jährlich einen nicht unerheblichen Beitrag zu den Accessionen der K. Universitäts- Bibliothek. :
Mit Befriedigung kann die K. Societät die Mittheilung machen, dass von den von ihr herausgegebenen und von ihrem Mitgliede, Hrn. Professor Schering, redigirten G auss'schen Werken nun auch Bd. VL, enthaltend hauptsüchlich die astronomischen Abhandlun- gen, vollendet ist. Von den nóthig gewordenen neuen Abdrücken der Bände I und II ist der erstere längst erschienen und von letz- terem der Druck bis zu Bogen 63 vorgerückt. Unterdessen hat es sich gezeigt, dass auch von den Bänden III und V in kurzem ein Neudruck begonnen werden muss, ja dass selbst von dem Band IV nur noch wenige Exemplare vorräthig sind.
Ersparnisse in den letzten Jahren setzten die K. Societüt in die Lage, dureh nicht unbedeutende Geld-Unterstützungen die Veróffentlichung verschiedener wissenschaftlicher Werke möglich zu machen. Nachdem sie schon eine von Hrn. Dr. Soein gemachte Abschrift der alten Syrischen Uebersetzung des in der Bischöflichen Bibliothek zu Märdin in Mesopotamien befindlichen Indischen Buches Kalilag va Damnag angekauft hatte, bewilligte sie eine hinreichende Summe für die Herausgabe der von den Herren Drn. Socim und Prym auf ihren morgenlündischen Reisen gesam- melten zahlreichen Syrischen Volkserzählungen, von welchem Werk bereits 27 Bogen gedruckt sind. Eine gleiche Unterstützung gewährte sie dem Hrn. Diaconus Rönsch für die Herausgabe des Buchs der Jubiläen (Leptogenesis), einer in einem mailändi-
VORREDE. . XI schen Palimpsest wiedergefundenen altlateinischen Uebersetzung dieses vorchristlichen Werkes, über das schon in den Nachrichten 1873 S. 1 berichtet worden ist. Durch einen ähnlichen Beitrag war es den Assistenten an der hiesigen Sternwarte, den Herren Copeland und Börgen, möglich, für die Herausgabe eines Fixstern- Catalogs, der unter dem Titel: Astronomische Mittheilun- gen I. Theil, erschienen ist, einen Verleger zu finden. Auch dem Verein für die deutsche Nordpolfahrt glaubte die K. Societät einen Beitrag für die Herausgabe des diese Polarexpedition betreffenden Werkes nicht vorenthalten zu dürfen. Eine bedeutende Unter- stützung gewährte sie ferner dem Hrn. Professor von Seebach für die Herstellung einer neuen topographischen, geologisch zu bear- beitenden Karte von Göttingen; und endlich möge auch noch erwähnt werden, dass sie dem hiesigen Optiker Hrn. Winkel zum Ankaufe oder zur Herstellung der zur Verfertigung seiner ausge- zeichneten Mikroskope erforderliehen mechanischen Geräthschaften eine ansehnliche Summe bewilligt hat, mit dem Vorbehalt, dass
diese Geräthschaften Eigenthum der Societät bleiben.
Das Directorium der Societät ist zu Michaelis d. J. von Herrn Ewald in der historisch-philologischen Classe auf Herrn Marx in der physikalischen Classe übergegangen.
Von ihren auswärtigen Mitgliedern und ihren Correspondenten verlor die Societät in diesem Jahre durch den Tod:
Den Professor der Naturgeschichte Louis Agassiz in Boston, gestorben am 14. December 1873, im 67. Jahre;
Den Professor der Geologie und bestündigen Secretär des Instituts Jean Baptiste Elie de Beaumont im Paris, gest. am 21. September im 76. Jahre;
Den Director der m EN P. A. Hansen in Gotha, gest.
am 28. März im 79. Jahre;
XII VORREDE.
Den Professor der Mathematik Offo Hesse in München, gest. am 4. August im 63. Jahre;
Den Staatsmann und Gelehrten Francois Guizot in Paris, gest. am 21. September im 87. Jahre;
Den Professor der Philologie und bestündigen Secretür der Akademie der Wissenschaften Moritz Haupt in Berlin, gest. am 5. Februar im 66. Jahre;
Den Mineralogen und Krystallographen Friedrich Hessenberg in Frankfurt a. M., gest. am 8. Juli.
Den Professor der Anatomie Mas Schultze i in Bonn, gest. am 16. Januar;
Den beständigen Secretär der Belgischen Akademie der Wis- senschaften Adolph Quetelet in Brüssel, gest. am 17. Februar im 78. Jahre; |
Den Akademiker Moritz Hermann von Jacobi in St. Peters- burg, gest. am 10. März im 70. Jahre;
Den Geheimen Archivrath und Staatsarchivar Carl po Grotefend in Hannover, gest. am 27. October im 66. Jahre;
Mit Bedauern sah die Societät aus der Reihe ihrer Assessoren den Herrn Bernhard Minnigerode scheiden, der einem Rufe als Professor der Mathematik an der Universitit Greifswald folgte.
Von der K. Societät neu erwählt wurden Zu hiesigen ordentlichen Mitgliedern: Hr. Ernst Ehlers, phys. Classe. Hr. Ludwig Fuchs, math. Classe.
Zu auswürtigen Mitgliedern:
Hr. J. Dwigt Dana, Prof. der Mineralogie und IE in New- haven.
E
VORREDE. XIII
. Max von Pettenkofer, Prof. der Medicin in München. . William Sharpey, Prof. der Anatomie und Physiologie, Vice-
Präsident der Royal-Society in London.
. Alex. Will. Williamson, Prof. der Chemie, auswärtiger
Seeretür der Royal Society in London.
- Charles Hermite, Prof. der Mathematik in Paris. . C. A. Friedr. Peters, Director der Sternwarte in Kiel. . Alfred Ritter von Arneth, Director der Staatsarchive, Vice-
prüsident der kais. Akad. der Wiss. in Wien.
. Max Duncker, Oberregierungsrath und Director der preuss.
Staatsarchive in Berlin.
Zu Correspondenten:
. Henry Enfield Roscoe, Prof. der Chemie in Manchester.
"- Johann. Striwer, Prof. der Mineralogie in Rom.
. Wilkelm Förster, Director der Sternwarte in Berlin.
. Leo Königsberger, Prof. der Mathematik in Dresden.
. Bernhard Minnigerode, Prof. der Mathematik in Greifswald. . Xavier Heuschling, Directeur honoraire de la statistique
générale in Brüssel.
. Friedrich. Stumpf, Prof. der Geschichte in Innsbruck.
Göttingen im December 1874. F. Wöhler.
ARV VERZEICHNISS DER MITGLIEDER
Verzeichniss der Mitglieder der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Januar 1875.
Ehren-Mitglieder. Peter Merian in Basel, seit 1862. Adolph von Warnstedt in Göttingen, seit 1867. Johann Jaeob Baeyer in Berlin, seit 1867. Freiherr F. H. A. von Wangenheim auf Waake, seit 1868. Graf Sergei Stroganoff in St. Petersburg, seit 1870, Ignatz von Döllinger in München, seit 1872. Michele Amari in Florenz, seit 1872. Joachim Barrande in Prag, seit 1873. Giuseppe Fiorelli in Neapel, seit 1873.
Ordentliche Mitglieder.
Physikalische Classe. C. F. H. Marx, seit 1838. F. Wöhler, seit 1837. Bestündiger Secretür seit 1860. F. Gottl Bartling, seit 1843. A. Grisebach, seit 1851. F. G. J. Henle, seit 1853. W. Sartorius von Waltershausen, seit 1856. G. Meissner, seit 1861. E. Ehlers, seit 1874.
Mathematische Classe.
. €. 3 Ulrich, seit 1845.
. B. Listing, seit 1861.
. Stern, seit 1862,
. Schering, seit 1862. (Assessor seit 1860). . Fuchs, seit 1874,
DER KÖNIGL. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN.
Historisch -philologische Classe.
H. Ewald, seit 1833.
C. Hoeck, seit 1841.
G. Waitz, seit 1849.
H. F. Wüstenfeld, seit 1856. (Assessor seit 1841.) H. Sauppe, seit 1857.
J. E. Wappüus, seit 1860. (Asstesor seit 1851.) Th. Benfey, seit 1864.
F. Wieseler, seit 1868.
H. Brugsch, seit 1869.
G. Hanssen, seit 1869.
Assessoren.
Physikalische Classe.
E. F. G. Herbst, seit 1835. C. Boedeker, seit 1857.
C. von Seebach, seit 1864. W. Krause, seit 1865.
W. Henneberg, seit 1867. H. Hübner, seit 1871.
W. Marmé, seit 1871.
Mathematische Classe.
E. F. W. Klinkerfues, seit 1855. A. Enneper, seit 1865. E. Riecke, seit 1872.
Historisch - philologische Classe. A. Fick, seit 1869.
Auswürtige Miizliédég
Physikalische Classe. Carl Ernst von Bor in St. Petersburg, seit 1851. Jean Baptiste Dumas in Paris, seit 1851. (Correspondent seit 1849.) Christian Gottfried Ehrenberg in Berlin, seit 1851. Ernst Heinrich Weber in Leipzig, seit 1851. Robert Bunsen in Heidelberg, seit 1855.
XV
XVI VERZEICHNISS DER MITGLIEDER
Richard Owen in London, seit 1859.
Adolf Brongniart in Paris, seit 1860.
August Wilh. Hofmann in Berlin, seit 1860.
H. Milne Edwards in Paris, seit 1861.
Hermann Kopp in Heidelberg, seit 1863. (Corresp. seit 1855.)
Carl Theodor von Siebold in München, seit 1864. (Corresp. seit 1850.) Michel Eugene Chevreul in Paris, seit 1865.
Joseph Dalton Hooker zu Kew bei London, seit 1865.
Theod. Ludw. Wilh. Bischoff in München, seit 1866. (Corresp. seit 1853.) Hermann Helmholtz in Berlin, seit 1868. (Corresp. seit 1859.)
Henri Sainte Claire Deville in Paris, seit 1869. (Corresp. seit 1856.) Franz von Kobellin München, seit 1870. (Corresp. seit 1861.)
Anton Schrötter Ritter von Kristelli in Wien, seit 1810. (Corresp. seit 1856.) Ernst Heinrich Carl von Dechen in Bonn, seit 1871.
Carl Claus in Wien, seit 1873. (Zuvor hies. ordentl. Mitgl. seit a: Eduard Frankland in London, seit 1873.
William Sharpey in London, seit 1814. (Corresp. seit 1868.)
Max von Pettenkofer in München, seit 1874.
Alex. William Williamson in London, seit 1874.
James Dwigt Dana in Newhaven, seit 1874.
Mathematische Classe.
U. J. Leverrier in Paris, seit 1846.
George Biddel Airy in Greenwich, seit 1851.
Charles Wheatstone in London, seit 1854.
Joseph Liouville in Paris, seit 1856.
E. Kummer in Berlin, seit 1856. (Corresp. seit 1851.)
F. E. Neumann in Königsberg, seit 1856.
Henri Victor Regnault in Paris, seit 1859.
William Hallows Miller in Cambridge, seit 1859.
Edward Sabine in London, seit 1862. (Corresp. seit 1823.)
Riehard Dedekind in Braunsehweig, seit 1862. (Corresp. seit 1859.) Aug. Robert Kirchhoff in Berlin, seit 1862.
Heinrich Wilhelm Dove in Berlin, seit 1864. (Corresp. seit 1849.) Johann Christian Poggendorff in Berlin, seit 1864. (Corresp. seit 1854.) William Thomson in Glasgow, seit 1864. (Corresp. seit 1859.) Ferdinand Reich in Freiberg, seit 1864. |
DER KÖNIGL. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. XVII
Heinrich Buff in Giessen, seit 1865. (Corresp. seit 1842.)
Carl Weierstrass in Berlin, seit 1865. (Corresp. seit 1856.)
Enrico Betti in Pisa, seit 1865.
Leopold Kronecker in Berlin, seit 1867. (Corresp. seit 1861.)
Friedr. Wilh. August Argelander in Bonn, seit 1868. (Corresp. seit 1864.) Carl Neumann in Leipzig, seit 1868. (Corresp. seit 1864.)
Francesco Brioschi in Mailand, seit 1870. (Corresp. seit 1869.)
Arthur Cayley in Cambridge, seit 1871. (Corresp. seit 1864.)
Carl Aug. Friedr. Peters in Kiel, seit 1874. (Corresp. seit 1851.)
Charles Hermite in Paris, seit 1874. (Corresp. seit 1861.)
Historisch - philologische Classe.
G. H. Pertz in Berlin, seit 1837.
Leopold von Ranke in Berlin, seit 1851.
Justus Olshausen in Berlin, seit 1853.
Christian Lassen in Bonn, seit 1860. (Corresp. seit 1850.)
Georg Friedr. Schömann in Greifswald, seit 1860, (Corresp. seit 1850.) Gottfried Bernhardy in Halle, seit 1860. (Corresp. seit 1854.) Friedrich Ritschl in Leipzig, seit 1860. VUES, seit 1854.)
Samuel Birch in London, seit 1864.
Friedrieh Diez in Bonn, seit 1864.
Theodor Mommsen in Berlin, seit 1867. (Corresp. seit 1857.)
Richard Lepsius in Berlin, seit 1867. (Corresp. seit 1860.)
Ernst Curtius in Berlin, seit 1868. (Zuvor hies. ordentl. Mitglied 1856.) George Baneroft in ER seit 1868.
Franz Miklosich in Wien, seit 1868.
Ludolf Stephani in St. Petersburg, seit 1869.
Wilhelm von Giesebrecht in München, seit 1871. (Corresp. seit 1863.) Carl Hegel in Erlangen, seit 1871. (Corresp. seit 1857.)
Heinrich von Sybel in Bonn, seit 1871. (Corresp. seit 1863.)
Johann Nicolaus Madvig in Kopenhagen, seit 1871.
Rudolph Roth in Tübingen, seit 1872. (Corresp. seit 1853.)
August Dillmann in Berlin, seit 1872. (Corresp. seit 1857.
Sir Henry Rawlinson in RER seit 1872.
Alfred Ritter von Arneth in Wien, seit 1874. (Corresp. seit 1870.) Max Duneker in Berlin, seit 1874.
XVIII VERZEICHNISS DER MITGLIEDER
Correspondenten.
Physikalische Classe. E. Eichwald in St. Petersburg, seit 1841. | Robert Willis in London. seit 1844 Hermann Stannius in Rostock, seit 1850. Theodor Sehwann in Lüttich, seit 1853. Theodor Seheerer in Dresden, seit 1853. Wilhelm Duncker in Marburg, seit 1853. L. Zeuschner in Warschau, seit 1857. Johannes Hyrtl in Wien, seit 1859. Nieolai von Kokscharow in St. Petersburg, seit 1859. Rudolph Leuckart in Leipzig, seit 1859. Alfred Wilh. Volkmann in Halle, seit 1860, F. H. Bidder in Dorpat, seit 1860. Carl Schmidt in Dorpat, seit 1860. F. C. Donders in Utrecht, seit 1860. Joh. Jap. Sm. Steenstrup in Kopenhagen, seit 1860. Bernhard Studer in Bern, seit 1860. Heinrich Limpricht in Greifswald, seit 1860. (Assessor seit 1857.) Ernst Brücke in Wien, seit 1861. Emil du Bois Reymond in Berlin, seit 1861. Alexander Braun in Berlin, seit 1861. Carl Ludwig in Leipzig, seit 1861. Archangelo Scacchi in Neapel, seit 1861. Quintino S ella in Rom, seit 1861. Thomas H. Huxley in London, seit 1862. Albert Kölliker in Würzburg, seit 1862. Ferdinand Rómer in Breslau, seit 1862. Charles Upham Shepard in Amherst, V. St., seit 1862. Heinrieh Credner in Halle, seit 1868. Alexander Ecker in Freiburg, seit 1863. Bernhard von Cotta in Freiberg, seit 1864. Alvaro Reynoso in Havanna, seit 1865. Ferdinand Müller in Melbourne, seit 1867. Anton Geuther in Jena, seit 1867. A. L. Deseloizeaux in Paris, seit 1868.
DER KÖNIGL. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. XIX
Asa Gray in Cambridge, V. St., seit 1868.
Jean Charles Marignac in Genf, seit 1868.
Alex. Theodor von Middendorff auf Hellenorm bei Dorpat, seit 1868. Adolph Wurtz in Paris, seit 1868. \ August Kekulé in Bonn, seit 1869.
Robert Mallet in London, seit 1869.
Wilhelm Hofmeister in Tübingen, seit 1870.
Carl Friedrich Rammelsberg in Berlin, seit 1870. Adolf Erik Nordenskjöld in Stockholm, seit 1871. Anton de Bary in Strassburg, seit 1872.
Eduard Pflüger in Bonn, seit 1872.
Wilh. Philipp Schimper in Strassburg, seit 1872. J. S. Stas in Brüssel, seit 1873.
Henry Enfield Roscoe in Manchester, seit 1874. Johann Strüver in Rom, seit 1874.
Mathematische Classe.
Humphrey Lloyd in Dublin, seit 1843.
John Couch Adams in Cambridge, seit 1851. Thomas Clausen in Dorpat, seit 1854.
Ludwig Seidel in München, seit 1854.
Georg Rosenhain in Königsberg, seit 1856.
Peter Riess in Berlin, seit 1856.
John Tyndall in London, seit 1859.
Julius Schmidt in Athen, seit 1862.
: Carl Wilhelm Borchardt in Berlin, seit 1864. Andreas von Ettingshausen in Wien. seit 1864. Wilhelm Gottlieb Hankel in Leipzig, seit 1864. Philipp Gustav Jolly in München, seit 1864.
Carl Hermann Knoblauch in Halle, seit 1864. Georg Gabriel Stockes in Cambridge, seit 1864. James Joseph Sylvester in Woolwich, seit 1864. Heinrich Eduard Heine in Halle, seit 1865. Rudolph Jul Emmanuel Clausius in Bonn, seit 1866. Erik Edlund in Stockholm, seit 1866.
Georg Quineke in Würzburg, seit 1866.
Charles Briot in Paris, seit 1867.
Benj. Apthorp Gould in Cambridge, V. St, seit 1867.
, XX VERZEICHNISS DER MITGLIEDER
Rudolph Lipschitz in Bonn, seit 1867.
Benjamin Peirce in Cambridge, V. St., seit 1867.
Siegfried Aronhold in Berlin, seit 1869
E. B. Christoffel in Strassburg, seit 1869.
Luigi Cremona in Mailand, seit 1869.
Wilh. Theod. Bernhard Holtz in Berlin, seit 1869.
George Salmon in Dublin, seit 1869.
H. A. Schwartz in Zürich, seit 1869.
Friedrich Kohlrausch in Darmstadt, seit 1810. (Assessor seit 1867.) Paul Gordan in Erlangen, seit 1870. Hermann Grassmann in Stettin, seit 1871. Ludwig Schlaefli in Bern, seit 1871. Arthur Auwers in Berlin, seit 1871.
Felix Klein in Erlangen, seit 1872,
Sophus Lie in Christiania, seit 1872.
August Mayer in Leipzig, seit 1872.
C. A. Bjerknes in Christiania, seit 1873.
J. Thomae’in Freiburg B., seit 1813.
Leo Königsberger in Dresden, seit 1874. . Wilhelm Förster m Berlin, seit 1874. Bernhard Minnigerode in Greifswald, seit 1874.
~
Historisch - philologische Classe. F. E. G. Roulez in Gent, seit 1841. Adolph Fried. Heinr. Schaumann in Hannover, seit 1853. Joh. Gust. Droysen in Berlin, seit 1857. Wilh. Henzen in Rom, seit 1857. G. C. F. Lisch in Schwerin, seit 1857. A. B. Rangabé in Athen, seit 1857. B. von Dorn in St. Petersburg, seit 1859. L. P. Gaehard in Brüssel, seit 1859. Johann Gildemeister in Bonn, seit 1859. Franz Palacky in Prag, seit 1859. Theodor Bergk in Bonn, seit 1860. Car Böttieher in Berlin, seit 1860. Georg Curtius in Leipzig, seit 1860. K. Lehrs in Königsberg, seit 1860. Giovanni Battista de Rossi in Rom, seit 1860.
| DER KÓNIGL. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. XXI
Leonhard Spengel in München, seit 1860. Heinrieh Ludolph Ahrens in Hannover, seit 1861. Max Müller in Oxford, seit 1861.
. Arnold Schäfer in Bonn, seit 1861.
Friedr. Ferdin. Carlson in Stoekholm, seit 1863. Martin Haug in München, seit 1863.
Ludwig Lange in Leipzig, seit 1863.
Theodor Nóldeke in Strassburg, seit 1864. (Assessor seit 1860.) Hermann Bonitz in Berlin, seit 1865.
Jacob Burckhardt in Basel, seit 1865.
Adolph Kirchhoff in Berlin, seit 1865.
Leo Meyer in Dorpat, seit 1865. (Assessor seit 1861.) Matthias de Vries in Leiden, seit 1865.
Wilhelm Wattenbach in Berlin, seit 1865.
` Jean de Witte in Paris, seit 1865.
Leopold Vietor Delisle in Paris, seit 1866.
Julius Fieker in Innsbruck, seit 1866
Jacob Bernays in Bonn, seit 1867.
Ernst Dümmler in Halle, seit 1867.
Wilhelm Nitzsch in Berlin, seit 1867.
William Nassau Lees in Calcutta, seit 1868. Theodor Siekel in Wien, seit 1868.
"William Wright in London, seit 1868.
Theodor Aufrecht in Edinburg, seit 1869.
Ulrich Köhler in Strassburg, seit 1871.
Ludwig Müller in Kopenhagen, seit 1871.
Carl Müllenhoff in Berlin, seit 1871.
E. A. Freemann zu Sommerleaze, Engl, seit 1872. M. J. de Goeje in Leiden, seit 1872.
Giulio Minervini in Neapel, seit 1872.
William Stubbs in Oxford, seit 1872.
Xavier Heuschling in Brüssel, seit 1874. Friedrich Stumpf in Innsbruck, seit 1874.
Ans 3
Innalt
Vorrede. Seite III Verzeichniss der Mitglieder der Künigl. Gesellschaft der Wissen- schaften zu Góttingen. Januar 1875. XIV Physikalische Classe. K. F. H. Marx, Ueber Conrad Victor Schneider und die Ka- tarrhe. | 3 A. Grisebach, Plantae Lorentzianae. 49 Mathematische Classe. E. Schering, Verallgemeinerung der Poisson-Jacobischen Stó- rungsformeln. 3 Historisch-philologische Classe. Th Benfey, Ueber die indogermanischen Endungen des Genitiv
Singularis ÍANS, 1AS, IA. 3 F. Wieseler, archüologischer Bericht über seine Reise nach Grie-
chenland. 63 Th. Benfey, Einleitung in die Grammatik der vedischen Sprache. 133 F. Wüstenfeld, Bahrein und Jemáma. Nach Arabischen Geo- :
graphen beschrieben. RAS Th. Benfey, Die Quantität hiedenheiten in den Samhitä-
und Pada-Texten dit Veden. : 223
Göttingen, Druck der Dieterichschen Univ.-Buchdruckerei. W. Fr. Kaestner.
ABHANDLUNGEN
DER
FHYSICALISCHEN CLASSE -
DER
KÜNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSEN SCHAFTEN ZU GÖTTINGEN.
NEUNZEHNTER BAND.
Phys. Classe. XIX. A
Ueber Konrad Vietor Schneider und die Katarrhe.
Von Dr. K. F. H. Mara.
Vorgelegt in der Sitzung der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften am 14. Juni 1873.
8,4; Mi den Studien ist es wie mit den Reisen; die Mehrzahl eilt, unbe- kümmert um das nicht Nothwendige und Beachtungswerthe unterwegs, rasch dem Ziele zu. Nur selten verweilt einer, als Fussgänger, länger bei einzelnen Punkten; aber dann gelingt es auch einem solchen inqui- sitive traveller, im Sinne von Sterne’s sentimental journey, wenig Be- kanntes zu erfahren und Andere darauf aufmerksam zu machen.
Die Schneidersche Haut (Membrana Schneideriana, mucosa s. pi- tuitosa narium) kennt jeder Mediciner, nicht aber den Mann und sein Werk, worin er jene zum ersten Male beschrieben und überzeugend nachgewiesen hat, dass der Schleim von ihr abgesondert werde und nicht aus dem Gehirne herabfliesse.
Da dem Verfasser, wie seinen Schriften, das Schicksal zu Theil wurde, gelobt und angestaunt, nicht aber nüher bekannt und benutzt zu werden, so scheint es angemessen, dieselben, ihrem Verdienste nach, um so eingehender zu ku nie als dieses bis jetzt von keiner Seite geschah.
Der Titel des Hauptwerkes gleicht einer Inhaltsanzeige !).
1) Liber primus de Catarrbis, quo agitur de Speciebus Catarrhorum et de Osse Cuneiformi, per quod Catarrhi decurrere finguntur. Wittebergae. 1660. 4. Liber de Catarrhis secundus, quo Galeniei Catarrhorum meatus , perspicue falsi revincuntur. | Liber de Catarrhis tertius, quo Novi Catarrhorum meatus demonstrantur. 1661. A2
E K. F. H. MARX,
g. 2.
Ist schon diese weitläufige Ankündigung der dickleibigen Quartanten wenig geeignet zur Lectüre anzulocken, so wirken, bei einem Finblicke in den Text, die über alles Maass gehäuften Citate bekannter und un- bekannter Autoren, wobei deren zusagende Aussprüche gebilligt, deren missfällige aber bekämpft werden, geradezu abschreckend.
Die Masse der entlehnten Anführungen erscheint so dicht gedrängt, dass es äusserst schwer hält, die eigenen Ansichten und Beobachtungen des Verfassers heraus zu finden.
Bei der therapeutischen Behandlung wird eine Unzahl von Mitteln aufgeführt und die von ihm selbst gewonnenen Erfahrungen oder gar Entdeckungen finden sich zwar an verschiedenen Stellen wiederholt, aber so sehr unter fremden Angaben versteckt, dass es Mühe kostet sie zu ermitteln.
Die schwerfällige Darstellungsweise und die Ueberladung mit Be- weisen aus den verschiedenartigsten Ländern und Völkern waren und sind Schuld, dass den äusserst verdienstvollen Arbeiten die gebührende Anerkennung nicht zu Theil wurde. |
Liber de Catarrhis quartus, quo Generalis Catarrhorum curatio ad novitia . Dogmata et Inventa paratur.
Liber quintus et ultimus de Catarrhorum Diaeta, et de Speciebus Catarrhorum, ut de Coryza, seu Catarrho Membranae pituitariae anterioris, Catarrho Membranae pituitariae posterioris, Brancho, hoc est Raucitate, seu de Catarrho Gutturis, Ca- tarrho suffocativo, ac de Geh ilorum. 1662.
Dazu: Liber de Catarrhis specialissimus, quo juxta itippotračèii libro de Gland. et de Locis in homine, Septem Catarrbi, ut C. Oculorum, Aurium, Narium, quo volumine et de Sternutatione agitur, ac quoque palam fit, nec Cerebrum esse ‚Epilepsiae sedem, nec illud eo morbo principaliter affici, concutique; nec ejusdem membri meninges moveri ac vellicari. Catarrhus Pulmonis, Stomachi, Medullae Spi- nalis, Sanguinis, pertractantur, cui alius ad sextum Catarrhum spectans Liber de Arthritide, Podagra et Ischiagra, ac de horum morborum curatione jungitur, item Anacephalaeosis, qua Assertio Catarrhorum Cephalicorum repetita magis perspicuae falsitatis convincetur. 1664. 4.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. f 5
Schon Hermann Boerhaave?) sagte: das Werk über die Ka- tarrhe würde sicherlich ein unsterbliches seyn, wenn die wahren Be- obachtungen, befreit vom unnützen Mischmasch der Citate und der leeren Gelahrtheit, in einem Bande beisammen sich fänden.
Und wie auch später die Unmöglichkeit gefühlt wurde, vollständig das Mitgetheilte kennen zu lernen, das zeigt der Ausspruch von J. D. Metzger): »Wer dieses Werk ganz lesen will, muss sich entschliessen einen Ocean von Gelehrsamkeit auszutrinken«.
S. 3.
Da jedoch der Verfasser die ernste Absicht hatte Andere zu be- lehren und sie von seinen Ansichten zu überzeugen, so ist voraus zu setzen, dass er darüber reiflich nachgedacht und gesucht haben werde, dieses auf dem geeigneten Wege zu erreichen, und dass er gerade die gewählte Art und Weise für die beste und nothwendige gehalten haben müsse. :
Ohne dringende Noth hat er es sich und Andern sicherlich nicht schwer gemacht; nur durch die Umstünde konnte er dazu gezwungen worden seyn. |
‚Wahrscheinlich drängten ihn zu den ausgedehnten Erläuterungen und Wiederholungen die von allen Seiten starr festgehaltenen irrigen alten Lehrsätze, wodurch er die Ueberzeugung gewann, dass er seine befan- genen, ungläubigen Collegen 4) einzig durch Haufen bewährter, unwider-
2) Certe liber immortalis esset, si veras observationes ab inutili citationum farragine et inani eruditione liberae in unum volumen contractae fuissent.
Dazu fügte er die Note: Id enim vitii habet, quod ex pene omnibus, etiam exiguae laudis scriptoribus, longas sententias operi inserat, lectori taediosissimas, ut vix agnoscas, quid proprie ad auctorem pertineat: Praelectiones academicae in pro- prias Institutiones rei medicae. Ed. A. Haller. T. IV. Lugd.Bat. 1758. 8. p.63.
3) Pragmatische Literürgeschichte der Medicin. Königsberg. 1792. 8. S. 263. $. 219. | 4) Noch im Jahre 1746 üusserte C, G. Kestner (Bibliotheca medica, p. 148): C. V. Schneiderus plerorumque morborum fontes atque causas e catarrhis derivare,
6 K. F. H. MARX,
leglicher Zeugnisse zum Vertrauen an seine Worte und zur Annahme der neuen Anschauungen und Lehrsütze zu bewegen und zu bekeh- ren vermöge. :
Aus Interesse für die Sache scheute er keine Mühe im Suchen . und Probiren; er benutzte die ganze, mit seinem Gegenstande nur irgend in Verbindung zu bringende Literatur, und unterliess auch nicht die ge- sunden wie nachtheiligen Einflüsse, die normalen wie abnormalen Ver- hültnisse, nach ihrem richtigen Verstündnisse, zu prüfen und zu deuten.
Bei eingehender Erwägung überzeugt man sich, dass seine unzäh- ligen Citate nicht zum Schein und zur Parade dienen, sondern zur kri- tischen Beurtheilung, und ebenso seine angestrengten Nachweisungen in der Leiche, sowie seine emsigen Erfahrungen am Krankenbette, nicht zur Widerlegung von Schulmeinungen, sondern zur Begründung von Natur- wahrheiten.
Es konnte nicht fehlen, dass die mannigfachen, ebenso umfassenden als selbstständigen, Bestrebungen Aufsehen erregten und theils angefoch- ten, theils absichtlich ignorirt wurden.
S. 4.
Man sollte denken, von einem so ungewóhnlichen, gründlichen, fruchtbaren und gelehrten 5) Schriftsteller, zugleich berühmtem Lehrer auf einer der besuchtesten Universititen, müssten ausführliche biogra- phische Angaben, wenigstens in einem Programme oder in einer Leichen- rede, vorhanden seyn, aber mir ist es nicht gelungen sie aufzufinden 9).
multasque praeterea alias novaturientes opiniones defendere conatus est, strepitum quendam edidit, qui tamen parum successus habuit moxque iterum evanuit.
5) Auf dem Titel: Liber de Spasmorum Natura. Witteb. 1678. 4. wird er als Phil. ac. Med. Doct. aufgeführt. ;
6) Da die Universität Wittenberg 1815 mit der zu Halle vereinigt wurde, wandte ich mich an den letzteren Ort in der Hoffnung, dass daselbst eine Biographie vor- handen sei, allein die Nachforschung blieb ohne Erfolg.
Zwei Werke, welche hier, in Göttingen, fehlen: de nova trium morborum cu- ratione und de Spasmorum natura wurden mir freundlichst aus der dortigen Univer- sitäts-Bibliothek mitgetheilt.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 7
Die Notizen in den literarhistorischen Büchern sind so dürftig, dass man nur erfährt; K. V. Schneider wäre zu Bitterfeld in Sachsen 1614 geboren, und, 66 Jahre alt, als Professor der Medicin 7) 1680 zu Wit- tenberg gestorben.
Aus seinen eigenen hie und da sich findenden Mittheilungen erfuhr ich, dass sein Vater in Wittenberg 30 Jahre lang als Beamter 8) lebte, dass er selbst im Jahre 1660 schon über 20 Jahre die Medicin ausübte und óffentlich lehrte?), und dass ihm besonders oblag die ürztlichen Schriften der Griechen sowie der Araber zu erlüutern, und etwaige des- halb entstehende Streitigkeiten zu schlichten 10).
Er sagt, dass er, 25 Jahre alt, 1639, Professor geworden, sich's habe angelegen seyn lassen M), zwar das Alte zu ehren, das Neue aber nicht zu vernachlässigen. Allmälig jedoch wären ihm solche Zweifel an
7) Auf einem Schwarzkunstblatte von Chr. Romstedt wird er in einem Medaillon, von Eichenlaub umgeben, als Leibarzt des Churfürsten von Sachsen angegeben. Auch findet sich dieser Titel in dem Buche de Nova gravissimorum Morborum curatione. Francof. 1672. 4. mit den Worten: Sereniss. Electoris Saxoniae Medicus.
8) In der Widmung des ersten Buchs de Catarrh. an seinen Fürsten: Pater meus Electorali Quaesturae, quae hic est, triginta annos praefuit.
9) In der Vorrede zum ersten Buche de Catarrh.: Ego Medicinam profiteor et publice professus sum viginti annos et amplius.
10) In der Widmung des ersten Buchs de Catarrh.: Officii mei est Graecorum et Arabum medicorum scripta (talem provinciam nunc mihi in hac Academia injun- gunt Majorum Instituta) A ac si qua lis exoritur, eam sopire ac inter eos pacem conciliare.
11) So theilt er mit in der Widmung seines Werks De Morbis Capitis vom Jahr 1669 an die Magnaten Ungarn's. Er schreibt: Triginta anni sunt, ut Domini mei jussu profiteri hic Medicinam coepi. Ego illis Graecorum, Arabumque Hippo- cratis ac Avicennae magisteriis imbutus, tradebam praecepta, ad quae et recen- tium autorum consensus semper inclinaverat. Abhorrebam et ab immemoratis rebus et ab iis quoque opinionibus, quae sine gente erant. Tandem animus fluctuabat, rebus dubitabilibus ipsi occurentibus. Nec mirum, dies, aetas, labor, experimenta sunt optimi magistri. Retractabam omnia aliisque oculis et mente rursus contem- plabar. Nihil trahebar veterum autoritate. Deus, dator veri, dexter mihi ac praesens aliud quasi aspiraverat ingenium.
t K. F. H. MARX,
den Ueberlieferungen aufgestossen, dass er nicht umhin gekonnt, sich nur auf eigene Beobachtungen und Versuche zu verlassen.
Zur Veröffentlichung seiner Arbeit über die Katarrhe habe ihn hauptsächlich Werner Rolfinck bewogen 12), und er hege die Ueberzeu- gung, dass sie nicht für überflüssig und nutzlos gehalten werden könne, indem durch sie zuerst der richtige Weg der Behandlung angezeigt !5) worden sey.
Man habe ihm widersprochen und widerspreche ihm noch, allein die Wahrheit mache sich meistens durch Kampf und Verläugnung Bahn 14). | Nach und nach wurde auch seiner genauen Untersuchung der Na-
senschleimhaut sowie seiner Nachweisung, dass von ihr und nicht vom Gehirne der Katarrh herrühre 15), allgemeine dankbare Anerkennung gezollt.
Nicht weniger erlangten seine Bemühungen um selbstständige
Naturbeobachtung 16), sowie seine unabhängigen Urtheile 17) und
12) Vorrede zum ersten Buche de Catarrh,
13) In der Widmung des Liber specialissimus: Catarrhorum viae hucusque fefellerunt, quae nunc meà unius operà monstrantur. Jis prioribus igitur tam per- spicue falsis, via curandi quoque antehac parum recta semper fuit. Quapropter meus hic labor nec supervacuus judicabitur nec inutilis.
14) In der Vorrede zum Liber specialissimus: Ex obstantibus plerumque erum- pit veritas et quasi efflorescit.
15) Optime de genere humano meruit, qui scholarum errores de mentibus ho- minum extirpavit: Haller Bibl. anat. I. p. 413. Auch Bibl. Med. pract. II. p. 669.
H. Häser (Geschichte der Medicin 2te Aufl. Jena. 1853. S. 576) sagt: Seit ültester Zeit galt der Schleim für ein Erzeugniss des Gehirns; man hatte ihn durch die Oeffnungen der Siebplatte in die Nase und den Schlund ablaufen lassen, und von den Abnormitüten dieses Verhältnisses das ganze Heer der katarrhalischen und vieler anderer Krankheiten abgeleitet. Diese Irrthümer widerlegte Schneider in einem zwar weitschweifigen, aber äusserst verdienstlichen Werke mit allen Hülfsmitteln der Anatomie, Physiologie und Pathologie, welche die Beseitigung eines so eingewurzelten Irrthums zu erfordern schien“.
16) Magnus sed cum judicio compilator, non ipsius naturae imperitus et qui multa utiliter viderit: Haller Bibl. anat. I. p. 411. Auch Bibl. Med. pract. II. p. 668.
17) Il se distingua de la foule des polygraphes par une critique judicieuse dans le choix des matériaux qu'il empruntait aux autres, et ne dédaigna pas non plus
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 9
überzeugenden Auseinandersetzungen von gewichtigen Seiten Würdi- gung !8). po | j| S. 5.
Da Schneider sich angelegentlich mit Zergliederung der Leichen beschüftigte, erklürte er sich gegen Aussprüche der früheren wie der nachfolgenden Aerzte, wenn jene mit der Anatomie nicht stimmten 19); auch zog er Schlüsse aus der Lebensweise und den Ergebnissen von Thieren. `
Betrachtet er auch vorzugsweise als erste Bedingung zur Erkennt- niss .eines organischen Vorganges die Beschaffenheit des Baues der Ge- bilde, so unterlässt er doch nicht auf die Ergründung der wahrscheinlichen Ursache und der mitwirkenden Veranlassungen hinzuweisen. l
Im Blute sucht er die Quelle wie aller Absonderungen so auch die der Schleimhaut, und entwickelt die Gelegenheitsursachen, welche deren vermehrte Thätigkeit bedingen.
Wie er es verdient nach seinem wissenschaftlichen Standpunkte und seiner Denkungsart näher bekannt zu werden, das beweisen nicht nur die von ihm gelieferten Thatsachen, sondern auch seine Aeusserungen.
Yobservation de la nature, qui s'allie si rarement avec les travaux d'érudition: Bio- graphie médicale. T. VII. Paris. 1825. p. 152.
18) K. Sprengel, Gesch. d. Arzneik. Aufl. 3. Th. 4. Halle. 1827. S. 178 be- merkt: Wenige Schriften des 17ten Jahrhunderts übertreffen das Werk de Catarrhis an Klarheit, Gründlichkeit und alles umfassender Gelehrsamkeit.
19) So z. B. gegen die 7 Katarrhe des Hippokrates. Dieser giebt an: (Liber de Glandulis. Opera ed. Kühn T. 1. p. 497): De capite autem fluxiones velut secre- tione contingunt per aures secundum naturam, per oculos, per nares, tres numero. Aliae per palatum in fauces, in gulam, aliae per venas in spinalem medullam, in sanguinem, omnes numero septem. Aehnlich de locis in bomine T. II. p. 114 etc.
Dagegen kämpft ausführlich Schneider; er äussert (Liber specialiss. Cap. 1): Hippocrates Catarrhorum Cerebri genera fecit septem. Vis numeri Septenarii Eo et mala interdum constant.
Dann (Ebend. Cap. 7): Omnes septem Catarrhi sunt commentitii. Hisce ca- tarrhis nunc bomines liberantur.
Phys. Classe. XIX. B
10 K. F. H. MARX,
Von der Medicin und ihren Dienern hatte er einen hohen Begriff. Jene suche, sagt er?0), die göttlichen, erstaunenswerthen Vorgänge der Natur, die tüglichen Wunder, zu erkennen, um für deren Rathschlüge zum Dolmetscher zu werden.
Gleich dem Jäger, welcher sein Geschoss auf das Wild richte,
habe der gute Arzt nur die Heilung im Auge zu behalten ?!). ! In den Schulen der Aerzte müsste, um die Meinungen zu erfahren, Freiheit walten ??2).
Meinungen seien zu beurtheilen, zu loben oder zu tadeln, nicht ihre Verfasser ?5).
Die Alten solle man noch immer hören, nicht aber anbeten und bewundern. Im Anfange könne ja nichts vollendet sein; Leichtgläubig- — keit jedoch und die blosse Begier beizustimmen bewirkten nichts Gutes2®).
Beim Rühmen wahrer Verdienste komme es auf viele Worte nicht an. Nähere sich die menschliche Vortrefflichkeit der göttlichen, so werde sie schweigend würdiger verehrt als durch lange Rede 2).
Bei den damaligen grossen Neuerungen in der Heilkunde durch Entdeckung des Blutkreislaufs und der aufsaugenden Gefässe hoffte er auf eine Wiedergeburt derselben, so dass, seiner Ansicht nach, für Weis-
20) In der Widmung des 2ten Buchs de Catarrh.: Medicina divina et maxime- stupenda Naturae opera, quotidiana miracula, semper perspicit et ejus consilia inter- pretatur.
21) Vorrede zum Buche de Nova trium Morborum curatione: Boni medici est, dirigere curationem, ut venatoris, arcum suum in feram.
22) De Catarrh. L. IV. Sect. 2. Cap. 9. am Ende: In Schola Medicorum sit libertas discendae sententiae. ,
23) De Morbis Capitis II. p. 175: In opiniones consulitur, non in usd qui de docendi studio potius amantur.
24) In der Widmung des Buchs de ar natura: Veteres sunt et hac tempestate audiendi, non adorandi, nec adeo admirandi. Nihil potest esse inchoatum ac simul perfectum. Credulitas cupiditasque assensionis nihil boni habet.
25) In der Widmung des Werks de Nova trium morborum curatione: $i hu- mana virtus ad divinam accedit, tacita veneratione colitur bn. quam sermone multo.
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KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 11
heit zu erachten sey, von den gewóhnlichen Ueberlieferungen abzuweichen. Die Neigung, das Mitgetheilte ungeprüft hinzunehmen, müsse, so äussert er sich, von der Forschung ausgeschlossen bleiben; die Wissenschaft habe sich nicht aus Geschriebenem, sondern aus umsichtiger Beobachtung und Betrachtung aufzubauen 26).
Die Bezeichnung der Chemiker „Destillation“ habe man vom Ka- tarrh genommen. Alle Künste seien blosse Nachahmungen der Natur, und nichts fánde sich in der Natur, was die Kunst zur Nachbildung un- berücksichtigt liesse ?7).
Gelehrte wie Ungelehrte kämen sich weiser vor, wenn sie fremde, seltsame Worte gebrauchten ?8); allein die Aerzte müssten neuersonnene, barbarische Ausdrücke, wie z. B. den von Tartarus, meiden 29); dieser sey in die Hölle zu verbannen 30),
S 6.
Zeigen schon diese wenigen Auszüge, dass der Verfasser weder so geschmacklos noch so pedantisch war, als Manche nach einem flüchtigén Blick in das voluminóse Opus über die Katarrhe vermeinen, so verschafft eine nähere Einsicht in dasselbe, sowie in andere seiner Schriften, die
26) In der Widmung des 2ten Buchs de Catarrh.: Excussa credulitate, ingenia caput exerunt, scientiam non ex lectione, sed ex inspectione et contemplatione petunt; hine res novas eruunt. Ars medica nunc renasci et de integro quasi condi vide- tur. Quid superiorum Autorum scientia aliud fuit, quam continua series vulgarium opinionum; ab iis aberrare, est sapientia.
27) De Cat. Lib. II. Cap. 6. p. 376: Destillatio chymica a Catarrho sumptus. Artes omnes esse tantum imitatione naturae et nihil fere in natura, esse, quod sibi non imitändum ars quoque sumat.
28) Liber specialiss. p. 591: Docti et indocti sibi aliquanto altius sapere vide- bantur, verbo peregrino usi. |
29) De Cat. L. III. Sect. 1. C. 7. p. 260: In qualibet facultate fugiendam esse vocum et terminorum novitatem,
3) Liber specialiss. p. 601: Tartari nomen relegetur in Orcum.
B2
12 K. F. H. MARX,
Ueberzeugung, dass er an sinniger Betrachtung, vorurtheilsfreier Beur- theilung, erstaunenswerther Belesenheit, vielseitigem Wissen, scharfer Auffassung, selbständiger Kritik und richtigem praktischen Takte die Meisten seiner Zeitgenossen übertraf.
Von seinen mannigfachen Angaben in der Zergliederungskunst möge blos erwähnt werden, dass er das Vorkommen des Wundernetzes im Gehirne des Menschen 5!) bestritt 52).
Der Hirnanhang (Glandula pituitaria) 33) sei bei mehreren Thieren, z. B. beim Pferde und Schafe, grósser als beim Menschen.
Bei rotzigen Pferden fünde man im Gehirne keine Spur von Rotz, woraus hervorgehe, dass nur die Schleimhaut der afficirte Theil sey5*).
Das Siebbein$5) habe blos im getrockneten Zustande Lócher 56). Früher hätte man dasselbe nach Schädeln vom Kirchhofe betrachtet,
31) rag nàéyno bei Galenus de usu partium L. IX. c. 4. Opp. ed. Kühn. T. HI. p. 696.
32) De Cat. L. II. c. 18: Nullum in humano capite invenitur Rete 2 aids
33) De Cat. L.I. c..16. p. 179. 180.
94) Lib. specialiss. Cap. 3: Nullum vestigium muci in cerebro.
35) Als Vorlüufer seines grossen Werks de Catarrhis ist seine zwar kleine, aber meisterhafte Schrift zu betrachten: De Osse cribriformi, et Sensu ac Organo Odoratus, et Morbis ad utrumque spectantibus, de Coryza, Haemorrhagia Narium, Polypo, Ster- nutatione, Amissione Odoratus. Witteb. 1655. 12.
Wie er darin, wo er seine Zweifel an den alten, aber überall geglaubten, An- nahmen, äussert, für vergleichende Anatomie sich abmühte, sagt er in der Widmung:
Multorum animalium capita dissecanda curavi ac in iis hujus sensus organum Mi
genter investigavi.
Das, was er mittheile, habe er nicht aus den Büchern der Aerzte, sondern aus dem Buche der Natur entnommen: Ea affero, quae non tam ex libris Medicorum, quam ex libro Naturae petuntur, quaeve oculorum sensu, qui habetur acerrimus, investigata fuerunt. Ebenso bemerkt er in der Vorrede: Omnia duce autopsia scripsi, quae omnem falsitatem excludere videtur. ;
36) De catarrhis. L.I. Sect. 2. Cap. 1: Foramina ossis cribriformis in sceleto tantum sunt conspicua. Antiqui et recentiores Crania in caemeteriis considerare soliti fuerunt: Unde origo erroris extitit.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 13
und so sey die irrige Meinung entstanden 37), dass nicht nur durch jene die Luft in das Gehirn gelange und durch sie wieder austrete, sondern auch eine abgesonderte Feuchtigkeit 38).
S. t.
In Betreff physiologischer Untersuchungen sind die vom Ver- fasser angestellten Wägungen verschiedener Thier-Gehirne 59) von Interesse.
Das Blut, welches die elementaren Krüfte übertreffe und Unglaub- liches vermóge, sey in seinen Eigenschaften schwer zu fassen und frage es sich, ob es je gelingen werde #0).
Die Werkstütte des Blutes befánde sich weder in der Leber, noch in der Milz, noch im Herzen, sondern in ihm selbst; in ihm gehe der Prozess der Bildung vor sich *!), in ihm bestehe das Leben und alle Feuchtigkeiten bereite es 42).
Die Ursache der Krankheiten müsse im Blute gesucht werden #3),
Gerüche wirkten, ohne erkennbaren Grund, zuweilen tödtlich 44).
37) Galenus de usu partium L. VIII. Cap. 7. Opp. ed. Kühn. T. III. p. 654.
38) Dieses Verdienst von K. V. Schneider würdigt Haller mit folgenden Worten: Contra scholas omnes primus negat, dari aperta foramina in homine vivo, per quae & cerebro ad palatum humores defluant, quo quidem invento optime de universa arte meruit, cum et receptum ab omnibus errorem deleverit, et infinitos alios patho- logicos, etiam practicos, errores imis ex fundamentis subruerit, qui omnes huic hypo- thesi innitebantur (Bibliotheca Med. pract. T. II. p. 669).
39) De Catarrh. L. II. C. 16. p. 179—182.
40) L. HI. C. 1. p. 12: Quoniam sanguis supra vires elementorum agit atque summi opificis instrumentum est, nemo facultates ejus admirabiles et divinas satis unquam depraedicaverit. ,
41) L. IV. Sect. 1. C. 1. p. 27: Sanguinis gignendi officina non in Hepate ac in Liene, non in Corde, sed in Sangüine inest. Natura sanguine sanguinem conficit in sanguine.
42) L. IIL: A sanguine, in quo vita sit, omnes in corpore humano humores nasci.
43) L. specialiss. p. 517: De sanguine nascuntur morbi.
44) L. II. C. 1. p. 247: Quidam ad hujus vel illius rei odorem occulta ratione citius deficiunt et prorsus intermoriuntur.
14 K. F. H. MARX,
Die Ausdünstung des Eibenbaums gefährde das Leben *5).
Gehindertes Athmen 5) verursache den Tod.
Die Absonderungen zeigten manchmal auffalende Abweichungen von der Regel. So komme Milch bei nicht schwangern Frauen, bei Jungfrauen, bei Kindern und Männern vor 47),
Schweiss und Thränen seyen zuweilen blutig3)); auch könnten Schweisse harte Körper erzeugen*?).
Der Verfasser theilt mit, dass er oft erfahren habe, wie bei voll- blütigen Frauen während ihrer ganzen Schwangerschaftszeit, ohne irgend einen Nachtheil, ihre regelmüssige Periode fortdauerte 50), und im Gegen- theil, wie Frauen schwanger und glücklich von ihren Kindern entbunden wurden, ohne je die Periode gehabt zu haben 5!)
Weisse Schleimflüsse aus den Genitalien kämen bei jungen Mäd- chen vor. Der Uterus sey dabei nicht krankhaft; die Feuchtigkeit gleiche der beim Schnupfen 52).
S. 8. . Zur allgemeinen Fathologie gehören die Bemerkungen über Ansteckung, Epidemie, Erblichkeit. | Die Rotzkrankheit der Pferde verhalte sich in ihrer Mittheilungs-
45) L. II. Sect.2. C.1. p. 250: Taxi vapor per anhelitum pulmonibus haustus, sanguini miscetur, unde illa placida et sopori tam similis mors imminet.
46) L. II. C.1. p. 234: quod pulmones auram non concipiunt,
47) L. III. Sect. 1. C. 3. p. 88. |
48) L. III. Sect. 1. C. 9. p. 367: Nonnunquam — et lachrymae et sudores cruentantur.
49) L. II. Sect. 1. C.7. p.252: Inter crassos sudores adnumerari existimo su- dores Miliiformes.
50) L. III. C. 8. p. 319: Non saepissime observavimus, sanguineis et succulentis
foeminis toto fere gestationis tempore menses periodis solitis absque ulla noxa prodire.
51) L. II. C. 8. p. 276: Multae foeminarum gravidae factae fuerunt et etiam infantes feliciter peperere, quae menstrui profluvii genere nunquam fuere tentatae. `
open Sect. 1. C. 8. p. 311.
A y cpi ia
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 15°
‚fähigkeit so bösartig, dass sie sogar andere aus der Ferne zu ergreifen vermöge 55). |
Die Augenentzündung könne durch Ansteckung und als ure sich verbreiten 54).
Bleibe ein Hund lange zu den Füssen des Gichtkranken liegen, so werde er von demselben Uebel befallen 55).
Der Katarrh könne als Epidemie auftreten 56) und die Anlage dazu sich vererben 57).
Gicht gehöre zu den Erhkashkteiten 58),
Aus der Lehre der allgemeinen Therapie findet sich die Heil- kraft der Natur und der Nutzen der Ableitung hervorgehoben.
Die Natur müsse für die wirksamste Hülfe gehalten werden 59).
Schneider bemerkt: er habe öfters beobachtet, dass Engbrüstigkeit durch Anschwellung der Füsse gehoben wurde 60),
Gegen Augenentzündungen bewährten sich vermehrte Darmauslee- rungen 6?)
Ein Fontanell am Arme vermóge den weissen Fluss zu beseitigen 62),
g. 9.
Diätetische Verhaltungsmassregeln werden reichlich angegeben. Je einfacher, äussert er wiederholt, die Lebensweise sey und je
53) Liber specialiss. Cap. 3. Est morbus equorum pernitiosus, malignus et contagiosus. Transfertur ex longinquo in alios equos.
54) Ebend. C. 1. p. 68. 69.
55) Ebend. p. 639.
56) Lib. IV. Sect. 1. C. 5. p. 161. 164.
57) Lib. IV. Sect. 1. C. 7. p. 263: Est et Catarrhus Patrius. Hic transit ad nepotes.
. 58) Lib. specialis. p. 658.
59) Lib. specialiss. Cap. 4: Natura jure princeps in agendo.
60) L. IH. C.6. p.204: Asthma finitur, ut ego saepius vidi, increscente tumore pedum.
61) Lib. specialiss. p. 83: Alvus citatior medetur Ophthalmiae.
62) L. III. C. 8. p. 315: Uterum ab antiqua et miserrima illa influxione vindicat.
16 K. F. H. MARX,
weniger die Menschen Gemüthsbewegungen unterworfen wären, desto seltner stellten sich bei ihnen Katarrhe ein 65).
Litten daran Weintrinker und giengen diese zum Wasser über, so blieben sie von jenen Beschwerden verschont 64).
Empfehlenswerth sey solchen das Spazierengehen, jedoch nicht im Staube, bei gehöriger Sorge für warme Füsse 65).
Schlafen am Tage erweise sich nutzlos; doch müsste Rücksicht ge- nommen werden auf anhaltendes Wachen, vorausgegangene Krankheit, Alter, Jahreszeit, Gewohnheit 66).
Die Rückenlage schade 67),
Der Wohlthat des Schlafes gebühre das hóchste Lob 63),
Heisses Brod verhalte sich nachtheilig 69).
Das edelste aller Getränke, der Wein, nähre und bekomme gut denen, welche an Katarrhen, Verschleimung und rheumatischen Be- schwerden 70) litten.
Biertrinker 71) hätten eine kräftige Gesundheit.
Eine und dieselbe Fischart zeige sich heilsam oder schädlich, je
63) L. III. Sect. 2. C.8. p. 592: Quamdiu homines frugaliter vivunt, Catarrho non laborant. Qui corpus exercent, frugaliterque vivunt, a Catarrho sunt liberi. Hoc est causa, cur agrestis gentis homines et omnes illi, qui laboriosum vitae genus cum frugalitate sequuntur, in Catarrhos haud facile implicentur. Ebenso p. 595.
64) L. V. C. 4: Nonnulli, postquam vinum bibere desierunt et aquam incepe- runt potare, Catarrhos passi non fuerunt.
65) L. V. C. 8.: Ambulatio prodierit. Ea sit longa et recta, nec in pulvere, fiatque curiosius involutis pedibus.
66) L. V. C. 6: Somnus diurnus omnino inutilis est. Vigiliarum tamen, prioris morbi, senectutis, consuetudinis, aestatis ratione habita.
67) Ebend.: Omnium fere consensu supinus cubitus Catarrhosis est noxius.
68) Ebend: Laus et virtus Somni est oppido ingens.
69) L. V. €. 3: Calens panis ubique insalubris est.
70) L. V. C. 4: Nobilissimus omnium potus est Vinum. Illud nutrit. Senibus catarrhosis privatim prodest. Valet quoque adversus Rheuma ac convenit pitutosis.
71) L. V. C. 4. Cerevisia vocatur Vinum Germanorum sive Septentrionale.
*
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 17
nach dem Wasser und dem Boden, unter jenem 72), worin sie sich auf- hielten. : :
Eine Lagerstätte auf der Erde könne Katarrhe veranlassen 75).
Bei Wohnungen komme viel darauf an, nach welcher Himmels- gegend sie sich befänden und welche Aussichten sie hätten 74),
Plötzliche Luftveränderung 75), der Anfang des Frühlings und die Herbstzeit 76) veranlassten Katarrhe.
S. 10.
Die Arzneimittellehre wird in ihren Hauptabschnitten aus- führlich besprochen.
Schneider erklürt, dass er gewisse Mittel billige und preise, theil- weise aber sie verwerfe und verdamme, namentlich die, welche nach magischer Leerheit riechen und schmecken 77).
Bliebe die Natur der Krankheit dunkel, so erweise sich die Anwen- dung noch so vieler Arzneien als eitles, wirkungsloses, ja selbst als ver- wegenes Thun 78).
Selbst den rechtmässigen Mitteln mische man Unrichtiges oder Abergläubisches bei 79).
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72) L. V. C.2: Unum idemque piscis genus est salubre aut noxium, aut inno- centius ratione aquae et soli, quod subtus extat.
73) L. V. Sect. 1. C. 1: Cubilia humi posita possunt facere Catarrhos.
74) L. V. Sect. 1. C. 1: Refert multum, quo modo posita sint aedificia, quas coeli partes habeant ae prospectus.
75) L. IV. Sect. 1. Cap. 4: Subita aéris mutatio.
76) Ebend. Cap. 7.: Inter initia veris ac etiam autumnali tempore.
77) In. der Dedication des 4ten Buchs: Quaedam remedia approbo, quaedam laudo, partim abdico, partim in totum damno, utpote quae Magicas Vanitates redo- lent resipiuntque.
78) Ebend.: Ignorata morbi natura sat multa medicamina praebentur, quae vana sunt, ineíficacia, imo plane temeraria.
79) L. IV. Sect. 2. C. 7: Et legitimis remediis aliquid falsi aut superstitiosi permiscetur.
Phys. Classe. XIX. . e
18 K. F. H. MARX,
Manche glaubten, es müsse ein Universal- Heilmittel geben, weil Brod Universal-Nahrungsmittel sey 80),
Eigentliche Augenmittel gäbe es nicht; die dafür gehaltenen würden mit Substanzen verbunden, welche nach dem Darmkanal ableiten 81).
Die Augenwasser würden aus Kupfer, Wismuth, Blei dargestellt 82),
Alle zum Einsprützen dienenden Ohrmittel würen für verdächtig und gefährlich zu halten 85).
Gifte könnten zur wohlthätigen Hülfe umgewandelt werden 84),
Der Mohnsaft sey von allen Schlafmachenden Arzneien die mäch- tigste und berühmteste 85).
Die Eigenschaft desselben sey nicht kühlender Art 86),
Es entstehe dadurch eine Vermehrung der Hautthätigkeit 87).
Wer an Opium gewöhnt sey, dem müsse man eine grössere Gabe reichen 38), |
Die Wurzel der Hundszunge betäube nicht 89),
Starke abführende Mittel wirkten zuweilen schon durch den Geruch 90),
Die Knollen der Zeitlose dürften nicht für specifisch wirkend in
80) L. IV. Sect. 2. p. 495: Universale Medicamentum nonnulli credunt dari posse, ea maxime ratione moti, quod et universale alimentum, quod est panis, existat.
81) Lib. specialiss. Cap. 1. Ocularia appropriata medicamenta sunt nulla, varie miscentur purgantibus.
82) Ebend. Collyria et ex mineralibus conficiuntur, ex Vitriolo, Marchasita, Plumbo, Lythargyro, Aere, Antimonio.
83) Ebend. Cap. 2. Omnia Otica, quae auribus infundenda sunt, multis suspecta, prorsus aliena ac periculosa esse videntur.
84) L.IV. Sect. 2. C. 8.: Venena possunt transire in auxilia.
85) Ebend.: Opium omnium soporiferorum est potentissimum et celebratissimum medicamentum. |
86) Ebend. Opio non est natura refrigerans.
87) L.IV. Sect. 2. C. 4.: Opium sudorem movet.
88) L.IV. Sect. 2. C. 8: Assuetis plus Opii dandum.
89) L.IV. Sect.2. C.8. p.513: Cynoglossi radix non est narcotica.
90) L.IL C.2. p.288: Tenuis aura naribus tracta alvum solvit.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 19
der Gicht gehalten werden?!) Dass sie durch Beförderung der Stuhl- ausleerung die Feuchtigkeiten aus den fernen Gelenken entfernen 92); sey eine Meinung. Ob Kampfer kühlend oder erwärmend sich verhalte, wäre zweifelhaft 95). Die spanischen Fliegen gehörten zu den gefährlichen Arzneimitteln 94. Dem Borax schreibe man austreibende Eigenschaften zu bei Stein- kranken und bei Wöchnerinnen 95), | Quecksilber werde von der Natur durch den Speichel ausgeleert, jedoch bleibe es eine ungelóste Frage, durch welche Kraft 96),
Aus der speciellen Pathologie und Therapie berührt er zuweilen die eine oder andere Krankheit, wie z. B. Gicht, Hüftweh, Steinbeschwerden, Rückendarre, wobei beachtungswerthe Aeusserungen vorkommen, z. B. dass von der Gicht die entferntesten Gelenke, die grosse Fusszehe, zuerst ergriffen würde 97), dass der Bildungsstoff des Steins in Speise und Trank enthalten sey 93), dass Rückendarre aus Ausschweifung und Eintrocknung des Rückenmarks entstehe 23). gto; allein der Katarrh bleibt immer Hauptgegenstand.
91) Liber specialiss. p. 716: Hermodactyli non sunt specifica (purgantia) in Ar- thritide.
92) Ebend. p. 748: Humores ab articulis extremis, purgatione alvi facta, revo- care creduntur.
93) L. IV. Sect. 2. C. 10. Utrum Camphora refrigeratoria sit an excalfactoria.
94) L.IV. Sect. 2. C. 4: Cantharides sunt pericülosa medicamenta.
95) Liber specialiss. p. 234: Boracem calculosis et puerperis Medici offerunt, quo vim naturalem expultricem adjuvari credunt.
96) L. II. Sect. 1. C. 11. p. 438: Unguentum movet salivam quam rehementis- sime, qua vi, quaestio est ingens.
97) Lib. specialiss. C. XI. p.642: Arthriticorum articuli remotissimi primum afficiuntur, ut pollex. |
98) L. IH. Sect. 1. C. 7. p. 232: Caleulus non aliunde quam a cibo potuve oritur. Dabei bemerkt er (p. 234): Calculo, per Dei gratiam obnoxius non sum.
99) Liber specialiss. C. 6.: Tabes dorsalis de Venere et de spinalis medullae siccitate. C2
- o ded j K. F. H. MARX,
Diesem wird ein weiter, wohl zu weiter, Spielraum einge- räumt 100),
SiL
Warum einem Manne, wie dem Verfasser des besprochenen Werks, kein biographisches Denkmal gesetzt, von seinen Aussprüchen und Win- ken so wenig Notiz genommen wurde, und dass nur die spärlichsten Notizen über seine Erlebnisse und Leistungen existiren, ist schwer einzusehen. Läge die Schuld des Schweigens derer, mit welchen er verkehrte, darin, dass sie sich um ihn wenig kümmerten, ihn selbst hassten, weil sie ihn für einen Neuerer, für zu freimüthig und aufgeklärt hielten, oder in unrei- neren Gründen, weil sie wünschten, dass so selten wie möglich von ihm geredet werde und sein Andenken nicht frisch bliebe, sondern erbleiche, so haben sie ihren Zweck nicht erreicht, denn die wissenschaftliche Welt weiss nun, dass er da war und zwar nicht umsonst. In dem Umstande, dass, im Interesse der Wissenschaft und Wahrheit, nach zwei Jahrhun- derten noch nach Spuren seiner Wirksamkeit und der Art seines Den- kens gesucht wird, liegt wohl ein vollgültiges Zeugniss seines Werthes und seiner Bedeutung.
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Giebt das bereits Mitgetheilte schon einen hohen Begriff von der umfassenden Bildung und praktischen Erfahrung K. V. Schneiders, so wird das Nachfolgende noch mehr denselben feststellen. Manche seiner Bemerkungen gleichen so sehr denen einer weit spüteren, selbst der neuesten Forschung, dass man sich überrascht und gedrungen fühlt der Schärfe und Mannigfaltigkeit seiner geistigen Beschäftigung Bewunderung zu zollen.
100) In der Widmung des lten Buchs: Quis morbus non est Catarrhus? Et quis non de Catarrho nascitur? Quis quoque est sine Catarrho?
KONRAD VICTOR SCHNEIDER. UND DIE KATARRHE. 21 S. 12.
In dem Weak über die Krankheiten des Kopfes 101), worin der Schlaf nach den verschiedenen Arten, der Schwindel und Schlagfluss ab- gehandelt werden, wird von ihm viel Psychologisches und Physiologisches zur Sprache gebracht.
Es sey eine Frage, entwickelt er!%), ob die Seelenvermögen im . Gehirne bestimmte Sitze hätten. Er zweifle, dass der vordere Theil des Gehirns die Phantasie, der mittlere das Denken, der hintere das Gedächt- niss vermittle. Für den Verstand und die Kenntniss gäbe es keine ma- terielle Grundlage 105),
Die Kraft der Empfindung gehe vom Gehirne aus, die des Pulses vom Herzen 194),
Im Schlafe besässe die Seele alle Eindrücke, blos schwächer 10),
Der Einfluss der Phantasie der Mutter auf den Fötus finde Statt. Aus eigener Erfahrung theilt er einen Fall mit 106),
Wie viele Stunden der Mensch schlafen solle, das könne nur nach dem Lebensalter und sonstigen Bedingungen bestimmt werden 107), i
Wührend der Nacht und des Schlafes erfolge nicht nur der Ae bruch des Schweisses, sondern auch der Hautausschlüge 108),
Eingenommene starke Abführungsmittel würden durch den Schlaf nicht abgeschwücht, sondern im Gegentheil kräftiger 109).
101) De Morbis Capitis seu Cephalicis illis. ut vocant, soporosis, atque horum de Curatione. Wittebergae. 1669. 4.
102) I. p. 209
103) I. p. 260: Mens et intellectus nullo pacto organicus est.
104) L p.69: Vis sensitiva solum in Cerebro, pulsandi in corde.
105) I. p. 440. |
106) I. p. 264.
107) I. p. 398: ratio certe temperamenti, aetatis, sexus, temporis anni habenda esse videtur.
108) I. p.173: Noctu ac somno non sudor modo, sed etiam omnia exanthema- tum genera, Petechiae, Rubeola, Rossalia, Variolae, Morbilli magis erumpunt.
109) I. p. 38: majore discrimine malignum medicamentum fovetur.
22 K. F. H. MARX,
Durch Opium und ähnliche narkotische Substanzen entstehe in zu grosser Gabe kein Schlaf !10),
Nach Unterbindung der Nerven verliere sich Gefühl und Bewegung!!).
Durch Einschnitt in den Nerven komme es zur Anästhesie H2),
Lähmung bilde sich durch Erschlaffung der Nerven 15),
Nie ruhe das Herz 115).
Allgemeine Mittel gegen den Schwindel (Antidinica) dürften nicht angenommen werden, sondern nur solche, welche gegen die wahrschein- liche Ursache desselben etwas vermögen 115).
Der Schlagfluss, in der Regel aus materiellem Grunde entstehend, erfolge auch aus nicht materiellem 116),
8. 13. In einer andern Quartschrift117) von 1144 Seiten, von welcher er wünschte, dass sie nicht so angesehen würde, als wollte sie die Lehr- meisterin spielen 118), handelt er vom Schlagfluss und von der Lähmung.
110) I. p. 375: Opium, Mandragora, Hyoscyamus sunt venena facultati animali adversa. Quapropter haec largiter hausta facultatem animalem opprimunt ac fugant, verum autem somnum non inducunt.
111) I. p. 69: Ligatis nervis sensus et motus amittitur.
112) I. p.257: Nervo inciso sensus partis tollitur.
113) I. p. 69: ut loquuntur mollificari.
114) I. p. 130: Cordis motus nunquam intermissus est, interdum remissus. Nun- quam cessat, etiam cunctis corporis membris per somnum quiescentibus.
115) II. p. 194: Curatio Vertiginis nil requirit nisi remedia facultatem sensitivam externam resuscitantia.
116) II. p. 535.
117) Liber de Nova gravissimorum trium Morborum curatione, De Apoplexia, cujus Sedes non semper est Cerebrum; Lipopsychia, quae non Vitalis, sed Animalis Facultatis fractae Symptoma est; Paralysi, cujus sedes non Cerebrum, nec Spinalis Medulla nec Nervus semper est, veluti nec causa proxima est defectus Spiritus Ani- mali. Anacephalaeoses duae, hic subjectae , altera ad Paralysin. Francofurti. 1672.
. 118) Vorrede: Non vult haberi magister aut praeceptor,
quarum altera ad Apoplexiam spectat,
sed existimator liber.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 23
Der Schlagfluss könne blos Symptom seyn und aus Gemüthsbewe- gungen erfolgen 119),
Er werde Blutschlag genannt, weil Blut in das Gehirn dringe, doch treffe die Erschütterung durch die Seele den Körper 120),
Mehr oder weniger fände eine Störung des höheren Vermögens Statt 121).
Bei der Ohnmacht werde der Puls nur leicht oder gar nicht ver- ündert. Eine Blutung werde dadurch zum Stillstand gebracht !22),
Zur Ausbildung des Schlagflusses bedürfe es keiner Affection des ganzen Gehirns, sondern blos eines Theiles 125),
Sitz des Schlagflusses könne jedes mit Sinn begabte Organ seyn 124),
Halbseitige Lähmung dürfe nicht für einen schwachen Schlagfluss
gehalten werden 125). Würden mehrere Nerven, welche aus dem Nervenprincip stammen,
verletzt, so erlitte die Gesammtóconomie des Gehirns keine Störung 26), Sprachlosigkeit könne als ungesetzmässiger Schlagfluss eintreten 127), Schlagfluss gehöre zu den Erbkrankheiten !2), | Heilung gelinge zuweilen bei anscheinendem 'Tode!29).
119) Cap. 1.
120) Cap. 2.
121) Ablatio Facultatis Animalis Cap. 5.
122) Lipothymia et Lipopsychia pulsus nihil aut leviter immutatur. Sistunt pro- fluvium Sanguinis. Cap. 6.
123) Non cunctum Cerebrum oportet laborare, ut nasci Apoplexia queat. Abunde est, portionem Cerebri affligi. Cap. 8.
124) In omni membro, quod Sensu gaudet, potest esse Sedes Apoplexiae. Cap. 12,
125) Hemiplexia non est Apoplexia debilis. Cap. 15.
126) Pluribus nervis laesis, qui a Principio Nervorum originem ducunt, non tota oeconomia Cerebri turbatur. Ebend.
127) Aphonia tanquam illegitima Apoplexja. Cap. 17.
128) Revera extat Haereditaria Apoplexia. Ebend,
129) Multi, ablatis sensibus, Apoplexia jam mortui, ab illa morte revixere. Cap. 19. .
24 K. F. H. MARX,
Auf Schlag folge Lähmung!50), manchmal Verlust des Gedächtnisses 151) und Neigung zur Rührung, selbst zum Weinen 132),
Eine Ohrfeige könne tödtlichen Schlagfluss veranlassen 155).
Die Cur dürfe nicht verschoben, sondern müsse eilig vorgenommen werden 154). |
Selbst aus dem gelühmten Arme sey zuweilen Blut zu entziehen 155). Blutegel bewährten sich 156).
Diejenigen, welche Christus von der Lähmung heilte, könnten, im medicinischen Sinne, nicht Gelähmte genannt werden 137),
Durch Lähmung gehe die freiwillige Bewegung verloren 158).
Gelähmte Glieder geriethen zuweilen in Zuckungen 159).
Bei Lähmung nach leichter Gehirnverletzung zeige sich das Rücken- mark nicht krankhaft ergriffen 140),
Da in den einzelnen Gliedern die bewegende Kraft wohne, so kónnte sie auch aus ihnen vertrieben werden 141).
Eine leichte Lähmung sey die, wo nur die ee ae eine schwere, wo auch die Empfindung fehle!#2).
130) Apoplexiam excipit Paralysis. Ebend.
131) Interdum vertitur in Oblivionem. Ebend.
132) Fracto fluxoque sunt animo, ut subinde aut sine causa facileillachryment. Ebd.
133) Alapa infracta oritur Apoplexia interdum prorsus mortifera. Cap. 22.
134) Omnis Apoplexiae curatio est maturanda, non procrastinanda, cum Apo- plexia nil sit quam Paroxymus. Ebend.
135) Vena etiam in paralytico brachio incidenda interdum est. Ebend.
136) Sanguisugae utiliter admoventur. Ebend.
137) De Paralysi Cap. 1:. Quos Paralyticos sanavit Christus, ii omnes medico sensu dicti paralytici non fuerunt.
138) Cap. 2: Paralysi tollitur vis Motrix arbitraria.
139) Ebend.: Paralytica membra interdum convelluntur omnino.
140) Cap. 3: Cranio leviter laeso, Paralysis supervenit, nec ullo modo male affecta fuit Spinalis Medulla.
141) Cap. 4: In singulis membris quasi separatim habitat Facultas Motrix et inde potest fugari.
142) Ebend: Mitior Paralysis, qua sola Motrix vis arbitraria aufertur; gravior, qua et Sensitiva, ac utraque fere radicitus, ut multo altius soporata videatur.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 25
Als Hülfsmittel werden Gegenreitze empfohlen 145). Gewarnt wird aber vor Zorn und Schrecken, denn von Uebeln dürfe nichts Gutes er- wartet werden 144),
$. 14.
In einem nicht so voluminösen Quartanten, wie in dem eben be- ‚sprochenen, äussert er seine Ansichten über die Natur der Krämpfe 1*5),
Der Unterschied zwischen Krampf und Zuckung wird ausführlich auseinandergesetzt1#6); ebenso deren Bezeichnung bei Griechen und La- teinern 147).
Krampf sey bald Symptom, bald selbständige Krankheit 148),
Zwischen Krampf und Lähmung müsse unterschieden werden 149),
Diejenigen irrten, welche blos die Nerven beschuldigten 150),
Die Muskeln machten ihr Recht geltend 155;
Krampf des Herzens sey Herzklopfen, nicht Ohnmacht 192),
143) Cap. 9: Valent plurimum Cauteria. Ea non semper Vertici aut Occipiti aut Nuchae sunt imprimenda.
144) Ebend: Ira habetur remedium Paralyseos. Est dogma veterum et juniorum. Est potius error. Ira ducitur in numero causarum. Terror aliquando profuit: ob id non refertur inter remedia. Non facienda sunt mala, ut sperentur bona.
145) Liber de Spasmorum Natura et Subjecto, nec non et de causis eorum spasmorum ac earum motionum spasticarum et epilepticarum, quae aliquando in recens defunctis ac in occisis corporibus maxime militum, qui in acie pugnantes ceci- derunt, etiamnum manifestantur, ac non sine admiratione deprehenduntur. Witte- . bergae. 1678. 4.
146) Pag. 1—30 147) P. 30—69. 148) P. 69
149) Differre Paralysin et Spasmum.
150) Qui Nervos sentiunt esse Subjectum Spasmorum, ii sunt erroris omnino manifesti p. 153.
151) Musculum esse Subjectum Spasmi. Musculorum nisus et in naturali et in praeternaturali deprehenditur motu p. 224. 152) p. 180. Beatam Virginem Spasmum, id est deliquium animi, passam esse,
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Phys. Clas. XIX. ——— D
26 K. F. H. MARX,
Die Ursachen habe man stets für dunkel erachtet!55) und als solche bald Fülle, bald Leerheit, bald Mitleidenschaft angenommen 154),
Aeussere Eindrücke wirkten auf die innern, diese auf die äussern und so entständen Krämpfe 153).
Nach dem Tode komme manchmal eine Steifigkeit des männlichen Gliedes vor!56), und bei Enthaupteten eine krampfhafte Bewegung des Rumpfes 137).
8. 15.
Von den kleineren Arbeiten K. V. Schneider’s sowie der unter sei- nem Vorsitze erschienenen Dissertationen, habe ich mehrere nicht einsehen können; darum erwähne ich auch diese nicht. Diejenigen, welche mir zu Gebote standen, führe ich, nach den Materien alphabetisch geordnet, auf: De Angina. J. Fridelius. W. 1666. 4.
De Apoplexia. G. Leisner. 1662. 4.
De Apoplexia. Sam. Kochmaister. 1668. 4. De Apoplexia. Ch. Grauel. 1676. 4.
De Arthritide. J. Breuver. 1663. 4.
De Lapide Bezoar. G. Becker. 1673. 4. De Cachexia. J. C. Strauss. 1669. 4.
De Calculo renum. A. G. Billich. 1650, 4. De renum et vesicae Calculo. M. J. Fridelius. 1665. 4. De Cancro. J. L. Laelius. 1666. 4.
De Epilepsia. Sam. Sturm. 1650. 4.
De Epilepsia. J. C. Nettelbach. 1667. 4.
153) p. 290: ees causa multis semper circumfusa fuit tenebris, variisque obstructa difficultatibus.
154) p. 241: Repletio, p. 249: Inanitio, p. 262: TOSS,
155) Sensus externi afficiunt internos et hi vicissim externos, unde oriantur Spasmi. p. 243. |
156) Priapismus post mortem instat, urgetque more aliquorum Spasmorum et Spasticarum motionum. p. 395.
157) Capite praeciso, truncum corpus Spasticos motus adhuc passum est. p. 416.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. - >48
De Erysipelate sive Rosa, M. Klingsporn. 1668, 4.
De Fracturis Cranii A. Homberg. 1673. 4.
De Hydrope. J. E. Klobius. 1649. 4
De Hydrope. M. Tilingius. 1663. 4.
De Ictero flavo, J. Breuver. 1664. 4.
De Melancholia. A. Keil 1664. 4.
De Ossibus temporum. G. Wanckel. 1653. 8.
De Partu difficili. Z. Mittlacher. 1675. 4.
De Peste, morborum principe. J. Gerdes. 1680. 4.
De Phrenitide. F. Khien. 1666. 4.
De vera natura et recta ratione curandae Phthiseos. Sigism. Grassius. 1648. 4.
De Pleuripneumonia. Chr. Schroedter. 1679. 4.
De Pleuritide. G. Lothus. 1648. 4.
De Sanguine ut de parte corporis principe, ac tanquam de causa et sede morborum, tandemque de via illos curandi. M. Pauli, 1679. 4.
De Spasmo cordis, G. Becker. 1675. 4.
De Spasmorum subjecto contra ineptam opinionem Nicolai Chesneau, G. Himselius. 1676. 4.
De Vulneribus Pulmonum. Sam. Sturm. 1654. 4.
Ob und welchen persónlichen Antheil K. V. Schneider, als Praeses, an diesen Arbeiten hatte, ist schwer zu sagen; nach der herrschenden früheren Gewohnheit und auch nach dem Inhalte zu urtheilen, wahr- scheinlich keinen geringen.
Vergegenwärtigt man sich seine volle Thätigkeit, so wird man nicht umhin können einzugestehen, dass er die ihm vergönnten 66 Lebensjahre zur reichlichen, dankenswerthen Belehrung und zur Anleitung einer tüchtigen Nacheiferung benutzte,
D2
28 K. F. H. MARX,
\ S. 16.
Anstatt der allzugedehnten Auslassungen in K. V. Schneider’s be- lobten Büchern über die Katarrhe diene in Betreff dieser Krankheit, mit Rücksichtnahme auf neuere Erfahrungen und Ansichten, folgende Berührung der wichtigsten Punkte.
In alter Zeit glaubte man, die Feuchtigkeit beim Nasenkatarrh komme aus dem Gehirne, weswegen der Vorgang Abfluss 158) genannt wurde.
Die Bezeichnung Katarrh wurde beibehalten, aber von der ange-
158) Von xereóüéío, ich fliesse herab, xeveóóoc, das Herabfliessen, Catarrhus, Defluxus, Destillatio; oder blos von óéw, ich fliesse, óevpo, rheuma, fluxus.
Der Ausdruck xeveóóoc findet sich bei Hippocrates. Er sagt: derselbe werde alten Leuten gefáhrlich, wenn auf einen Winter mit Südwinden und Regen ein trock- ner Frühling folge. Wäre aber der Sommer trocken, herrschten da Nordwinde, im regnichten Herbste Südwinde, dann entständen Husten (fxsg), Heiserkeit (fgcyxor) und Schnupfen (xógvtær) (Aphor. Sect. III. 12. Ed. Kühn. T. II. p. 722), und an einer anderen Stelle: der Abfluss erfolge als Absonderung aus dem Kopfe (d60, dè ano Keyakjs fec dmoxoícwc. Liber de Glandulis. Ebend. T. I. p. 497).
Galenus bemerkt: Schnupfen, Heiserkeit und Katarrh seyen Beschwerden aus - einer Feuchtigkeit, die vom überfüllten Gehirne herabfliesse (xsovi« dè xci Bodyxos x«i zarabdovg dz0 xsqaAZc uiv doyevoi vd no) "Àggovpévgc. Introductio s. Medi- cus. Cap. 13. Ed. Kühn. T. XIV. p. 742). Ferner: Die dünne Flüssigkeit, welche : durch die Nase ausgeschieden werde, hätten alle alten Aerzte Schnupfen genannt, die aber durch den Gaumen herabkommende Katarrh (0v ózegoec xcroóovv: Com- ment. II. in Hippocratis Prognosticon 49. T. XVIII». p. 180. Ebenso: De Sympto- matum Causis L. IM. C. 11. T. VIL. p. 268. Definitiones med. 252. T. XIX. p. 418).
Ein Vers der Salernitanischen Schule (De conservanda Valetudine. Cap. 3) lautet:
Si fluat ad pectus, dicatur Rheuma Catarrhus, Si ad fauces, Branchus, si ad nares, esto Coryza.
Kógvie (gleichsam xeozosvowc, capitis fluxus) ist Schnupfen.
G. Heberden handelt den Katarrh blos unter dem Namen Destillatio ab (Com- mentarii de morborum historia et curatione. Recudi cur. S. Th. Soemmerring. Fran- cof. ad M. 1804. 8. p. 105—108).
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 29
nommenen frühern Quelle ist längst keine Rede mehr, denn diese hat K. V. Schneider in den Vorstellungen der Aerzte gründlich verschüttet.
EA Je mehr das Absonderungsorgan des gewöhnlich so genannten Ka- tarrhs in seiner weiten Ausdehnung erkannt wurde, um so zahlreicher geschah die Annahme und Benennung der Arten dieser Störung. Die Namen 159) wurden ertheilt nach den betroffenen Theilen, nach
. 159) So nach den Theilen: Catarrhus abdominalis s. gastricus, Tussis stomachica, Magenkatarrh, Magenhusten,
Bauchhusten ;
— aurium, Ohrkatarrh ;
— bronchiorums. palik, s. pectoris, Catarrheuma, Anacatharsis catarrhalis, Blennoptysis, ——— Brustkatarrh ;
-— faucium, Halskatarrh ;
— gastrica, Dyspepsia, Magenkatarrh ;
— hepatis, Atonia hepatis, hepatirrhoea, hepatorrhagia, fluxus hepaticus, Leberfluss ;
— intestinorum, Blennorhoea intestinalis, Diarrhoea mucosa, Profluvium alvi album, fluxus alvinus, Enteritis serosa, Schleimfluss des Darmkanals, Durchfall;
— lacrimatis, viarum lacrimalium, K. der Thrünenwege;
— - laryngis, Laryngitis serosa, Katarrh des Kehlkopfs;
— narium, Coryza pituitosa, blennorrhoea nasalis, Nasenkatarrh, Schlaim- schnupfen ;
— oculorum, Conjunctivitis catarrhalis, Augenkatarrh ;
— oris, Stomatitis, K. der Mundhöhle;
— sinus frontalis, Metopantralgia, Stirnhóhlenkatarrh;
= trachealis, Tracheitis serosa, Luftröhrenkatarrh;
— tubae Eustachii, K. der Eustachischen Trompete,
— urethrae, Blennorrhoea s. Medorrhoea urethrae, Phallorrhoea, Gonorrhoea,
;: Tripper;
— uteri, Gebürmutterkatarrh ;
— vaginae, Leucorrhoea, fluor albus, weisser Fluss;
— vesicae, Cystocatarrhus, —
nach den Krankheiten:
30 K. F. H. MARX, den gebildeten Krankheiten, nach dem Charakter, dem Verlaufe und den
Symptomen derselben.
8:18.
Da die Schleimhaut auf viele Organe verbreitet ist!60), so kann
Catarrhus arthriticorum, Gichtkatarrh; — haemorrhoidalis, Hämorrhoidalkatarrh ; c phthisicus, Phthisis transitoria, TENE EANET nach dem Charakter: Catarrhus benignus s. simplex, gutartiger, einfacher Katarrh; — complicatus, inflammatorius, acutus s. sthenicus, Pneumonia catarrhalis, entzündlicher Katarrh; —— contagiosus, ansteckender ;
— malignus s. nervosus, putridus, Typhus lymphaticus catarrhalis, bösartiger,
nervöser Katarrh; nach dem Verlaufe: Catarrhus acutus s. febrilis, febris catarrhalis simplex, Schnupfenfieber ;
— chronicus, Tussis chronica catarrhalis, langdauernder Schleimhusten ;
— epidemicus, C. rossicus, Influenza, Grippe, Russischer Schnupfen;
— typicus, typischer Frühsommer-Katarrh, Sommerkatarrh, Heufieber, Heu- Asthma, C. aestivus, hay-fever, catarrhe d'été, cat. des foins, maladie de foin;
nach den Symptomen: Catarrhus suffocativus, Orthopnoea, Asthma paralyticum, Apoplexia pulmonum, Steckfluss.
160) Sie reicht, bemerkt C. F. Th. Krause (Handb. der menschlichen Anatomie. 2te Aufl. Hannover. 1841. Bd. I. S. 116) a) in Gestalt eines Kanals mit mehreren blinden Verlängerungen von den Nasenlóchern und der Mundspalte bis zum After. Sie überzieht im ununterbrochenen Zusammenhange die Nasenhöhlen mit ihren Neben- hóhlen, den Nasenthrünengang und Thränensack; die Mundhöhle mit der Zunge, Gaumen und Speichelgängen, die Höhle des Schlundkopfs (Rachen) mit den Tubae Eustachii, den Paukenhóhlen und Cellulae mastoideae; steigt alsdann mit ihrer vor- dern Abtheilung in den Kehlkopf, die Luftróhre und deren feinere Verzweigungen (Bronchien); ihre hintere Abtheilung bekleidet die Speiseróhre, den Magen und Darm- kanal, die Gallengänge, die Gallenblase und den Ductus pancreaticus.
b) Eine andere grosse Schleimhaut ist den Harn- und Geschlechtsorganen be-
stimmt. Sie fängt im Eingange der weiblichen Geschlechtsorgane an und bekleidet
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KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 31
auch ein anderes, als das gerade ergriffene, durch Mitleidenschaft bethei- ligt werden. Nicht minder vermag sich mit der Absonderung des be- troffenen die eines nahe liegenden zu verbinden.
Von der Norm abweichend erscheint die Schleimhaut 161), bei ihrem grossen Blutreichthume, mehr oder weniger geröthet (hyperämisch), ent- zündet, aufgelockert, erweicht, angeschwollen, verdickt, mit Ausschwit- zungen versehen, die Schleimhautdrüsen vergrössert, die Flimmerepithe- lien ohne Flimmerhaare u. s. w.
Bei der engen Verbindung der Schleimhaut mit der äusseren Haut geht leicht die Störung der einen auf die andere über,
&. 19.
Die Absonderung, eine schleimige Feuchtigkeit, verhält sic bzuerst
die kleinen Schamlefzen, Scheide, Gebürmutter und Muttertrompeten: theils beginnt sie an der Mündung der Harnróhre und steigt in ihr zur Höhle der Harnblase, der Harnleiter, bis zu den Nierenbecken aufwürts; bekleidet im münnlichen Geschlechte auch die Samenausführungsgünge und Samenbläschen, sowie die Ausführungsgänge der Prostata und Cowperschen Drüsen.
c) Die Bindehaut an der hintern Fläche der Augenlider und der vordern Fläche des Augapfels, welche durch die Thränenkanälchen mit der Nasenschleimbaut in un- mittelbarem Zusammenhange steht.
d) Die Haut, welche den tieferen Theil des äusseren Gehörganges überzieht.
e) Auch die Milchgänge werden inwendig von einer Schleimhaut bekleidet.
161) M. vergl.: Thomas Hodgkin Lectures on the morbid Anatomy of the serous and mucous Membranes. Vol. H. P. I. On the mucous membranes, Lon- don. 1840. 8. —. A. Förster pathologische Anatomie. 9te Aufl. von Fr, Siebert. Jena. 1873. 8. S. 293.
Wie beim Menschen findet sich auch bei den Thieren an der Oberfläche der Schleimhäute eine zühe Flüssigkeit, dabei das Gewebe etwas geröthet und aufgelockert; oder die Ablagerung einer hautartigen Gerinnung; oder die Kanäle sind voll von einem flüssigen Exsudat, oder die Ausschwitzung gelangt nicht oder nur wenig zur Oberflüche, es findet eine Infiltration des Schleimhautgewebes Statt, kann aber über die Oberflüche hervorragen, wo es sich zu einer weichen, gelben Masse umwandelt. (A. Bruckmüller Lehrbuch der pathologischen Zootomie der Hausthiere. Wien. 1869. 8. S. 99.)
32 | K. F. H. MARX,
wüssriger als gewóhnlich, auch schürfer; im Anfange hell, erscheint sie gelblich, grünlich, eiterartig, verliert zuweilen ihre alkalische Beschaffen- heit, nimmt einen fremdartigen Geruch an, wird selbst ätzend 162).
Kehrt sie in den Normalzustand zurück, so erlangt sie wieder eine milde Beschaffenheit.
Nach den chemischen und mikroskopischen Untersuchungen ergibt sich, dass, je nach der verschiedenen Schleimhaut, eigenthümliche Stoffe abgesondert werden 163), -
Wird durch eine zu reichliche Absonderung das Allgemeinbefinden | mehr oder weniger gestört, so redet man von einem Schleimflusse (Blen- : norrhoea 164), Profluvium album). :
162) VanSwieten (Comment. in H. Boerhaave Aphor. T.IV. Hildburgh. 1765. 4. p. 308) gibt an: Dum incipiente Catarrho tenuis humor de naribus stillat, saepe alae nasi et labium superius inflammantur et fere eroduntur; si depluat per labium in os, saporem salsum exhibet. Humor ille catarrhosus ex naribus defluens, micros- copio examinatus, plenus apparebat spiculis salinis.
163) Nach R. Marchand (im Encycl. Wórterb. der med. Wissensch. Bd. 30. Berlin. 1843. S. 432), verhalte sich der Schleim analog dem Schweisse. In ihm be- fände sich eine eigenthümliche chemische Verbindung, Mucin, aufgelöst. Die im nor- malen Zustande abgesonderte Flüssigkeit sey eine wasserhelle, salzig schmeckende, gewöhnlich neutrale Substanz, welche über ?/ Wasser enthalte.
Vermittelst des Mikroskops ergábe sich, dass der ausgesonderte Schleim aus einer durchsichtigen, homogenen Flüssigkeit und kleinen Körperchen bestehe, den Epitheliumzellen.
M. vergl.: Henle Ueber Schleim- und Eiterbildung und ihr Verhältniss zur Oberhaut. In Hufeland’s Journ. d. pr. Heilk. Bd. 86. St. 5. 1838.
C. J. Eberth Zur Entstehung der re In Virchow's Archiv für path. A. 1861. Bd. 21. S. 106.
R. Heidenhain, Die Bildung des Schleimes. In seinen Studien des Physio- logischen Instituts zu Breslau. Leipzig. 1868. 8. S. 101. -
Gorup-Besanez Lehrb. der physiologischen Chemie. 2te Aufl. Braunschweig. 1867. S. 425—433.
C. G. Lehmann und Rochleder Phyto- und Zoochemie. Als Fortsetzung der organischen Chemie von Leopold Gmelin. Bd.5. Heidelberg. 1858. S. 288—294.
164) Von ßA&vva, Schleim, mucus, und oé&w, fliessen, fluere.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 33
Die innere Bedingung ist eine erhóhte Thátigkeit der Schleimhaut, veranlasst durch einen congestiven 165) Zustand, der sich jedoch zur Ent- zündung steigern kann.
Bildet sich durch den reichlichen Gehalt der Ausschwitzung an Faserstoff eine häutige Masse, so nennt man sie croupös.
8. 20.
Da die Schleimhaut mannigfachen inneren und äusseren Schädlich- keiten ausgesetzt ist, so entsteht häufig ein solcher Fluss, hauptsächlich bei denen mit einem zarten oder verweichlichten Hautorgane.
Wie alle Extreme und der unerwartete Wechsel der Einflüsse nachtheilig wirken können, so in Betreff der Entstehung von Katarrhen die der Temperatur; ungewöhnlich heisse, trockne, nasse, kalte Jahrs- zeiten und rascher Uebergang ins Gegentheil; auch feuchte Kälte, reitzende Dämpfe, starker Staub.
Im Frühlinge, im Spätherbste und Winter leidet mehr die Schleim- haut der Athmungsorgane, im Sommer die der Digestion.
Kommen auch Katarrhe überall vor, so doch am häufigsten in kalten sowie den Polen näher liegenden Ländern.
Wo das Klima wenig veränderlich ist, wie zu Singapore und Java, sind Katarrhe Seltenheiten. :
Sie begleiten zuweilen andere Krankheiten, oder dienen als Vor- boten derselben, wie z. B. bei den Masern; oder sie bedingen das We- sentliche von Beschwerden, welche andere Namen führen, wie z. B. den Gastricismus.
Wenn bei Kindern die katarrhalischen Erscheinungen durch den Gebrauch süsser Mittel vermehrt, dagegen durch ausleerende gemildert : werden, so ist der Grund in gestörter Verdauung zu suchen.
165) Laennec erklärte: il ne présente, dans la plupart, que les caractères d'une simple congestion (Traité de L'Auscultation. Sect. L Ch. 1. art. 1.) Phys. Classe. XIX. E
34 K. F. H. MARX,
8. 21.
Ob beim katarrhalischen Prozesse ein Ansteckungsstoff 166) anzunehmen sey, wird bejaht und verneint. Lässt der Schnupfen des Menschen Zweifel zu, so steht die Mittheilungsfähigkeit des Rotzes der Pferde allgemein fest Durch das Contagium desselben entsteht beim Menschen nicht blos eine Affection der Schleimhaut, sondern eine Ka- kochymie mit Brand.
Diphtherie scheint durch Pilze Andere krank zu machen 167),
Aehnlich entwickelt sich wohl der Katarrh der Mundhóhle, der Soor.
Vom Keichhusten werden die Individuen in der Regel nur ein- mal befallen.
Als Epidemie kann der Katarrh schon deswegen auftreten, weil eine solche durch Veränderungen der Atmosphäre bedingt wird und eine Affection der Athmungsorgane hüufig durch Beimischungen und Strómungen derselben hervorgerufen wird.
Influenza und Keichhusten erscheinen nur zu gewissen Zeiten, nicht durch eine fortwirkende Veranlassung, befallen eine gróssere An- zahl Menschen, die in keine Berührung mit einander kamen, und wobei das Weiterumsichgreifen nicht individuenweise oder nach vermittelnden Trägern sich verfolgen lässt.
8. 22.
Ein Schleimfluss lässt nach, wenn der sie veranlassende innere oder äussere Reitz aufgehört hat und die Schleimhaut ihre normale Ver- fassung wieder erlangt.
Die Hyperämie hört auf; Ausschwitzungen werden nicht selten auf- gesogen; die verloren gegangenen Epithelien ersetzen sich, und Stellen,
166) Dass die Alten den Augenkatarrh für ansteckend hielten, zeigte ich in mei- nen Origines Contagii. Caroliruhae. 1824. 8. p. 139. 167) Nach L. Letzerich wird die primäre, epidemische Diphtherie durch einen Pilz (Zygodesmus) hervorgebracht, dessen Sporen (Contagium vivum) die Krankheit auf andere Individuen übertragen (Virchow's Archiv für p. A. 1869. Bd. 46. S. 232).
pL
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 35
welche durch Verschwärung gelitten, vernarben. Vollständige Neubil- dung der Schleimhaut scheint nicht Statt zu finden.
Ist der Reitz heftig und kömmt es, unter Frösteln, zum Fieber, so spricht man vom Schleim- oder Katarrhalfieber, das sich meistens durch . Schweiss, Urin, Nasenbluten entscheidet.
Verbinden sich damit rheumatische Beschwerden, so wird von ei- nem katarrhalisch-rheumatischen Fieber geredet.
Stellt sich Entzündung ein, so lassen die betheiligten Excretions- organe in ihrer normalen Thätigkeit,nach; es bildet sich Eiter 168),
Hält ein Katarrh nicht nur viele Wochen, sondern Monate an, so können dadurch Abnahme der Körperwärme, grosse Schwäche, selbst Abzehrung!69) und auf der Schleimhaut Excoriationen, Geschwüre, Aus-
schläge, Knötchen, Aufwulstungen entstehen.
g. 23.
Die, welche viel in der freien Luft leben, werden selten von Schleim- flüssen der Athmungsorgane befallen, und auch zur Cur von diesen ist der Aufenthalt in reiner, frischer Luft, vorausgesetzt, dass die Tempe- ratur milde ist, dem in der Stube vorzuziehen.
Je nach der Natur des Erkranktseyns, der wahrscheinlichen Ur- sache, der Dauer, der Constitution des Kranken, den Gewohnheiten, bereits gebrauchten Mitteln u. s. w. ist bald ein kühlendes Verhalten anzurathen, Wassertrinken, und, wenn erforderlich, eine Ableitung nach der Haut durch Sinapismen, nach dem Darmkanal durch Bittersalz;
168) Marchand bemerkt (a. a. O. S. 436): Eiter ist das Secret der Schleim- häute im Réitzungs- und Entzündungszustande.
169) Van Swieten (a. a. O. IV. p.2) bemerkt: Dum catarrho laborant ho- mines, videmus, de naribus emungi et per tussim educi sputa, quae colore, spissitu- dine et aliis dotibus, pus referunt: tamen non dicuntur ideo phthisi laborare; quia habitus corporis non consumitur, nec ulla signa cacochymiae purulentae in humoribus adsunt. Interim tamen, si materies catarrhi acrior fuerit, vel valida et diuturna tussis nimis quassaverit pulmonem, quandoque pulmo eroditur, ulceratur, et sic ex catarrho phthisis pulmonalis sequitur.
E2
36 K. F. H. MARX,
bald mässige Wärme 170), warme Milch!7!, gewürmte Tücher auf die Brust, Salmiak mit Lakrizensaft (succus Liquiritiae) in einem blausüure- haltigen Wasser (Aqua Cerasorum nigrorum), Brechwein (Vinum stibia- tum) u. s. w. Der letztere vermehrt die Hautthätigkeit und befördert den Auswurf.
Kinder, welche noch gestillt werden, darf man nicht an die Brust legen, sondern man muss sie künstlich ernühren.
Gesellt sich zum Katarrh etwas Krampfhaftes, zumal bei sehr em- pfindlichen Individuen, so ist, ohne Sáumen, das Geeignete dagegen vorzunehmen.
Um bei Erwachsenen die Wiederkehr möglichst zu verhüten, sind kalte Waschungen zu empfehlen, sowie der Gebrauch eines Seebades.
Schleimflüsse des Darmkanals, der Scheide, Harnróhre u.s. w. sind je nach ihrer Veranlassung zu beurtheilen und zu behandeln.
Wird die Absonderung chronisch, selbst colliquativ, so werden neben Ruhe, angemessener Kost, dem müssigen Genusse eines bittern Biers, balsamische, schleimicht-bittere und adstringirende Substanzen, wie Peru- und Copaivabalsam, ein Thee aus der isländischen Flechte, ver- bunden mit Kalmuswurzel und den Samenkapseln vom Sternanis (Capsu- lis Anisi stellati), essigsaures Bleioxyd u. s. w. erforderlich.
Zeigt sich, selbst epidemisch 172), ein gleichzeitiges Ergriffenseyn mehrerer Schleimhäute, was gewöhnlich allgemeine Verschleimung ge- nannt wird, so sind, vor der Anwendung ausleerender Mittel, auflösende,
mm
170) Cubiculi tepore, blando victu, mollibus remediis, tenuis, qui antea fuerat et acris humor incipit mitior fieri ac spissior. Naribus emungitur mucus coctus, Spissus, flavescens, quasi purulentus, et sputa similia ex pulmone prodeunt. Subsident sensim tumentes membranae narium et pulmonis, redit sanitas et melius se solent habere homines, quam ante catarrhum (van Swieten IV. p. 317). :
171) Ein beliebtes Mittel ist Bavaroise, nemlich heisse Milch mit Syrupus Ca- pilorum Veneris.
172) In Betreff der oft zu weit ausgedehnten Annahmen von Schleimfiebern vergl.: K. Sprengel Gesch. der Arzneyk. 3te Aufl. Bd 5. S. 524.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 37
sogenannte Digestivmittel (Digerentia) zu reichen, namentlich Brech- weinstein in kleiner Gabe.
S. 24.
Katarrh im engeren Sinne, wovon nachstehend nur die Rede seyn soll, ist eine durch Erregung der Gefässe oder entzündliche Reit- zung bedingte Affection der Schleimhaut der Athmungs- und Schling- werkzeuge, der Nase, des hinteren ‚Mundes, des Kehlkopfs, der Luft- róhre und deren Verüstelungen, welche bald mit, bald ohne Fieber sich einstellt. —
Damit man im Fragen nach dem Auswurfe kleiner Kinder von den Müttern oder Wärterinnen nicht beschämt werde, ist nie zu ver- gessen, dass jene das in den Luftwegen Enthaltene (Sputa) nicht im Stande sind auszuwerfen, sondern dasselbe verschlucken.
Das Auswerfen geschieht in der Regel durch Husten (f$, tussis, cough, la toux), einer Anstrengung der Athmungswerkzeuge, um ein vorhandenes Hinderniss zu beseitigen. Da derselbe willkührlich hervor- gerufen werden kann, so verhält er sich bei Manchem als blosse üble Angewöhnung; auch erfolgt er bei mannigfachen consensuellen und äussern Reitzen; doch auf jeden, den trocknen, feuchten, kurzen, das Hüsteln (tussicula) muss die sorgfältigste Prüfung, ob beschwerlich, schmerzhaft, mit einem ungewöhnlichen Tone verbunden u. 8. W., Ver- wandt werden.
Pulver für den inneren wie äusseren Gebrauch sind, um rasch aufgesogen werden zu können, sehr fein zu bereiten, allein Niesemittel (Errhina, Sternutatoria). damit sie blos auf der untern Schleimhaut der Nase bleiben und nicht in die Stirnhöhlen- (sinus frontales) gelangen, gröblich.
S. 25. Die einfachste Form des Katarrhs ist der Schnupfen !75, welcher
173) Cicero gebraucht dafür das Wort gravedo (Epistolae ad Atticum: L. X.
38 K. F. H. MARX,
aber beim neugeborenen Kinde lebensgefährlich werden kann, da dieses wenig durch die meistens geschlossene Mundhóhle athmet, und beim Saugen das Athmen durch die Nasenhóhle geschehen muss. Wird ihm die Nase von dem zu reichlichen Schleime vollgestopft, oder bleibt dieser, vertrocknet, an der Mündung der Nase, so ist Erstickung zu befürchten.
Die bekannten Zufälle bei Erwachsenen bestehen in häufigem Niessen, Spannung und Verstopfung der Nase, umgeünderter. unreiner, heiserer Sprache, Verminderung des Geruchs und Geschmacks, Neigung zum Husten, Trübseyn und Thränen der Augen; zuweilen Harthórigkeit, wenn eine reichliche Absonderung der Eustachischen Róhre am Aus- flusse in die Rachenhöhle gehindert wird.
Schwerer treten sie auf bei dem epidemischen oder ansteckenden 1%), das Nervensystem in Mitleidenschaft ziehenden Katarrh, bei der In- fluenza!75. Diese wird dadurch zuweilen bedenklich, dass sie die
ep. 16. Ed. Orellius. Turici. 1831. p. 269. L. XVI. ep. 11. p. 416), und für zum Schnup- fen geneigt gravedinosus (Tusculanorum Disputationum L.IV. 12. Ausgabe von G. Ti- scher. Berlin. 1868. 8. S. 181). Celsus scheint darunter den Stockschnupfen zu begreifen, indem er sagt (L. IV. II. N. 4.): gravedo nares claudit, vocem obtundit, tussim siccam movet. Für fliessen- den Schnupfen hat er das Wort destillatio (Ebend. und L.I. 5 Das Wort Kópvto hat Caelius Aureli anus. Er bemerkt (Acut. Lib. II. Cap. 17): ad nares catarrhus, quem vocant coryzan. 114) Eine Aufzühlung von Beobachtungen über Catarrhus a contagio vom J. - 1323 bis 1767, wo man sie nicht sucht, enthält G. Cullen Synopsis Nosologiae methodicae. Ed. 4. rec. J. P. Frank. Ticini. 1787. 8. p. 125—27. E M. vergl.: J. D. Reuss Repertorium Commentationum a societatibus littera- TUs editarum. Gottingae. 1818. 4. T. XIII. P. 2. p. 160—165. ; H. Holla nd on the epidemic Influenzas of late years in seinen Medical Notes. and Reflections. 3 ed. London. 1855. 8. p. 322—355. J. Fuster Monographie clinique de L'Affection catarrhale. 2 ed. Montpellier. 1865. 8. p. 331—513. Fr. Seitz Catarrh und Influenza. München. 1865. 8. S. 100—226. 175) La grippe, la follette der Franzosen.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 39
Kräfte erschöpft, eine vorhandene Krankheitsanlage zur Entwicklung bringt und den Verlauf eines kranken Organs beschleunigt.
Stockschnupfen heisst der chronische Nasenkatarrh, wobei in den Stirnhöhlen ein drückender Schmerz empfunden wird und die Absonde- rung sehr schwach oder eiterartig erfolgt !76).
Bei Säuglingen darf man von ihm meistens auf angeborene Sy- philis schliessen.
So unangenehm und lästig auch eine Aussonderung aus der Nase ist, welche längere Zeit dauert, so darf sie doch nicht unvorsichtiger Weise unterdrückt werden, indem sie zuweilen wohlthätig 177), ein rasches Stopfen aber gefahrvoll !?3) sich erweist.
Individuen mit einer empfindlichen, leicht schwitzenden Haut wer- den am häufigsten ergriffen.
Hauptveranlassungen sind: plötzlicher Temperaturwechsel!7?), kalter Nord- und Ostwind, nachtheilige Einathmungen, wie z. B. Moordämpfe; Aufenthalt in neubezogenen, noch nicht gehörig ausgetrockneten Räumen; unvorsichtiges Entfernen gewohnter wollener Strümpfe, flanellener Hem- den; Unterdrückung der Fussschweisse.
Die Jodine wirkt öfters so sehr auf die Schleimhaut der Nase, dass von einem Jodschnupfen geredet wird.
Kömmt es zum Fieber, besonders gegen Abend, ‚so verläuft das- selbe meistens gutartig, entscheidet sich durch Schweiss und Urin und
neigt selten zum nervósen Charakter. :
176) weswegen auch ozaena (óbcwv«) benigna genannt, Punaisie der Franzosen.
177) Gravitas et dolor capitis toties levantur destillatione copiosa, ut dubium sit morbus, an remedium dicatur; et proinde an temere et vi supprimi debeat (He- berden a. a. O. p. 107).
178) Si imprudenter impediatur ilius acris catarrhosi effluxus, pessima quan-
(speciatim convulsiones) sequuntur (van Swieten IV. p. 308).
doque mala, calidam aéris temperiem
179) Catarrhus nunquam frequentius affligit, quam ubi subitum frigus excipit (van Swieten IL p. 638). : ; Si vespertino corripitur frigore tota die in aére calido versatus, sentiet narium
pruritum, sternutationem, incipit exire liquor limpidissimus, vocatur coryza (Ebend.
I. p. 97).
40 K. F. H. MARX,
Bei kleinen Kindern ist zu prüfen, ob nicht die Lungen, oder wenn ungewöhnliche Schläfrigkeit und Convulsionen eintreten, das Gehirn an Entzündung leiden.
Der einfache Schnupfen wird in der Regel durch Aufmerksamkeit auf die Lebensweise gehoben; allein der Stockschnupfen verlangt öfters das Einbringen erweichender Flüssigkeiten, milder Dämpfe und Salben.
Wird einer erfahrungsgemäss vom Schnupfen stark angegriffen, so suche man diesen dadurch zu verhüten, dass gleich beim -Erscheinen Essigdämpfe eingeathmet werden.
8. 26.
Der Katarrh der Mundhöhle kömmt häufig bei Säuglingen vor, welche an Magensäure leiden und nicht reinlich gehalten werden.
Es entstehen Bläschen mit einem farblosen sauren Inhalte, welche weisse Stellen bilden und Schwämmchen, Fasch, genannt werden 180),
Schlimmer ist es, wenn eine Ausschwitzung sich einstellt, auf wel- cher sich Pilze bilden 181). :
Die Hülfe besteht in verbesserter Lebensordnung, und im Auswa- ‚schen des Mundes mit einer Auflösung des chlorsauren Kali's (Kali chlo- ricum), oder des Borax in Wein.
g. 27.
Der sogenannte Brustkatarrh, (Catarrhus bronchiorum) gibt sich kund durch Husten und Rasselgerüusch 182) in den Luftröhrenästen.
180) Galenus nennt das Geschwür ein oberflächliches: "Agp3a onv énimoAouoc èv orönan yiyvouévm (Definitiones medicae. 381. Opp. Ed. Kühn. T. XIX. p. 441).
181) Aphthae malignae, Stomacace, Soor, Muguet. Das Oidium albicans, welches den Soor erzeugt, entwickelt sich zwischen den Lamellen des Epithels. :
182) Darüber bemerkt M. A. Wintrich: »Es kann ein Kranker alle Tage 2—3 Spucknäpfe voll Schleim expectoriren, also sehr viel davon in den Bronchien haben und doch hört man während der Auscultation nichts von Schleimrasseln« (Krankheiten der Respirationsorgane. In Virchow’s spec. Path. und Ther. Bd 5. Abth. 1. Erlangen. 1854. 8. S. 169.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 41
Hält er lange an, so erweitern sich die Luftzellen, hauptsächlich an den Lungenrändern und es- kommt zur Erweiterung der Kanäle (Emphysem), wohl auch zur Engbrüstigkeit (Asthma humidum), und zur Schleimschwindsucht 185) (Phthisis pituitosa).
Durch Hypertrophie der Schleimhaut erfolgen leicht Recidive.
Der mit Fieber verbundene Brustkatarrh kann Lungenentzündung werden.
Bildet sich Entzündung aus (bronchitis), so ist die Unterscheidung von Entzündung der Lungen 18% schwierig.
Unter den Thieren sind diesem Uebel besonders die Hunde un- terworfen 185),
Herzkranke (an Insufficienz und Stenose der Mitralklappe Leidende) haben häufig Brustkatarrhe.
Die Unterstützung der Darmausleerung darf hierbei nicht verab- säumt werden. Ein Thee aus der isländischen Flechte und Kardobene- diktenkraut veranlasst meistens Stuhlausleerung. Bei älteren Personen -bedarf es jedoch häufig einer abführenden Arznei, wie z. B. der weinigen Rhabarbertinktur (Tinctura Rhei dulcis).
Unter dem Namen Steckfluss (Catarrhus suffocativus) begreift man denjenigen Zustand, wo in den Athmungsorganen eine reichliche Masse von Schleim oder anderen Stoffen, wegen einer lühmungsartigen ‚Schwäche der betroffenen Theile, nicht ausgeworfen werden kann.
Mittel dagegen sind diejenigen Substanzen, welche die Flimmerbe- wegung unterstützen und die Erregung der Luftróhrenüste anregen (Be- chica, Expectorantia), besonders Mineralkermes (Stibium sulphuratum ru- beum, pulvis Carthusianorum, poudre chartreux) und sublimirte Benzoe-
säure (Acidum benzoicum).
183) M. vergl. über katarrhalische Pneumonie, Bronchopneumonie, Rind- fleisch a. a. O. S. 349.
184) Was man früher Pneumonia notha s. maligna nannte, wurde in der neue- ren Zeit als Bronchitis capillaris, Typhoid der Bronchien, aufgeführt, und die Begrün- zung auf die unteren Lappen der Lungen als Bronchialtyphus.
185) Der acute Bronchialkatarrh ist die Staupe oder Hundekrankheit.
Phys. Classe. XIX. F
42 X | K. F. H. MARX,
30:8.
Der Keichhusten 186) ist ein Katarrh der Bronchien, wobei aber die Schleimhaut des Magens krampfhaft sich betheiligt, woher das Schleim- erbrechen. s
Verbinden sich bei Kindern Hirncongestionen damit, so ist Ge- fahr zu befürchten.
Ein: Wechsel des Aufenthaltsorts erweist sich wohlthätig; ihm steht -jedoch das Bedenken entgegen, dass dadurch in den neu gewählten die Veranlassung zum Husten gebracht werde.
Hülfe verschaffen Kirschlorbeerwasser (Aqua Laurocerasi), Brech- wein (Vinum stibiatum) mit dem Syrup der Brechwurzel (Syrupus Ipecacuanhae), Kügelchen der Brechwurzel (trochisci Ipecacuanhae) und, bei Monate langer Dauer, Chinin.
g. 29.
Der Katarrh des Kehlkopfs!87) (Laryngo catarrhus) und {der Luftröhre (C. Tracheae) treten bald mild, ohne Entzündung, ‚bald heftig, mit derselben auf (Laryngitis, Tracheitis).
Auf keiner Schleinhaut entsteht so häufig eine croupöse Entzündung wie auf der des Kehlkopfs.
Stimme und Sprache werden rauh, heiser; es findet Husten Statt. Kleine Kinder athmen mit Erweiterung der Nasenflügel und offnem Munde.
Bei ausgebildeter Entzündung äussert sich Schmerz, der durch Sprechen, Husten, Athemholen, Schlingen vermehrt wird. Das Einathmen ist äusserst erschwert.
Bei längerer Dauer verdickt sich die Schleimhaut, es entsteht öde-
186) Stickhusten, blauer Husten, Tussis convulsiva, clangosa, stomachica, per- tussis; hooping cough, chincough; toux convulsive, coqueluche.
187) Unter Laryngismus stridulus, Asthma Millari, laryngeum, Spasmus Glottidis, begreift man das-krampfhafte Ergriffenseyn, wogegen Klystiere von Asa foetida hülf- reich sich erweisen. .
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 43
matöse Anschwellung der Wände, und Verschwärung 188) (Phthisis la- ryngea und trachealis), wodurch Heiserkeit einen hohen Grad erreicht, Durch Erstickung kann rasch Tod erfolgen. Viel leistet gegen die Heiserkeit das Einathmen der Dümpfe von peruanischem Balsam 189),
S. 30. *
Bildet sich in Folge der Reitzung Ausschwitzung, so nennt man das Leiden Crou p. |
Die Verstopfung der Luftwege geschieht bald durch eine schleimige, küseartige Masse, bald durch Häute, woher die Bezeichnung hüutige Bräune (Angina membranacea) Die gefässreichen Häute können nur durch Entzündung zu Stande kommen 190),
Die Zufälle verhalten sich verschieden, je nachdem zuerst der Kehl- kopf oder der Stamm der Luftröhre ergriffen wird. Geht das Leiden vom Kehlkopfe aus, so ist der Verlauf stürmisch. |
Der Ton des Hustens und der Stimme ist eigenthümlich 191),
Obgleich in der Regel Kinderkrankheit, können auch Erwachsene davon befallen werden 192),
Da sie, ausgebrochen, in hohem Grade bedenklich ist, muss, wo
188) Rheiner in Virchow's Archiv. Bd. 4. S. 534.
189) Schon Double bemerkte (in Sedillot Journal general de Medecine. Paris. 1809. T. 35. p 395): Ce moyen, que nous avons plusieurs fois employé, nous a bien réussi dans un grand em d’affections catarrhales avec atonie des organes de la respiration.
190) Ich fand einmal bei der Section eines Kindes eine cylinderartige, röhrige Haut, in welcher eine ganz gleiche zweite sich befand, die mit der andern durch Ge- füsse verbunden war.
191) »Mir scheint, sagt J. K. Bischoff (Grundsätze zur Erkenntniss und Be- ‚handlung der Fieber und Entzündungen. 2te Aufl. Wien. 1830. S. 495) dieser beson- dere Ton dadurch am ähnlichsten nachgeahmt zu werden, wenn man die Sylbe Uch wührend des Einathmens, daher mit in die Brust gezogenem heftigerem Athem, sehr laut auszusprechen sucht«.
192) Washington starb daran.
F2
44 K. F. H. MARX,
möglich, Verhütung Hauptaufgabe seyn 1%). Bleibt diese erfolglos, so sind Quecksilberchlorür, Blutegel und, wenn beim Husten ein prasselndes Geräusch die Lösung der Ausschwitzung ankündigt, Brechmittel nothwendig.
Viele Leiden entscheiden sich durch Ausschwitzung zum- Guten, allein bei diesen wird das Ausgeschwitzte zum lebensgefährlichen Hin- derniss. Droht Erstickung, so bleibt Oeffnung der unwegsamen Kanäle und künstliche Unterhaltung des Athmens (Laryngotomia oder Tracheo- tomia) letzte Zuflucht.
& SL
Das katarrhalische Ergriffenseyn des weichen Gaumens (palati, . faucium), der Mandeln (tonsillarum), des Züpfchens (uvulae), des Schlundkopfes (pharyngis), und der Speiseróhre (oesophagi) führt man als katarrhalische Bräune (Angina catarrhalis 19%) auf.
Das Schlingen, namentlich von Flüssigkeiten, ist so erschwert, dass das Genommene zurückgetrieben, durch Mund und Nase ausgetrieben wird.
Nimmt die Schleimhaut des Ohrs Antheil, so wird über Brausen und Schwerhörigkeit geklagt.
Die Eiterung der Mandeln unterscheidet sich dadurch von der anderer, innerer Gebilde, dass sie fast immer in Genesung übergeht.
Wird der Abscess zum Geschwür, so füllt sich die Höhle mit Nar- bengewebe 195) aus. |
Bösartig wird die Halsbräune 196) genannt, wenn sich die Pseudo- membranen leicht zersetzen, in einen übelriechenden, viele Fadenpilze enthaltenden, Brei sich verwandeln und das Schlucken fast unmöglich wird.
193) Als Hausarzt drang ich darauf ‚ dass Kinder, bei denen ich den Eintritt vermuthete, trotz ihres und der Eltern Gegenrede, im Bette gehalten, ihnen mehrere Tage wiederholt Sinapismen auf die Brust gelegt und zum Trinken warme Milch ge- geben wurde.
194) von &yysıy, erwürgen, strangulare, und da dem Uebel auch der Hund (xav gen. xvvóc) unterworfen ist, Cynanche. Synanche von zusammenschnüren, coarctare.
195) E. Rindfleisch path. Gewebelehre. 2te Aufl: S. 300.
196) Schlundfäule, Angina maligna, gangraenosa; putrid sore-throat; l'esquinancie gangréneuse; Garotillo der Spanier.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 45
Zur Verhütung der leicht wiederkehrenden gutartigen Bräune sind ‚anzurathen: Tragen wollener Strümpfe das ganze Jahr hindurch, Gurgeln mit. einer Abkochung der Pimpinelle (radix en oder einer Alaunlösung.
Die bösartige Bräune stellt die nicht leicht zu etfäliende Aufgabe: dem Absterben der ergriffenen Theile eine Schranke zu setzen, das be- reits Abgestorbene und den betäubenden Geruch zu beseitigen. Zuweilen wird sie glücklicherweise gelöst durch Chlorwasser (Aqua Chlori, Aqua oxymuriatica).
Eine gleichfalls gefährliche Halsbräune oder Rachencroup ist die
erst in den letzten Decennien in Deutschland näher bekannt gewordene 197) Diphtherie!95, wobei die Ausschwitzung in die Schleimhaut vor sich geht, diese dou erweicht und zu Brandschorfen wird!99), 197) Wie wenig diese Krankheit, jetzt der Schrecken der Nichtürzte, gegen Ende der zwanziger Jahre den Aerzten bekannt war, móge folgender Fall zeigen. Einige Monate, nachdem das Buch von Bretonneau erschienen und ich mit dem Inhalte desselben bekannt geworden war, wurde ich zu einer über den Hals klagenden Dame gerufen, welche ich schon oft an katarrhalischen Beschwerden behandelt hatte. Beim Einblick in die Mundhóhle drang mir ein fauler Geruch entgegen und die hintere Parthie fand ich wie mit einer weissen Tapete überzogen. Da ich diesen Zustand noch nie gesehen, so oft mir auch bei Scharlach schlimme Bräunen vorgekommen, musste ich an die kürzlich erst gelesene Beschreibung des französischen Arztes den- ken. In meiner Besorgniss eilte ich zu meinem älteren Collegen, dem klinischen Lehrer Himly. Als ich ihm mitgetheilt, was ich beobachtet und mir seine Mithülfe gegen diese Diphtherit erbat, antwortete er: eine solche Krankheit gibt es nicht! Dieses Wort nahm er jedoch zurück, als er die Leidende selbst gesehen und durch die Erscheinungen von der Wirklichkeit sich überzeugt hatte.
198) Der Name ist gebildet aus duq9égo, Haut, Fell.
Die Englünder, welche als Grund der Bildung die Entzündung nicht annehmen, schreiben statt Diphtherit' Diphtherie.
7 Die erste ausführliche Schrift lieferte P. Brétonneau des inflammations spé- ciales du tissu muqueux, et en particulier de la Diphtbérite ou inflammation pelli- culaire, connue sous le nom de Croup, d’Angine maligne ete. Paris. 1826. 8. - 199) Nach Rindfleisch (a. a. O. 8.315) sammelt sicb Eiter zwischen Schorf und Gesundem an; die Aufhebung beginnt bald an den Rändern, bald in der Mitte;
46 K. F. H. MARX,
Oefters verbreitet sich die Ausschwitzung in die Nasenhöhle, in den Schlund und in die Luftröhre.
Nach überstandener Krankheit kömmt es manchmal zu Lähmungen verschiedener Theile ?00).
Unter den Mitteln gegen dieses Leiden sind hauptsächlich zu nen- nen: Kalkwasser, als Lösungsmittel der Exsudate, Chlorwasser, und zur Tilgung der Pilze ützende Substanzen ?0!), wie Alaun, das flüssige Eisen- chlorid (liquor ferri sesquichlorati), das geschmolzene salpetersaure Silber- oxyd (argentum nitricum fusum), concentrirte Salzsáure.
g. 32.
Ueberblickt man die grosse Zahl der Stórungen des Wohlbefindens durch die krankhaft ergriffene Schleimhaut der Athmungs- und Schling- organe, von welchen alle Lebensalter, das Kind wie der Greis, jedes Geschlecht, jeder Stand, und zwar äusserst oft, bald leicht, bald schwer, fast auf allen Punkten der Erde befallen werden, so muss man sich wundern, dass dagegen keine systematisch geordneten Vorbauungs-Mass- regeln bestehen, welche, wie Religionsgebräuche, streng beobachtete Ge- wohnheiten oder staatliche Gesetze, zum Schutze verpflichten und an- halten, um deren Häufigkeit und Gefahr zu vermindern.
Zwar hat der Ulmer Arzt Conrad Horlacher eine Schrift in Octav betitelt: „Beweiss, dass die eingeführten Meinungen von den Catarrhis oder sogenannten Haupt- und Steckflüssen nicht bessern Grund als alte Weiber-Mährlein haben‘ zu Nürnberg 1691 herausgegeben, allein dieser gutgemeinte, jedoch voreilige Ausspruch kónnte nur dadurch eini- germassen gerechtfertigt und später vielleicht auch erfüllt werden, wenn
nachdem sie vollendet ist, bleibt ein Geschwür zurück, welches sich schnell zur Ver- narbung anschickt. j 200) M. vergl. H. Weber. in London in Virchow’ s Archiv. = 25. 1862. S. 114—141. 201) Gegen ein ühnliches Uebel, Malum aegyptiacum, wurde ehemals essigsaures - Kupferoxyd, Grünspan, angewandt als Unguentum aegyptiacum oder Oxymel Aeruginis. M. s.: Aretaeus de Tonsillarum ulceribus. Acut. L.I. Cap. 9.
KONRAD VICTOR SCHNEIDER UND DIE KATARRHE. 47
von den bravsten Koryphäen der Kunst vermittelst belehrender, einfach und klar verfasster, gemeinverständlicher Schriften, durch häufig wieder- holte eindringliche Hinweisungen in den gewürdigsten Organen der Presse, durch Anleitung in Schulen, durch öffentliche Vorträge, angestrengte Sorge der praktischen Aerzte u. s. w. die Ueberzeugung von der Noth- wendigkeit einer zu erlangenden Widerstandsfähigkeit gegen den Tempe- raturwechsel Jedem ernstlich ans Herz gelegt würde.
Eindringende Ermahnungen und. Vorschriften zur Abhärtung der Haut und Kräftigung des Nervensystems von Jugend auf durch Aufent- halt in freier Luft bei jeder Witterung, Gewöhnung an Zugwind, Tief- athmen, kalte Waschungen, Baden im Flusse und in der See, ange- messene Kleidung, Wassertrinken u.s. w. würden zur Verminderung der Katarrhe viel beitragen.
Je sorgfältiger diese Angelegenheit zur Ueberlegung und Ausfüh- rung gelangte, um so erfolgreicher küme es zur Vermehrung und Ver- besserung dahin zielender zweckmüssiger Anordnungen. So würe z. B. zu hoffen, dass auf den Eisenbahnen Einrichtungen getroffen würden, um im Freien bleiben zu kónnen, gleich den Wagen in England, wo vorzugsweise die Sitze ausserhalb derselben (outside) gewühlt werden, weil die Besorgniss vor Erkältung verschwunden ist und Jeder zur Si- cherung gegen eintretende Luftveränderung für sich Vorkehrung trifft, wie in südlichen Ländern der Eingeborene gegen etwaige Kühle sich stets mit warmer Bekleidung versieht.
Von Seiten der Medicinalpolizei würde ohne Zweifel Sorge getragen werden, dass Verunreinigungen der Luft in weiter Erstreckung, wie das Moorbrennen, nachtheilige reitzende Dämpfe aus Fabriken-in der Nähe menschlicher Wohnungen, das Beziehen feuchtkalter Wohnungen, mit Vrinsten Jüken adene, zu warme oder zu kalte, unmittelbar in die freie uet emm Versammlungsräume und ähnliche Vebelstände immer mehr beschränkt und unmöglich gemacht werden.
Geschühe die Verfolgung des edlen Zweckes ohne Unterlass mit gehöriger Rücksicht auf das individuelle Befinden, so würde die Ver- hütung der Katarrhe, zum Erstaunen, häufig erreicht werden. Diese
48 K. F. H. MARX, KONR. VICT. SCHNEIDER U. D. KATARRHE.
hätte aber Vorzüge vor der Heilung, weil letztere stets zweifelhaft bleibt und das Dagewesenseyn einer Stórung leicht Spuren zurücklässt.
Bis zu der Zeit, wo ein wirksames allgemeines Mittel gegen sie entdeckt wird, sind Gründe zum Beweise ihrer Nichtexistenz blos aus der Tilgung der Anlage und den sichernden Schutzmassregeln gegen die nachtheiligen Einflüsse beizubringen.
Wie es der Vaccination möglich wurde die Schönheit zu bewahren, so würde es der mit Umsicht und Consequenz durchgeführten Vorbauung gegen die Katarıhe gelingen die Gesundheit mehr gleichmässig zu be- haupten.
Allerdings ist dieses Ziel nicht so leicht, wie die Sicherung vor den Menschenpocken durch einige Hautritze, zu erreichen; in der vorliegenden Beziehung gilt es, dass schon in der Erziehung Alles aufgeboten werde das Hautorgan zu kräftigen, und dass vom Einzelnen wie von der Ge- sammtheit mit Macht dahin gestrebt werde die Luft rein zu erhalten, eine angemessene diätetische Lebensordnung zu befolgen und jede die Athmungswerkzeuge belästigende Schädlichkeit zu beseitigen, sich da- gegen vorzusehen oder sie zu meiden.
Käme es bald zu diesem Siege über die Naturgewalten, so würde darin ein grosser Fortschritt der Cultur sich offenbaren und dem nach einem harmonischen Daseyn ringenden Menschengeiste Muth zu neuen Unternehmungen erwachsen.
Plantae Lorentzianae.
Bearbeitung der ersten und zweiten Sammlung argentinischer Pflanzen des Professor Lorentz zu Cordoba.
Von
A. Grisebach.
Vorgelegt in der Sitzung der Königl. Ges. d. Wiss, am 7. Februar 1874.
Unter allen in der gemässigten Zone der Südhemisphäre gelegenen Län- dern ist das Vegetationsgebiet der Pampas bis jetzt am wenigsten bota- nisch untersucht worden. Diese Lücke ist um so fühlbarer, als nicht bloss Australien und das Kapland, sondern auch Chile durch Reichthum und Figenthümlichkeit der Organisationen hervorragen. Seitdem die argentinische Regierung durch die Berufung deutscher Naturforscher in ihren Staatsdienst die wissenschaftliche Untersuchung ihres Reichs an- gebahnt hat und zu befördern fortfährt, ist begründete Aussicht, dessen natürliche Hülfsquellen in gleichem Masse aufgeschlossen und entwickelt zu sehen, wie in den Nachbarländern von Chile und Brasilien. Nach den grossen Arbeiten Burmeister’s sind nun auch für die botanische Er- forschung der am wenigsten bekannten Gegenden im Nordwesten der Plata-Staaten die wichtigen Reisen, welche Lorentz im Auftrage seiner Regierung unternommen hat, eine höchst bedeutende Leistung und be- zeichnen durch zahlreiche Entdeckungen neuer Formen in dieser Be- ziehung einen Wendepunkt. Diese in den Jahren 1871 und 1872 voll- endeten Forschungen umfassen die Provinzen Cordoba, Santiago del Estero, Tucuman und Catamarca, zwischen 269 und 319 S. Br.: die Ausbeute an Gefässpflanzen hat Lorentz, in seiner von wissenschaftlichen Hülfsmitteln entfernten Stellung, mir zur Bearbeitung überlassen, sie bildet den Ge- genstand der nachfolgenden Arbeit. Das Material liess, wie von dem Phys. Classe. XIX. |
Mo. Bot. Garden. ISOT,
50 A. GRISEBACH,
bewährten Gelehrten zu erwarten war, nichts zu wünschen, aber es ver- dankt einen besondern Vorzug den genauen handschriftlichen Aufzeich- nungen über das Vorkommen der beobachteten Pflanzen, die ich daher
vollständig in das Verzeichniss der Arten aufnehme. Es ist zu wün- -
schen, dass es Lorentz, wie er beabsichtigt, gelingen wird, auf dieser Grundlage eine pflanzengeographische Darstellung der von ihm bereisten
Gegenden herauszugeben. Im folgenden Jahre hat er übrigens auf einer 2
neuen Reise von Salta aus den Wendekreis nordwärts überschritten und beabsichtigte durch Gran Chaco nach den Pampas zurückzukehren: seine
Untersuchungen sind demnach mit den vorliegenden Sammlungen noch
nicht abgeschlossen.
Zwei charakteristische Züge in der argentinischen Flora, die im All- gemeinen schon bekannt waren, finden nun eine umfassendere und ge- nauere Begründung, die verhältnissmässig geringe Anzahl der einheimi- schen Arten und die Absonderung von Chile durch die Anden, die als mechanische Schranke der Vermischung beider Vegetationsgebiete ent-
gegenstehen. Wiewohl Lorentz unter den günstigsten Umständen, mit rastlosem Eifer, durch Erfahrung und Uebung so wohl vorbereitet, zwei
Jahre lang gesammelt hat, beträgt die Gesammtausbeute nur wenig über
900 Gefässpflanzen. Dieses Ergebniss wird jedoch noch weit bemerkens- |
werther, wenn wir den Schauplatz seiner Thätigkeit näher in's Auge fassen und von dem Gesichtspunkte ausgehen, dass mit der Mannigfal-
tigkeit der Lebensbedingungen die Verschiedenheit der Organismen zu- ;
nehmen muss.
Gehóren auch die diluvialen Pampas-Ebenen zu den einfórmigsteh — | Landbildungen der Erde, so gleichen sie doch darin den nordamerika- - nischen Prairieen, dass ihr Niveau bis zum Fuss der angrenzenden E Hochgebirge allmälig ansteigt. Nach’ den Angaben des geologischen a . Reisenden Maack 1) heben sich die Pampas vom Meeresufer bis Cordoba — |
1) Maack, geological sketch of the Argentine republic (Proceedings of the 1 |
Doston Society of Natural History, 13. p. 417 u. f. Boston, 1871.): die Höhenan- gaben sind oben abgerundet und auf Pariser Fuss reducirt. fs
PLANTAE LORENTZIANAE. 51
auf 1100'/, senken sich nordwürts in Santiago wieder zu 470°, erreichen im Süden der Provinz Tucuman 1500/— 1700/ am Fusse der Anden selbst sodann in Mendoza 2200', und zu Copacavana in Catamarca 3375'. Diese Niveauunterschiede finden ihren Ausdruck in dem Wechsel ge- wisser, vorherrschender Pampas-Pflanzen und zugleich unter dem Einfluss von Bodenbeschaffenheit und Bewässerung in dem Gegensatz der öst- lichen Grasfluren gegen die westliche mit Gebüsch bewachsene Chanar- steppe. Innerhalb dieser letztern sodann sind wiederum die Salinas vom salzfreien Boden, die Gebüsche von den lichten Waldungen zu besondern Vegetationsformationen abgegliedert.
Der bedeutendste Theil der Sammlungen stammt indessen nicht aus den Pampas, sondern aus den Gebirgen, aus der Sierra de Cordoba, der Sierra Aconquija in Tucuman und aus den Anden von Catamarca, Hie- mit war eine grosse Mannigfaltigkeit von klimatischen Einwirkungen und Standpunkten geboten, wodurch der geringfügige Umfang der Ausbeute nur um so auffallender hervortritt. Die Abhänge der Sierra de Cordoba sind von einem Walde bekleidet, dessen gemischte Baumarten gleich denen der Pampasbestünde endemisch, aber von diesen durchaus ver- schieden sind!) In weit hóherm Masse klimatisch individualisirt ist die Sierra Aconquija, die in ihrem nördlichen Abschnitt mit den Anden zu- sammenhängt und die Linie des ewigen Schnees erreicht. Frei ihre reich gegliederten, östlichen Gehünge den Luftströmungen des atlanti- schen Meeres entgegenstreckend, ist sie mit der bewaldeten Abdachung der tropischen Anden gegen das brasilianische Tiefland in gleicher Lage. Diesem Verhältniss entspricht die reichliche Bewässerung durch eine tropische Regenperiode, die Abstufung üppiger Waldregionen und die
1) Die Waldregion der Sierra de Cordoba besteht aus einzelnen Vertretern der Nyctagineen (Bougainvillea), Rutaceen (Zanthoxylon Coco), Urticeen (Celtis Tala), Terebinthaceen (Lithrea Gilliesii) und Apocyneen (Aspidosperma Quebracho). Die Gehölze in den Pampas von Santiago, Bestände von verschiedenen Algaroben (Proso- pis) und von einer Fücherpalme (Copernicia campestris), sind ausserdem durch Baum- formen aus den Familien der Rhamneen (Zizyphus Mistol), der Leguminosen (Que- brachia), der Santalaceen (Jodina) und der Biguoniaceen (Tecoma) bezeichnet.
G2
52 A. GRISEBACH,
Fruchtbarkeit der Landschaft, die sich am östlichen Fusse des Gebirgs um die Hauptstadt von Tucuman ausbreitet. Zwischen den näher am
Wendekreis gelegenen, baumlosen Pampas der Provinz Salta und den
südwärts sich anschliessenden, lichten Algarobenwaldungen in dem dürren Klima von Santiago del Estero und von dem Hauptzuge der Anden durch die wüste Geröllfläche des Campo del Arenal abgesondert, wieder- holen sich an der Sierra Aconquija noch einmal wieder unter dem 27. Grade südlicher Breite die Regionen der Montana von Peru und Boli- vien. Den untern Waldgürtel hat Lorentz daher mit Recht als subtro- pisch bezeichnet. Diesen grossartigen Waldbeständen, die in einem sonst so regenarmen Lande um so befremdlicher hervortreten, fehlen nur wenige von den Charakterzügen der durch ein tropisches Klima bestimm- ten Formenmischung von Bäumen !), Lianen, Epiphyten und sonstigen Schattengewächsen. Hier sind die meisten von den tropischen Familien vertreten, die über den südlichen Wendekreis von Brasilien aus sich bis in das argentinische Vegetationsgebiet ausbreiten. Lorentz selbst be-
merkt darüber in einer brieflichen Mittheilung: »in der herrlichen Ueppig-
keit dieser Wälder, wie sie nach Burmeister's Anschauung in den Ur- wäldern Brasiliens nicht schöner auftrete, mache sich doch das Gesetz der argentinischen Flora geltend, das einer grossen Einförmigkeit und Armuth an Arten« Die Unabhängigkeit der schöpferischen Mannigfal- tigkeit einer Flora an verschiedenartigen Organismen, wie sie das nahe Brasilien bietet, von dem Einflusse selbst der günstigsten Lebensbedin- gungen auf Wachsthum und Raumerfüllung bewährt sich hier aufs
1) Die Sammlung enthält aus der subtropischen Region von Tucuman 17 Arten von dikotyledonischen Bäumen, einige von 150 Fuss Höhe, keine Palmen. Einzelne Tropenformen, eine Bombacee (Chorisia) und Carica, sind aus Peru und Brasilien eingewandert, aber die Mehrzahl der Arten ist endemisch. Folgende Familien sind ausser den genannten darunter vertreten: Nyctagineen (Bougainvillea), Meliaceen (Cedrela), Sapindaceen (Cupania, Schmidelia), Polygoneen (Ruprechtia), Leguminosen (Machaerium , Quebrachia, Acacia: 3 Arten, Enterolobium), Myrtaceen (Eugenia), Laurineen (Nectandra), Myrsineen (Myrsine: 2 Arten), Solaneen (Jochroma).
PLANTAE LORENTZIANAE. 53
Neue, ohne dass eine Erklärung aus heutigen Tags noch wirksamen Kräften möglich erscheint.
Oberhalb der subtropischen Region von Tucuman folgen zwei Wald- regionen, die noch genauer denen der tropischen Anden entsprechen, ‚indem die Bäume, die sie zusammensetzen, dieselben Arten sind, welche auch dort in der gemässigten Region weithin verbreitet vorkommen. Den untern dieser beiden Waldgürtel nennt Lorentz die Aliso-Region nach einer Erle 1), die unter ähnlichen klimatischen Bedingungen die östlichen Cordilleren von Mexiko bis zum südlichen Wendekreis begleitet, und er beobachtete in diesem geschlossenen Erlenwalde noch zwei andere Bäume, die ebenfalls aus der Montana von Peru und Bolivien bekannt sind. Das Nämliche gilt von dem obern Waldgürtel (7000'—9000^, der bis zur Baumgrenze aus einer Rosacee?) ausschliesslich gebildet wird. Dieser Zwergbaum bewohnt die tropischen Anden vom Aequator bis Bolivien und hebt hier die Baumgrenze zu einem der tropischen Tem- peratur entsprechend hóherm Niveau: Lorentz hat einzelne Individuen derselben Art sogar noch weiter südwürts (319 S. B.) auf den entlegenen Höhen der Sierra de Cordoba angetroffen.
Auch die alpine Region der Sierra Aconquija zeigt viel Ueberein- stimmendes mit der des tropischen Boliviens, namentlich durch ihr Synanthereengesträuch 5) und durch das Ichugras, welches die Cordilleren von Mexiko bis Mendoza bekleidet. Auf den Anden von Catamarca ist derselbe Vegetationscharakter, welcher der Puna-Region des peruanischen Hochlandes entspricht, noch mannigfaltiger 9, aber doch zugleich in eigenthümlicher Weise ausgebildet. In der Provinz Catamarca wird der Raum zwischen der Sierra Aconquija, die sie von Tucuman scheidet,
1) Die Aliso-Erle ist eine Spielart von Alnus ferruginea und wird von einer Caprifoliacee (Sambucus peruviana), sowie von einer Conifere (Podocarpus angustifolia) begleitet.
2) Den obersten Waldgürtel bildet Polylepis racemosa.
3) Alpine Region von Tucuman: Baccharis densiflora; Stipa Ichu.
4) Alpine Region von Catamarca: Baccharis Tola und polifolia; Azorella madre- porica; Tessaria absinthoides.
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und den Anden von den weiten Flüchen des Campo del Arenal einge- nommen, die, als Travesia oder wasserlose Einóde bezeichnet, mit der jenseitigen Wüste Atacama am stillen Meere zu vergleichen sind. Da nach Philippi's Forschungen!) diese wüste, regenfreie Zone hier über die ganze Breite der Andenerhebung quer hinüberreicht und also die Atacama mit dem Campo del Arenal in ununterbrochenem Zusammen- hange steht, so fehlen den Gehüngen der östlichen Cordillere die Wald- regionen von Tucuman. Dennoch hat die Vergleichung der Flora von Atacama, die von Philippi bearbeitet wurde, mit der von Catamarca nur sehr wenige Arten ergeben, die beiden Abdachungen der Anden oder ihrer Puna- Region gemeinsam angehörten. Die Ursache liegt darin, dass die östliche Cordillere durch ihre Verwitterung oder Bodenbeschaffen- heit einen hóchst eigenthümlichen Abschnitt bildet, der viele endemische Arten?) erzeugt hat und nicht leicht von andern Pflanzen überschritten werden kann. Hier breitet sich, von Schneebergen umschlossen, in einem Niveau, welches zu 10000° geschätzt wurde, die weite Hochfläche der Laguna blanca aus, ein Seebecken, dessen Lagune eine gesättigte
fSalzlauge und dessen Boden ebenfalls salzhaltig ist, während die an-
stehenden Gesteine sich in einen beweglichen Sand umwandeln, dessen Anhäufungen in den Hochthälern, als wären es Gletscher, allmälig nach abwärts vorrücken, Lorentz ist der erste Naturforscher, der diesen geo- graphisch so wenig bekannten Theil der Anden erreicht hat und durch die eben mitgetheilten, seinen Briefen entnommenen Nachrichten über die eingeschränkten Bedingungen der. a Vegetation genügendes Licht verbreitet.
Aus der bisherigen Uebersicht geht hervor, wie überaus mannig- faltig gegliedert der Schauplatz ist, auf welchem der Reisende seine bo- tanische Thätigkeit entfaltet hat. Die allgemeine Erfahrung, dass mit
dem topographischen Wechsel der Lebensbedingungen die Mannigfaltig-
1) Philippi, Reise nach der Wüste Atacama.
2) In der alpinen Region von Catamarca und Tucuman hat Lorentz 120 Ge- fässpflanzen beobachtet (13 Procent der Gesammtausbeute), von denen mehr als 50 Arten unbeschrieben waren.
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keit der Pflanzenarten gleichen Schritt hält, bewährt sich auch hier in sofern, als die Fundorte, die in den Sammlungen verzeichnet werden, in den meisten Fällen sehr eingeschränkt sind. Aber um so auffallender und bestimmter äussert sich im Gegensatz zu den Nachbarländern, wenn man die Gesammtausbeute topographisch ordnet, die Eigenthümlichkeit der argentinischen Flora in der geringfügigen Artenzahl, die, damit der Boden von Vegetation bekleidet werde, durch Geselligkeit und Verviel- fältigung der Individuen ersetzt werden muss.. Und dazu kommt noch in Betracht, dass unter den gesammelten Pflanzen viele Arten fremden Ursprungs sich finden, die nachweisbar von auswärts eingewandert sind und zuweilen auf weiten Strecken in den Pampas die einheimische Ve- getation verdrängt haben. Weder im Klima noch im Boden der Plata- Staaten ist irgend ein V erhältniss nachzuweisen, wodurch die Einförmig- keit der Flora genügend erklärt werden könnte. Die durch das See- klima der südlichen, gemässigten Zone geförderte Dauer der Vegetations- periode, die Abnahme der Temperatur vom Niveau der Küste bis zum ewigen Schnee der Hochgebirge von Tucuman und Catamarca, die un- gleiche Bewüsserung, die noch weit gróssern Unterschiede in der Menge des atmosphärischen Niederschlags, der vom regenlosen Campo del Arenal sich bis zur atlantischen Niederung allmälig in solchem Verhältniss stei- gert, dass in einzelnen Jahren zu Buenos Ayres tropische Werthe des Regenfalls beobachtet werden!): alles dies sind Momente, wodurch die Mannigfaltigkeit vegetabilischer Organisationen in einem weit höhern Masse begünstigt erscheint, als in Australien und im Kaplande, oder gar unter denselben Breitegraden. in Chile, wo auf einem so viel engern Raume doch eine reichere Flora sich gestaltet hat. Auch die Mischung der Erdkrumen, die der Vegetation zu Gebote stehen, giebt keinen Auf- schluss: denn wenn auch die weiten Pampasflüchen anscheinend nur durch den Gegensatz des salzhaltigen und salzfreien Bodens gegliedert sind, so sind sie doch, wie irgend ein anderes Land, reich ausgestattet durch die grossen Hebungen krystallinischer und eruptiver Gesteine, die
1) Burmeister in Petermann's Mittheilungen, 10. 8. 9.
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ihre Gerölle und Verwitterungsprodukte bis zu einem gewissen Abstande über die Ebene ausgebreitet haben. Ueberhaupt zeigt sich schon darin, dass die Einförmigkeit der Vegetation auf den argentinischen Gebirgen ebenso bemerklich ist, wie auf den Pampas selbst, die Unabhängigkeit der Thatsache von solchen Einflüssen und eben hiedurch werden wir auf Bedingungen zurückgewiesen, die in der Vorzeit bei der Entstehung der heutigen Organismen wirksam waren. Diese zu ergründen aber finde ich keinen andern Anhaltspunkt, als dass die Pampas später, als die an- grenzenden Gebiete von Brasilien und Chile, als ein neues oder erneutes Festland vom atlantischen Meere entblösst worden sind. Ausser dem Diluvium, welches die Pampas bildet oder von noch jüngern Alluvionen bekleidet wird, hat man von den Anden bis zum Meere an der Ober- fläche keine ältere Sedimente aufgefunden, unter dem Diluvium dagegen Tertiärschichten mit Meeresprodukten nachgewiesen.! Wenn wir an- nehmen, dass lange, geologische Zeiträume zur Entstehung neuer Orga- nismen erforderlich sind, so würde hieraus gefolgert werden können, dass derjenige Theil von Südamerika, der später, als die übrigen, aus dem atlantischen Meere hervorgetreten ist, an eigenthümlichen Gewächsen der ärmste bleiben musste. |
Früher habe ich, durch die Einförmigkeit der argentinischen Flora bestimmt, die Frage aufgeworfen?), ob den Pampas überhaupt ein en- demischer Charakter der Vegetation zukomme, ob hier, wie in den neu- sten Zeiten, so auch früher nur Einwanderungen stattgefunden haben, . oder selbständig neue Pflanzenarten entstanden sind. Dieser bis dahin ungelöste Zweifel ist durch Lorentzs Entdeckungen vollständig beseitigt ‚worden, zunächst durch den eigenthümlichen Charakter von den drei Gebirgsfloren, die er erforscht hat, dann aber auch durch die Pampas- pflanzen selbst. Denn diese könnten vermöge der Aehnlichkeit der Vege- tationsbedingungen nur aus Chile, nicht aus dem tropischen Brasilien, eingewandert sein, und dass dieses nur selten der Fall gewesen, ergiebt .
1) Maack, a. a. O. p. 426. 2) Vegetation der Erde, 2. S. 464.
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sich aus der Vergleichung beider Floren. Im Ganzen betrügt die An- zahl endemischer Arten in den vorliegenden Sammlungen etwa 42 Pro- cent (390) der Gesammtzahl (928), ein Verhültniss, welches dem in andern, als selbständig betrachteten, natürlichen Floren gleich steht. Die Aus- beute an eigenthümlichen Arten, die in keinem der Nachbarlünder aufge- funden sind, schütze ich aus den Pampas selbst auf 23, aus den Gebir- gen auf 20 Procent.
Unter den eingewanderten oder mit den ‚Nachbarländern gemein- samen Arten ist das Verhültniss zur chilenischen Flora am meisten bemerkenswerth. Indem ich jeder Art den Verbreitungsbezirk, so weit es mir bekannt geworden, hinzugefügt habe, lässt sich die Richtung der Einwanderungen leicht feststellen. ^ Betrachten wir alle Arten, deren Wohngebiet über die Grenzen der argentinischen Flora hinübergreift, als von auswärts angesiedelt, indem sich die wahrscheinlich seltenern Fälle von Wanderungen in entgegengesetzter Richtung nicht mit Sicherheit absondern lassen, so sind am zahlreichsten diejenigen Gewächse, die, über einen grossen Theil des tropischen Ámerika verbreitet, den südlichen Wendekreis überschreiten (16—17 Procent der Gesammtausbeute). Fast ebenso gross ist die Zahl der in den tropischen Anden einheimischen Pflanzen, die auf die argentinischen Gebirge übergehen (über 16 Procent). Für diese und für diejenigen, denen ein grosses Wohngebiet zukommt, bietet die Erhebung der Anden nicht immer ein mechanisches Hinderniss der Wanderung, aber doch ist es bemerkenswerth, wie viel weniger Arten aus dem tropischen Amerika nach Chile verbreitet sind und wie gering im Verhältniss zur argentinischen Flora die Anzahl von tropischen Familien ist, die an der pacifischen Küste die Wüste Atacama südwärts überschreiten. Dagegen ist der Antheil der Flora des südlichen Brasiliens an der argentinischen sehr erheblich (12— 13 Procent) und unter den Arten, die diesen beiden Abschnitten des Tieflands gemeinsam angehören, finden sich nur äusserst wenige, die zugleich in Chile vorkommen. Bringt man nun noch die ubiquitären oder über ganze Erdzonen verbrei- teten (über 5 Procent), sowie die in Folge der Kultur angesiedelten Arten (3 Procent) in Abzug, so bleiben in der Gesammtreihe der als eingewan-
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dert betrachteten Gewächse nur diejenigen übrig, welche, ohne durch die Anden in ihrer Wanderung beschränkt zu sein, zugleich der argen- tinischen und der Flora des chilenischen Uebergangsgebiets angehören. Diese aber (28 Arten) sind so viel weniger zahlreich (3 Procent), als die brasilianischen, dass sich hieraus ergiebt, in welchem Umfange der ende- mische Charakter beider Floren durch die für die meisten Gewächse unüberschreitbaren Erhebungen der Anden bedingt und gesichert war. Es ist dies zwar dieselbe Erscheinung, die auch bei der Vergleichung der pacifischen und brasilianischen Abhänge der tropischen Anden Süd- amerikas wahrgenommen wird, aber mit dem wesentlichen Unterschiede, dass dort auch die klimatischen Bedingungen der Vegetation im höchsten Maasse ungleich sind, wogegen das nördliche Chile mit dem nur durch die Anden geschiedenen Abschnitte der Pampas in seiner Dürre überein- stimmt. Auch würde die Reihe jener wenigen, gemeinsamen Erzeug- nisse noch bedeutend vermindert sein, wenn nicht manche Arten von der Abnahme der Temperatur mit dem Niveau unberührt blieben und den Einflüssen der Wüste Atacama quer über die Anden folgen könnten. So bietet die Vergleichung beider Floren eins der ausgezeichnetsten Bei- spiele von der ursprünglichen Absonderung der Vegetationscentren, die nur deshalb ihre Erzeugnisse wenig mischen konnten, weil die übrigen nicht fähig waren, eine breite Wölbung von Hochgebirgen zu über- schreiten.
Der Endemismus der argentinischen Flora äussert sich nicht bloss in eigenthümlichen Arten und Gattungen, sondern auch darin, dass die Or- ganisation derselben den dortigen Vegetationsbedingungen am vollkom- mensten angepasst ist. Hierauf indessen bei dem gegenwärtigen Anlass einzugehen, beabsichtige ich nicht, um so weniger, als die Cacteen, eine der wichtigsten Vegetationsformen des dortigen Klimas, in den vorliegen- den Sammlungen nicht enthalten sind. Dagegen möchte ich den geo- graphischen einige systematische und morphologische Bemerkungen folgen lassen, zu denen einzelne, hier zuerst beschriebene Pflanzen den Anlass bieten. Zwölf neue, monotypische Gattungen habe ich aufstellen zu müssen geglaubt, wodurch sich die Anzahl der bisher bekannt gewesenen
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ungefähr auf das Doppelte erhöht hat. Bei den meisten scheint mir, um ihre Aufstellung zu begründen, die Beschreibung genügend zu sein, aber einige sind darunter, auf die ich wegen ihres merkwürdigen Baus die Aufmerksamkeit besonders zu richten wünsche, und dazu kommen mehrere Arten von anomaler Organisation, welche ich zwar wegen ihrer habituellen Aehnlichkeit mit bekannten Typen von diesen nicht getrennt _ habe, die aber ebenfalls in systematischer Hinsicht einer nühern Erlüu- terung werth erscheinen.
Caryophylleen. Bekanntlich beruht die Unterscheidung der Sileneen von den Alsineen auf der Verwachsung der Kelchblütter, in Folge dessen die Blumenblätter unguiculirt werden. Durch Mittelformen wird zwar die systematische Anordnung überall erschwert, aber die natürliche Ver- wandtschaft nur um so deutlicher dargethan. Eine solche Mittelstellung nahm bisher fast nur Gypsophila ein, Alsineen mit einem hoch ver- wachsenen Kelch waren nicht bekannt. Einen solchen Bau aber kónnte man sich vorstellen, da die Alsineen auch habituell von den Sileneen verschieden sind und Gypsophila eben aus diesem Grunde eine unzweifel- hafte Silenee ist. Anders verhält es sich mit der Gruppe der Polycar- peen, wie dieselbe von Bentham und Hooker aufgefasst worden ist. Diese ist zwar durch den einfachen, nur an der Spitze getheilten Griffel künstlich charakterisirt, stimmt aber habituell so vollständig mit den Alsineen überein, dass sie ebensowohl mit ihnen verbunden werden kann, um so mehr als die Apetalie oder Reduktion der Blumenblätter in beiden Gruppen vorkommt. Eine der Puna-Region eigenthümliche Gattung der Polycarpeen ist Pycnophyllum, die sich durch ihre convexen, aus eng verwebten und dicht mit Blattpaaren besetzten Sprossen gebildeten Polster auszeichnet, an denen die ungestielten, unscheinbaren Blüthen schwer aufzufinden sind. Von dieser Gattung wachsen zwei neue Arten in der alpinen Region von Catamarca, die eine, welche den bolivianischen nahe steht, auf Felsblócken, die andere auf dem Salzboden der Laguna blanca. Die letztere (P. sulcatum) besitzt nun den hochverwachsenen Kelch der Sileneen, von denen sie übrigens schon durch die sitzenden Blumen- blätter und durch den Griffel der Polycarpeen abweicht. Da der Bau
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übrigens mit Pycnophyllum übereinstimmt, so ist durch diese Art die angedeutete Verknüpfung der Alsineen im weitern Sinne mit den Sileneen verwirklicht.
Amarantaceen. Diese für die argentinische Flora charakteristische Familie zählt in unsern Sammlungen 20 Arten, von denen die Hälfte endemisch ist und zum grössern Theil unbeschrieben war. Die meisten neuen Arten lassen sich leicht den bestehenden Gattungen anreihen: die einzige, welche durch ihren anomalen Bau schwierig ist, stimmt im Habitus und namentlich in der ausgezeichneten, wie Baumwolle gebil- deten Bekleidung des Kelchs (innerhalb der 3 Bracteen und später weit hervorragend) mit Gossypianthus überein und kann von dieser Gattung nicht füglich getrennt werden. Ich vermuthe sogar, dass Moquin-Tandon dieselbe Art (G. australis) in der Tweedie'schen Sammlung aus Buenos Ayres vor Augen hatte, als er in dieser eine westindische Pflanze (G. lanuginosus) wiederzuerkennen glaubte. In diesem Fall aber hat er die Figenthümlichkeiten ihres Baus nicht wahrgenommen. Wiewohl sie nümlich in den von einander getrennten Staminen mit einfächerigen Antheren dem bisher angenommenen Gattungscharakter von Gossypian- thus entspricht, weicht sie schon durch die mit den ersten alterniren- den Staminodien von demselben ab, ist aber noch bei Weitem merkwür- diger durch ihre Insertion. R. Brown's Bemerkung !), dass zwischen den Amarantaceen und Chenopodeen kein absolutes, diagnostisches Merk- mal bekannt sei und dass dennoch beide Familien als durchaus natür- liche festzuhalten seien, besteht noch in voller Gültigkeit. Er legte in- ‚ dessen dabei ein Hauptgewicht auf die hypogynische Insertion der Ama- rantaceen, welches nur dadurch eingeschränkt werde, dass bei einigen Chenopodeen dieselbe Insertion vorkomme. Perigynische Amarantaceen dagegen wollte er nicht zulassen, indem er auf Gattungen dieses Baus, die Jussieu mit ihnen verbunden hatte, seine Gruppe der Illecebreen gründete, die man jetzt gewöhnlich Paronychieen nennt und die offenbar den Caryophylleen näher stehen, als den Amarantaceen. Der argentinische .
1) R. Brown, prodromus, p. 413.
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Gossypianthus nun besitzt einen Kelch, der nur bis zur Mitte gespalten ist und am obern Ende der Kelchröhre sind die Staminen und Stamino- dien, also im entschiedensten Sinne perigynisch inserirt. Von einer Ver- wandtschaft mit den Paronychieen aber kann in diesem Falle durchaus nicht die Rede sein. Demnach lernen wir hier eine perigynische Ama- rantacee kennen, gerade so, wie es andererseits hypogynische Cheno- podeen giebt. Die Bildung der den Kelch umschliessenden Bracteen, die Textur der Blüthe, ihre Wollbekleidung, endlich die Staminodien, die, nach Analogie von Gomphrena, an ihrem zugespitzten Ende eine Emarginatur zeigen, alles dies sind Momente, welche die nahe Verwandt- schaft mit andern Amarantaceen begründen.
Celastrineen. Unter den Dornsträuchern der Pampas von Santiago del Estero findet sich eine Celastrinee, die, wiewohl sie in Ermangelung der Frucht nur unvollständig beschrieben werden kann, doch der in der alten Welt einheimischen Gattung Gymnosporia am nächsten verwandt scheint. Dieses Gewächs ist durch die Stellung seiner Eier merkwürdig und verdient in Folge dessen als neue, monotypische Gattung (Moya) aufgestellt zu werden. Es ist bekannt, dass die typisch aufrecht gestell- ten Eier der Celastrineen in gewissen Fällen (bei Cassine, bei Arten von Evonymus) die entgegengesetzte Lage erhalten, indem sie von dem obern Theil des Fachs herabhängen, dass aber alsdann die ventrale Rhaphe zu einer dorsalen wird. Bei Moya nun enthält jedes der beiden Ovarium- fächer 'zwei Eier, die von einem aufrecht gestellten Funiculus herab- hängen. Hiedurch werden, indem die Rhaphe fast verschwunden ist, jene beiden Eistellungen der Celastrineen um eine dritte vermehrt und in eine noch engere Verbindung gebracht, Es ist ein ähnlicher Bau, wie ich ihn als lykytrop bei vielen Malpighiaceen zuerst beschrieben habe, nur dass bei diesen die Funiculi hängend sind, bei Moya aufrecht aus dem untersten Theile des Fachs entspringen. In keiner andern Fa- milie kenne ich eine völlig übereinstimmende Bildung, aber sie kann bei Moya mit Leichtigkeit davon abgeleitet werden, dass der obere Theil des Funiculus mit dem Ei unverwachsen bleibt: denn wenn er diesem anwüchse, würde der Bau derselbe sein, wie bei den typischen Celastri-
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neen. Beiden Stellungen der Eier ist es gemeinsam, dass ihre Mündung nach. abwärts gerichtet ist, während das hängende Ei von Cassine die entgegengesetzte Lage derselben bedingt.
Myrtaceen. Blattserraturen gehören in dieser Familie zu den gröss- - ten Seltenheiten, sie sind nur in der ihrem Typus ferner stehenden Gruppe der Lecythideen und auch hier nur in wenigen Füllen bekannt. In den Bergwäldern der Sierra Aconquija hat Lorentz einen Strauch mit scharf serrirten Blättern in Früchten gesammelt, der in diesem Ent- wickelungszustande von Myrtus nicht zu unterscheiden ist (M. serrati- folia) und in seinem Habitus mit dieser Gattung vóllig übereinstimmt. Wiewohl. auch die lederartigen Blätter dieses Strauchs nicht punktirt sind und derselbe sich demnach auch in dieser Beziehung den Lecythi- deen nähert, so konnten doch die Oeldrüsen der Myrteen, in dem Paren- chym versteckt, durch das Mikroskop nachgewiesen werden.
Sterrhymenia. So bezeichne ich eine merkwürdige, in Catamarca einheimische Pflanze, deren systematische Stellung ungemein schwierig - Zu bestimmen ist. Im áussern Ansehen hat sie eine gewisse Aehnlich- . keit mit Allionia und andern Nyctagineen, aber der Bau des Ovarium und die Beschaffenheit des Samens beweisen, dass sie nicht zu dieser Familie gehört. Zu der Auffassung, dass sie wenigstens in einer gewissen Beziehung zu derselben stehe, darf man sich auch nicht durch die auf- fallende. Bildung verleiten lassen, von welcher der N ame der Gattung abgeleitet ist. Das einsamige, membranöse Perikarpium wird nämlich, wie bei den Nyctagineen, von einer, jedoch viel fester erhürtenden Hülle eingeschlossen, die aus einer Umbildung der äussern Blüthentheile hervor- geht. Während aber die ähnliche Fruchthülle der Nyctagineen aus dem untern, abgelösten Theil der Perigonialröhre besteht, entspringt sie hier zE der ausserhalb der Corolla liegenden Kelchröhre. Wäre also eine wirkliche Homologie mit den Blüthenorganen der Nyctagineen vorhanden, 80 wärde die das Perikarpium frei umschliessende Cupula nicht ihrem
Perigonium, sondern ihrer Blüthenhülle entsprechen, aber es ist kein Grund vorhanden, die Blüthe von Sterrhymenia als unvollständig anzusehen und
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ihre vier Wirtel für etwas Anderes zu halten, als für einen Kelch, eine sym- petalische Corolle, epipetalische Stamina und ein freies Pistill. Von den sympetalischen Familien aber, denen sie in dieser Beziehung und in der Zahl der Blüthenorgane gleich steht, scheidet sie zunächst der Bau des Ovarium. Dieses zeigt, wie auch der endstündige, oben sichelförmig gebogene Griffel und dessen Narbe ungetheilt sind, eine sehr einfache Bildung: von dem obern Ende der Hóhlung hüngen zwei anatrope Eier herab, von denen nur eins befruchtet wird, und von dem Grunde des Ovarium erhebt sich eine unvollständige, zarte Scheidewand, die nicht bis zum Insertionspunkte der Eier hinaufreicht, sondern nur deren untern Theil von einander absondert, also nur bis zu einer gewissen Höhe die Höhlung in zwei Fächer theilt und nach der Befruchtung verschwindet. Massgebend für die natürliche Verwandtschaft ist sodann im Samen der von reichlichem Albumen umschlossene, axile, gerade, cylindrische Em- bryo, der bis zur Mitte getheilt seine Radicula nach oben richtet. Dass das Albumen kein Stärkemehl enthält, ist schon allein ein genügender Beweis, dass die Gattung mit den Nyctagineen nicht verwandt ist. Sie hat noch manche andere Eigenthümlichkeiten, die jedoch über ihre syste- matische Stellung keinen nähern Aufschluss geben. Dazu gehören: der schlaffe, unregelmässig verzweigte Wuchs; die drüsige Behaarung; die opponirten, durch schiefes Auswachsen des Stengels und der Zweige aus dieser Stellung verrückten Blätter, die wie bei Allionia gestaltet und ebenfalls in ihrer Paarung nicht ganz gleichwerthig sind; die sitzenden, geminirten, ursprünglich unmittelbar über dem Blattpaar terminalen, nach dem Auswachsen der Axe extraaxillaren Blüthen; der membranöse, durch ein sehr eigenthümliches, starkes Adernetz rigide Kelch, der sich über seiner Röhre in eigenthümliche Lippen spaltet; die regelmässige, tubulóse, in imbricative Zähne auslaufende Corolle; die ungleichen und in ungleicher Höhe derselben eingefügten 5 Stamina; endlich die zuletzt in eine Vertiefung der Axe sich einsenkende Cupula, wodurch die Festig- keit dieser Fruchtumhüllung noch erhöht wird.
Die einzige, mir bekannte Gattung, welche nach dem Bau der Blüthe in vielen Beziehungen, in noch höherm Masse aber in dem des
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Ovarium mit Sterrhymenia übereinstimmt, ist Cardiopteris, eine habi- tuell freilich weit abstehende, ostindische Liane, von welcher ich auch: nur Fruchtexemplare vergleichen kann. Ueber die sehr verschieden auf- gefasste Stellung dieser Pflanze hat R. Brown in den spätern Jahren seines Lebens ausführlich gehandelt, ohne jedoch zu einem bestimmten Ergebniss gelangen zu kónnen!) Wenn er eine Verwandtschaft mit den Phytokreneen annehmen zu können meinte, so fügte er doch selbst hinzu, dass ihm einige bedeutende Gegengründe nicht unbekannt geblieben seien. Da ich seine Annahme schon früher?) hinlänglich widerlegt zu haben glaube, unterlasse ich es hier, sie näher zu berühren. Blume gründete auf Cardiopteris eine besondere Familie 3), die nach seiner Meinung in die Nähe der Boragineen und Verbenaceen zu stellen sei, von denen sich die Gattung in der That wenig und besonders durch den albumi- nosen Samen mit einem sehr kleinen, ungetheilten Embryo unterscheidet: den Boragineen steht sie näher in der Inflorescenz, den Verbenaceen mit hängenden Eiern in dem Bau des Pistills.
Dieselben Gründe, welche mich schon damals bewogen, Cardiopteris als eine anomale Gattung der Hydrophylleen aufzufassen *), haben grössten- theils auch für Sterrhymenia Geltung. Denn diese Familie unterschei- det sich von den Boragineen hauptsächlich durch die unvollkommne Ausbildung des Embryo, der von reichlichem Albumen umschlossen wird. Die Anomalieen aber, wodurch sich die argentinische Pflanze von den Hydrophylleen entfernt, liegen in einer andern Richtung, als bei Cardiop- teris, wenn auch beide in den beiden hängenden Eiern übereinkommen. Der Blüthenstand hat nur dadurch eine gewisse Beziehung zum Gyrus, dass die beiden Blüthen, ohne Bracteen einander genähert, nach einander zur Entwickelung gelangen. Die Bildung der Cupula ist ganz eigen- thümlich und die Frucht hat in Folge dessen weder mit der Samara von
1) R. Brown in Bennett pl. javan. p. 241. u. f.
2) Bericht über die Leistungen in der eg Botanik f. 1852. S. 101. u. f. 3) Blume, Rumphia, 3. p. 205. u. f.
4) Bericht a. a. O. f. 1850. S. 97.
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Cardiopteris noch mit der Kapsel der typischen Hydrophylleen irgend eine Aehnlichkeit.
Verbenaceen. Diese Familie gehört zu den charakteristischen der argentinischen Flora, sie zühlt in unserer Sammlung 21 Arten, von denen fast die Hälfte endemisch ist. Unter drei neuen Gattungen, die ich nach Massgabe von Schauer's Monographie aufstelle, verdient Neosparton besonders hervorgehoben zu werden. Dies ist ein blattloser Strauch, in seinem Wuchse mit Spartium junceum oder mit Ephedra zu vergleichen, der den Flugsand des wüsten Campo del Arenal bewohnt. Gillies hatte bereits eine völlig blattlose Verbena aus Mendoza beschrieben (V. aphylla), von deren Abbildung!) unsere Pflanze schon durch die ungestielt an den Knoten sitzenden Blüthenähren auf den ersten Blick zu unterscheiden ist. Die generische Selbständigkeit aber beruht auf der durch Abort des zweiten Fachs einsamigen Steinfrucht, die an beiden Seiten durch einen vorspringenden Kiel erweitert ist. Aber weit merkwürdiger wird die neue Gattung dadurch, dass im Samen der axile Embryo von Albu- men umschlossen wird, und dass sie diesen Bau mit einer zweiten neuen, Lippia verwandten Gattung (Acantholippia) theilt. Denn bis jetzt war keine Verbenacee mit albuminosen Samen bekannt geworden, so dass durch die Entdeckung dieser beiden Monotypen der Charakter der Fa- milie wesentlich erweitert wird. Acantholippia ist ein sehr ästiger Dornstrauch vom Ansehen einer Salsolee mit winzigen, gelappten, succu- lenten und abwechselnd gestellten Blättern, der einen hervorragenden Bestandtheil der alpinen Gesträuche in der Ebene der Laguna blanca bildet. In beiden Fällen ist eine reichliche Ablagerung von Albumen vorhanden, aber bei Neosparton ist es von hornsruger, bei Acantho- lippia von fleischiger Textur.
` Gramineen. Unter den Gräsern ist die Gruppe der HP HMM in der Sammlung am reichhaltigsten vertreten und sie giebt zur Aufstellung von zwei neuen Gattungen Veranlassung, die beide besonders merkwür- dig sind (Cinnagrostis und Diachyrium). Als ich einen verbesserten Cha-
1) Hooker, Botan. Miscell. 1. t. 46. Phys. Classe. XIX. I
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rakter von Cinna entwarf!), die bis dahin mit Muehlenbergia verwechselt war, legte ich das Hauptgewicht auf die einnervige Palea, wodurch sie sich unter den Agrostideen so sehr auszeichnet: diese Auffassung der Gattung ist seitdem allgemein angenommen. Ich war daher sehr erstaunt, unter den Gebirgsgräsern der Sierra Aconquija eine Graminee vom Ha- bitus der Cinna arundinacea zu finden, durch welche das Verhältniss dieses Grases zu Agrostis in ein neues Licht gestellt und noch näher vermittelt wird. Wegen dieser Mittelstellung nenne ich sie, da sie auch übrigens eine besondere Gattung bilden muss, Cinnagrostis. In ihrer Rispe sind männliche und weibliche Blüthen gemischt: die Palea der männlichen Spicula nun aber ist zweinervig, wie bei Agrostis, die der weiblichen dagegen besitzt den einfachen Mittelnerv von Cinna. Von der letztern Gattung unterscheidet sich Cinnagrostis ausserdem durch Triandrie und durch das Rudiment einer zweiten Blüthe, welches nach oben mit langen Haaren besetzt ist.
Sehen wir hier demnach, wie die einfache Palea, einem einzigen Blatte durch ihren Mittelnerv anatomisch gleichstehend, nach dem Ge- schlechte der Blüthe zu einer zweinervigen werden und dadurch den Schein annehmen kann, als wäre sie aus zwei verwachsenen Blättern gebildet, so zeichnet sich die andere neue Agrostideengattung (Diachy- rium) in viel hóherm Grade dadurch aus, dass bei ihr die Palea wirk- lich durch zwei, völlig getrennte Blattorgane ersetzt wird. Diese Gra- minee gleicht im Habitus Psamma und ist dieser Gattung auch wirklich durch die festere Textur ihrer Glumen verwandt, sie vertritt die Form der Rohrgrüser auf dem alpinen Salzboden der Laguna blanca. Durch sie erhält die Ansicht, dass Psamma zu den Agrostideen zu stellen sei, eine neue Stütze, indem der Samen in ihrem Perikarpium frei liegt, wie bei Sporobolus. Der Bau ihrer Blüthe aber weicht von allen bekannten Gräsern ab und hat eine Tragweite, welche für allgemeine Fragen der mor- phologischen Methode nicht ohne Bedeutung ist. Eine Palea, die bei allen übrigen Grüsern in der Blattstellung Y, zur fruchtbaren Gluma an
1) Gramina rossica, in Ledebour Flora rossica, 4. p. 435.
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der Rhachis steht (Prosenthese — 0), ist hier nicht vorhanden: statt dessen finden wir zwei, an die Seite der Blüthe gestellte, von der Rha- chis und Gluma 90? divergirende Blattorgane, die in ihrer Form und Textur einer Palea gleichen und schon deshalb als dieser homolog gelten müssen, weil ihr Nerv kein Medianus ist, sondern in der Nähe des der Rhachis zugewendeten Randes verlüuft. Wenn daher die Innenründer beider Organe zusammenrückten und mit einander verwüchsen, so würden sie eine einzige, zweinervige Palea bilden und der typische Bau der Grasblüthe würe hergestellt. Man kónnte zunüchst in Diachyrium ein Argument für die ültere R. Brown'sche Theorie der Grasblüthe erblicken, nach welcher die fruchtbare Gluma mit der Palea als ein dreiblättriger Wirtel aufgefasst wurde. Allein diese Ansicht ist längst durch die ent- scheidende Thatsache widerlegt worden, dass beide Organe Axen ver- schiedener Ordnung angehören. Aber auch im vorliegenden Falle würde sie nicht einmal zulässig sein, weil die drei Organe von Diachyrium nicht, wie in einem Wirtel (um 120°), divergiren: den beiden Paleis folgen zwei grosse Lodiculae in der den Gramineentypus beherrschenden Blattstellung 1⁄2, welcher somit der Bau der Blüthe entspricht, wenn wir annehmen, dass bei dem Uebergang von der Rhachis zum Callus (ihrer Nebenaxe) durch Prosenthese die erste Palea um 90° verschoben ist. Von einem allgemeinern Gesichtspunkte aufgefasst, liefert uns diese Graminee den Beweis, dass ein einfaches Blatt (die Palea) durch ein System von Organen (hier von zwei Paleis) vertreten werden kann. Denn es lässt sich nach der Stellung der Organe nicht bezweifeln, dass, wenn ihre Entwickelungsgeschichte untersucht werden kónnte, hier nicht eine einzige, in zwei Segmente getheilte Palea vorhanden ist, sondern zwei Blattinitialen aus der Axe abgesondert hervortreten. Bei der Beurthei- lung polyandrischer Blüthen und in andern Füllen hat man schon häufig auf Verdoppelungen und Vervielfältigungen einfacher Organe geschlossen und das Vielfache dem Einfachen als morphologisch gleichwerthig be- trachten kónnen, aber der vorliegende Fall empfiehlt sich weiterer Er- wügung durch seine unmittelbare Anschaulichkeit und weil nur diese Auffassung denselben aus dem Plan der Grasblüthe abzuleiten vermag. I2
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Zur Vorsicht wird man sich dadurch gemahnt finden, nicht, wie es oft geschieht, in jedem für sich entstehenden Gebilde einen vollen morpho- logischen Werth zu erblicken, sondern vielmehr die Frage aufzuwerfen, ob dasselbe nicht in gewissen Fällen vielmehr dem Segment eines Blattes, als einem ganzen Blatt homolog sein könne.
Solche Erwägungen sind freilich nur durch die vergleichende Me- thode in der Morphologie zum Abschluss zu führen, nach der Entwicke- lungsgeschichte der einzelnen Pflanze würde die Blüthe von Diachyrium mit dem Organisationsplan der Gramineen sich nicht verknüpfen lassen. So giebt uns das Pistill der Primulaceen, als ein ungetheiltes Organ aus dem Torus hervorgebildet, durch seine Bildungsgeschichte keinen An- haltspunkt, ob es aus mehreren Karpellblättern zusammengesetzt sei, aber aus der Verwandtschaft mit den Lentibularieen, deren Narbe zwei- lippig ist, geht hervor, dass es seiner morphologischen Bedeutung nach den beiden Karpellblättern der meisten sympetalischen Familien entspricht!). Je weniger die entwickelungsgeschichtlicl Unterscheidung der Organe bis jetzt gelungen ist, um so mehr empfiehlt sich das Studium der natür- lichen Verwandtschaften als der Weg, von dem die Morphologie ausge- gangen ist, um die Homologieen im Organismus zu erkennen und da- durch zum Verstündniss des in seiner Entwickelung enthaltenen Plans zu gelangen.
Ranunculaceae.
1. Clematis Hilarii Spreng. Eichl. in Fl. brasil 13. I. p. 146 (forma $.: C. montevidensis Spreng.) — itc frequens ad sepes. (— »Brasil. austr.«)
2. (1.) Anemone decapetala L., Eichl. l. c. p. 151. Ab A. multi- fida Poir. magellanica specifice differt gynophoro demum cylindrico et sepalis angustioribus oblongis, deinde foliolis involucri sessilibus et rhi- zomate abbreviato-incrassato: forma tucumanensis est A. triternata V.,
1) In einzelnen Fällen können bei den Primulaceen drei Karpellblätter nach- gewiesen werden (vergl. Nachrichten der Göttinger Gesellsch. für 1874.)
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Eichl. 1. c. t. 35. II. B. et i. Mandon pl boliv. 868. — Tucuman: Tafi ad rivulos, Cuesta de Siambon non raro in pratis. (— »Brasil austr.«; Peruv.-Chile).
3. Thalictrum lasiostylum Prl. (ex descr. — Nomen vernac.: Albo- quilla del campo. Cordoba, ad ripam Rio primero. (— »Peruv.«)
4. (2. Ranunculus tridentatus Kth. — Wedd. Chlor. and. 2. p. 300. (exclus. syn. R. Cymbalariae DC.) tab. 82. A. — R. Cymbalariae sibiricus et himalayensis differt specifice petalis aequalibus in unguem angustatis et carpidiis demum apice breviter deflexo-incurvatis: in stirpe andina petala inaequalia exunguiculata et carpidia matura stigmate minuto recto terminata, habitus idem, herba in utraque stolonibus perennans (neque annua, ut habet Wedd. 1. c... — Catamarca, in graminosis udis Laguna blanca, inde alt. fere 10000', (Andes reg. Puna, a »Quito ad Chile«).
5. (3.) R. lancipetalus Gr. nov. sp. Euranunculus, perennis: fibrillis rhizomatis crassiusculis fasciculatis, supra collum ejus laniferum glaber „et in ramos paucifloros divisus, foliis imis caulinisque inferioribus longe | petiolatis: petiolo deorsum in vaginam amplexantem dilatato: lamina tri- partita: segmentis cuneato-rhombeis incisis dentatisque apice calloso acutis, superioribus minus divisis, pedicellis axillaribus terminalibusque striatis: toro glabro, floribus flavis (6"/ diam.) sepalis 5 patentibus, petalis 5—8 lanceolato - acuminatis calyce parum longioribus, gynophoro globoso, carpidiis ovatis compressis laevibus stylo tenui vix duplo breviori rectius- culo apiculatis. — Caulis spithameus, foliis paucis rosularibus cinctus eorumque petiolis duplo fere longior; folia ima lamina 2^ diam.; petala 21,5"! — 314%, carpidia l5'"^ longa. — Catamarca, in pascuis "p pec altas pr. Belen alt. 9— 10000".
TU EC R: pseudophilonotis Gr. nov. sp. Euranunculus, perennis: fibril- lis rhizomatis crassiusculis fasciculatis, villoso-pilosus, caule erecto in ramos paucifloros diviso, foliis imis caulinisque inferioribus longe petio- latis: petiolo deorsum in vaginam membranaceam dilatato: lamina tripar- tita: segmentis cuneato-rhombeis incisis dentatisque: dentibus apice callosis rotundato-acutiusculis, superioribus minus divisis, pedicellis termi- nalibus axillaribusque teretibus: toro glabriusculo, floribus flavis (10
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diam.), sepalis 5 reflexis sparsim pilosis, petalis 5 obovato — rotundatis calyce duplo longioribus, gynophoro globoso, carpidiis ovatis compressis laevibus glabris stylo subulato-lineari quadruplo breviori parum deflexo apiculatis, — Habitus R. Philonotis, sed proximus videtur R. glandulifero Poepp., a quo folis omnibus (etiam floralibus subsessilibus) ad basin divisis et calyce reflexo differt. — Caulis pedalis, pube patentissima undique ves- titus, foliis paucis rosularibus cinctus eorumque petiolis triplo fere longior; folia ima lamina 2^ diam.; petala 4“ — 5%, carpidia 1“ — 11 longa. — Catamarca cum praecedente, in pascuis alpinis pr. Belen, alt. 9—11000*. i ;
7. (5.) R. argemonifolius Gr. nov. sp. Euranunculus, perennis, caule procero piloso in ramos paucifloros diviso, foliis distantibus pinnatisectis sparsim pilosis ambitu oblongis: segmentis paucijugis discretis e basi late cuneata inaequaliter trifido-pinnatifidis: lobis ovatis v. oblongis apice . calloso rotundato-acutiusculis, inferioribus petiolatis, pedicellis terminali- bus axillaribusque teretibus, floribus flavis (14^^ diam.), sepalis 5 reflexis. glabris, petalis 10 spathulato-oblongis apice subretusis calyce plus duplo
longioribus. carpidiis —. — Habitus R. acris; ex Andicolis R. palimbi- folius Wedd. affinis videtur. Caulis bipedalis; folia caulina inferiora lamina 3^, petala 6 — 7“ longa. — Tucuman: Tafi ad rivulos in prae- ruptis. 8*. R. repens L. flore pleno. — Cordoba, ad aquaeductus juxta praedia. Berberideae.
9. Berberis ruscifolia Lam. Enc. t. 253. f. 2. Eichl. in Fl. brasil. 13. I. p. 232. — Nomen vernac. Quedradillo, Quebrachilla. Cordoba, in campis, praecipue in collibus (— »Bonar.«)
10. B. spinulosa St. Hil. ex descr. Eichl. l c. — Recedit a prae- cedente foliis majoribus latioribus margine plurispinulosis basi cuneata in petiolum distinctum attenuatis (nec subsessilibus): venis utrinque prominulis rete magis compositum formantibus arcubusque earum magis irregularibus et margini magis approximatis, fructu majori (5
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diam.): forma globosa convenit. — Catamarca, frequens in convalli ex- celsa Granadillas pr. Belen (— »Brasilia australis.)
Papaveraceae. 11*. Argemone mexicana L. — Nomen vernac. Cardo santo. Cor- dub. ubique in arenosis ad vias, in convallibus. 12*, Fumaria parviflora Lam. — Cordoba, ad vias inter praedia.
13*, F. agraria Lag. — Cordoba, in sepibus.
Cruciferae.
14. (6.) Cardamine axillaris Wedd. var. tucumanensis Gr. siliqua lon- giori seminibus 1 — seriatis. Folia pinnatisecta, segmentis 1—3jugis (termi- nali 5— 6^^ diam.); petala calyce duplo longiora, 1'!5'^ longa; siliqua 8—10% longa, pedicello duplo longior; semina anguste marginata, ma- tura uniserialia: in œ (Mand. pl. boliv. 904.) siliqua 4—5"^ longa, semina biserialia, folii segmenta conformia nostrae. — "Tucuman, in rivulis pr. Siambon (œ: Andes Boliviae).
15. Sisymbrium stenophyllum Gill. ap. Hook. Arn. — Species Arabidopsidis; stylus longitudine variabilis, nunc tenuis fere 1^" longus. — Cordoba, in fruticetis convallium, (a provincia Cordobensi: Gill. tran- sit »Andes Mendozae« usque ad terram Pehuenchensium in Chile australi: Lechler, nr. 3080): Syn. S. Lechleri Fourn.)
16. S. Arnottianum Gill. 1. c. Drabopsis seminibus minutis biseria- libus, iis vero striatis ad Alliariam tendens, habitu fere S. strictissimi ; folia nunc serrulata nunc repando-sinuata et incisa, inferiora longius petiolata, lyrata; petala 4^/ longa, obovata; siliquae e pedicello paten- tissimo plus duplo breviori arcuato-adscendentia, valvis nervo. carinatis : stylus longitudine variabilis, nunc demum 1% longus, stigmate capitato angustior. — Catamarca, in alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9—11000° prov. Mendoza et S. Luis.«
17. S. canescens Nutt. — Cordoba, ad vias inter praedia. Cata- marca, in pascuis alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9—11000°: forma magis puberula, floribus saturatius flavis, siliquis longioribus. (Species
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polymorpha, per Americam a 500 Lat. bor. juxta Andes ad 529 Lat. austr. extensa: S. myriophyllum Kth. sec Lechl. pl. peruv. nr. 1729. varietas est, nonnisi pedicellis demum erectis a bonariensi, ubi patentissimi sunt, distinguenda).
S. canescens var. appendiculatum Gr. foliis pinnatisectis segmentis distantibus patentissimis inferne pinnatifidis serratisve superne in acu- men integerrimum acutiusculum protensis, superioribus in rhachi decur- rentibus, petalis calyce sesquilongioribus. — Siliquae e pedicello paten- tissimo aequilongo adscendentes plane ut in œ, a quo pro petalis duplo fere majoribus et foliis acuminatis specifice distinctam putarem, nisi cl. As. Gray S. brachycarpum Richards. fere iisdem notis alienum ad S. canescens reduxisset. — Catamarca, in umbrosis pr. Yakutula.
18. (7.) Greggia montana Gr. nov. sp. foliis sessilibus, plerisque lanceolato-oblongis basi sagittatis, inferioribus inaequaliter dentatis, supre- mis lanceolato-acuminatis integerrimis, siliquis latitudine longitudinem styli superantibus septo angustissimo a latere complanatis. — Habitus G. camporum; pubes pulverulenta, in foliis parca; caulis basi suffrutes- cens, strictus, foliosus, bipedalis; folia inferiora basi attenuata exauri- culata, latiora, 2—3^ longa, cetera breviter in auriculas obtusiusculas deorsum producta, superiora decrescentia; racemi terminales et ex supre- mis axillis oriundi post anthesin longiores, l — 2pollicares: pedicelli erecto-patentes, 2— 3° longi; petala alba, spathulata, calyce sesquilon- giora, 11,’ longa; siliqua lanceolato-oblonga, pube stellata canescens, basi et apice acutiuscula, 5— 6'^ longa, 1° lata: valvis nervo carinatis ; semina numerosa, oblonga: testa versus placentam incrassatam lacerata. — Catamarca, in convalle alpina Granadillas.
19. Vesicaria montevidensis Eichl. in Fl. bras. l c. p. 302. tab.
67. fig. 2. — Cordoba, in pascuis siccis pr. S. Francisco, in collibus apricis pr. Malagueña (»Uruguay.). 20*. Capsella bursa pastoris Mch. — Cordoba, in umbrosis.
21. (8.) Lepidium marginatum Gr. nov. sp. Lepia, caespitosa, gla- brescens v. puberula, rhizomate sursum incrassato vestigiis foliorum apice vestito, caulibus adscendentibus paucifolis in racemos laxos terminales
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et axillares ebracteatos abeuntibus, foliis imis rosulatis lyrato-pinnatifidis v. extimis spathulatis repando-integerrimis: lobis breviter ovatis v. oblongo- rotundatis, plerisque obtusis integerrimis, nunc subdentatis, terminali obovato-rotundato, caulinis decrescentibus conformibus, sepalis margine lato albo-membranaceo cinctis corolla alba majuscula 4petala duplo bre- vioribus, staminibus 2, siliculis rhombeo-ellipticis supra medium ala angusta sursum dilatata supra loculum in apicem acutiusculum breviter pro- tensa cinctis: stylo ex parva emarginatura terminali breviter exserto. — Proximum L.gelido Wedd. Chl. and. t. 86. c., sed majus, palmare v. spithameum, caule foliato, foliis minus profunde divisis et inprimis sili- culae lobulis terminalibus acutiusculis distinctum. Folia ima (cum pe- tiolo) 9.—3^ longa, versus apicem 4—5“ lata; racemi multiflori, post anthesin elongati, 2—3“, pedicelli 4, sepala 1!5'^ longa; petala obo- vata, 3°, silicula fere 3‘ longa, calyce persistente cincta: stylo 1j; —5'^ longo. — Catamarca, in alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9— 11000”.
22. L. pubescens Desv. — Cordoba, frequens juxta praedia et ad ripas fluminum. Tucuman, in pascuis alpinis. Catamarca, in alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9—11000' (Andes a Mexico usque ad »Chile«: L. bonariense Auct.)
| Capparideae.
23. Cleome cordobensis Eichl. mscr. nov. sp. Pedicellaria, suffrutes- cens, ramosa, glanduloso-pubescens, aculeis minutis stipulata, foliis cau- linis ternatisectis: segmentis ovatis v. ovato-oblongis acutis, floralibus simplicibus ovato-oblongis acutis, sepalis lanceolatis corolla duplo bre- . vioribus, petalis filamenta subaequantibus: lamina subrotunda ungue fili- formi aequilongo suffultis, antheris circinato-recurvatis, siliquis (juniori- bus) glabris breviter oblongo-linearibus carpophoro filiformi pedicello subduplo breviori aequilongis. — Habitus C. diffusae, DC, statura pedalis; foliorum segmenta 1^, folia floralia 6°, pedicelli 4”, demum 6^", sepala 11/5'^, gynophorum 3° longa. — Cordoba, in collibus rupestribus raro pr. Las Penas.
24. C. flexuosa Gr. nov. sp. Pedicellaria, suffruticosa, ramis duris tortuoso-erecta, superne glanduloso-puberula, aculeis minutis stipulata,
Phys. Classe. XIX. K
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folis caulinis 5—3sectis: segmentis breviter elliptico-oblongis acutis, floralibus lanceolato-ellipticis utrinque acutis, sepalis lanceolatis corolla triplo brevioribus, petalis filamenta subaequantibus: lamina lanceolato- oblonga ungue filiformi plus duplo breviori suffultis, antheris apice recur- vis, siliquis glabris fusiformi-oblongis carpophoro filiformi pedicello triplo longiori fere sesquibreviori. — Magis lignosa et elatior, quam praece- dens; foliorum segmenta 6—14'^, pedicelli demum 6, sepala 2‘, pe- tala 6^", carpophorum 16° longa: siliqua ipsa 1^ longa, 3° lata; semina cristis lamelliformibus transversis appendiculata. — Santiago de Estero: in ripa fl. Rio Dulce.
25. Atamisquea emarginata Miers. — Frutex aromaticus. Nomen vernac. Aldamesqui. — Cordoba, in campis et convallibus (»Mendoza«, neque in regno chilensi lecta, ut habent Benth. Hook. gen. I. p. 110.)
Violaceae.
26. Jonidium Lorentzianum Eichl. mscr. nov. sp. suffrutescens, digi- tale, foliosum, pubescens, foliis alternis elliptico-oblongis cuspidato-acutis serratis brevissime petiolatis: stipulis lineari-acuminatis fimbriatis, pedi- cellis axillaribus petiolo vix longioribus, sepalis integerrimis ciliatis, 3 ovato-lanceolatis, 2 lanceolatis, labello obovato sparsim puberulo calycem ter superante, staminibus 2 anterioribus infra antheram gibbosis, ovario
glabrescente. — Proximum J. brevicauli Mart., cui stipulae diversae,
sepala dentata et folia majora. Folia 6—10“, stipulae 114°“, sepala
2‘, labellum 6“ longa. — Cordoba, in collibus lapidosis pr. Las Peñas. Polygaleae. |
21. Monnina pterocarpa R. P. Herba annua, 1!j—2pedalis, foliosa, inferne glabra, versus apicem puberula; carina infera; ovarium ovale, puberulum; capsula llocularis, ala utrinque emarginata integerrima cincta: loculo utroque fertili. Monendum, sphalmate typographico de- scriptionem Monninae in System. Bemerk. über Philippis und Lechler's Samml. (Abhandl. Gótt. Soc. 6. p. 12. lin. 27.) obscuratam esse, ubi legatur »petalum inferius«: ceterum carinam superam esse resupinatione interpre- tandam, ibi exposui. — Catamarca, frequens inter segetes pr. Yakutula (Peru»Chile«: Mandon pl. boliv. 836.)
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M. pterocarpa var. angustifolia Hook. Bot. Misc. 3. p. 147. Levis varietas foliis duplo angustioribus (4— 6° latis). — Catamarca, raro in arenosis ad fluvium pr. S. José.
28. M. brachystachya Gr. nov. sp. annua, stricta, puberula, inferne ramosa, superne nudiuscula, foliis lanceolatis acuminatis, racemo spici- formi brevi inferne interrupto, alis sessilibus ovatis, carina infera, sta- minibus 8, ovario glabro oblongo abortu uniloculari, achenio semiovato obtusato ala denticulata cincto latere venoso. — Habitus M. macrosta- chyae R. P. (coll Spruce ex And. Ecuador nr. 5977, ubi racemus elongatus, flores duplo minores, alae brevissime unguiculatae, achenium basi profunde emarginatum. Caulis pedalis, supra medium fere aphyl- lus; folia 1^ longa, 2—4'^ lata; racemus pollicaris: floribus imis remo- tis; alae carinam subaequantes, 2/" longae; achenium vix 2° longum,
ala angusta, — Tucuman. Catamarca, raro in fruticetis pr. Fuerte de Andalgala.
29. Polygala Neaei DC. forma glabra. Syn. P. subandina Philippi in Linnaea, 33. p. 17.! — Cordoba, in collibus rupestribus pr. Las Peñas (— Chile).
30. (9.) P. chloroneura Gr. nov. sp, Timutua, caespitosa palmaris, basi suffrutescens, caulibus adscendentibns puberulis superne pauciramo- sis foliosis, foliis sparsis linearibus acutis glabrescentibus, racemis termi- nalibus contractis capituliformibus: pedicellis longiusculis sepala breviora longitudine subsuperantibus, his ovato-oblongis acutis eglandulosis dorso pictis, alis triplo majoribus elliptico-oblongis mucronulato-acutis exungui- culatis pallidis supra medium dorso pictis petala 15 fere excedentibus, petalis lateralibus oblongis obtusis a carina breviter cristata distinctis, stylo brevi erecto superne in stigma subtruncato -cochleatum deflexum incrassato, seminibus semiovalibus pilosulis, caruncula in segmenta 2 ob- longo-linearia seminis lateri planiusculo applicita eique aequilonga pro- ducta. — Proxima videtur P. polycephalae St. Hil, cui folia breviora teretiusculo-acicularia et semina glabra tribuuntur. Folia 6—10% longa, 2/.—]1'^ lata; racemi 12—30flori; pedicelli demum 1%, flores 2^" longi. — 'Tucuman, in pascuis alpinis pr. Cienega.
K2
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Caryophylleae. 31*. Silene antirrhina L. — Cordoba, raro in arenosis ad fluvios. 32. (10). Melandrium cucubaloides Fzl. — Catamarca, in alpinis
pr. Belen supra convallem Granadillas alt. 9—11000° (— Andes chilenses).
33. (11). Arenaria diffusa Ell. — Syn. A. lanuginosa Rohrb. in Mart. Fl. bras. fasc. 56. tab. 63. — Catamarca, in convalle Granadillas pr. Yakutala, in alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9—11000° (extensa a Carolina ad Bonariam).
34*. Stellaria media Vill. — Cordoba, solitarie ad rivulos montanos.
35*. Cerastium viscosum L., Fr. — Syn. C. glomeratum Thuill. — Tucuman, in pascuis alpinis pr. Cienega.
36*, C. vulgatum L. Fr. var. peruvianum As. Gr., Rohrb. in Lin- naea, 37. p. 105. — Tucuman, in pascuis alpinis cum praecedente.
37. (12. C. soratense Rohrb. l. c. p. 109. — Catamarca in alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9—11000' (—Andes Peruv.: Lechl. pl. peruv. nr. 1771, ubi capsula longitudine varia nunc calycem aequat nunc duplo superat).
38. (13). Pycnophyllum convexum Gr. nov. sp. dense caespitosum, pollicare, foliis spiraliter imbricatis breviter ovatis acutiusculis concavo- convexis a medio in zonam coriaceam incrassatis margine et inferne scariosis, floribus terminalibus sessilibus apetalis oblongis, calycis seg- mentis ovato-oblongis obtusis, ovario (sterili) trialato stylo aequilongo. -— Proximum P. tetrasticho Rém., sed foliis brevioribus (24% longis) dorso convexo coriaceis ibique margine scarioso angusto tantum cinctis a des- criptione differt. Flores 2‘ longi, inferne foliis summis cincti, in nostris speciminibus steriles: calyx ad discum perigynum incrassatum partitus, segmentis 2 exterioribus, omnibus aequilongis scariosis stamina 5 (quorum: non omnia antherifera duplo superantibus; ovarium subrotundum , stylo filiformi vix apice diviso stamina aequante. — Catamarca, in rupibus alpinis caespites divisos (2—3^ latos) formans, Vayas altas pr. Belen alt. 9— 11000".
39. (14). P. sulcatum Gr. nov. sp. (Tab. I. f. I.) dense pulvinatum, ramis plerisque semipollicaribus late effusum, foliis spiraliter imbricatis
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breviter ovatis obtusiusculis concavo-convexis coriaceis sulco dorsali me- diano exaratis, floribus terminalibus sessilibus corollatis, calyce 5dentato: dentibus ovatis acutis, petalis lineari-oblongis obtusis calycem vix supe- rantibus, stylo filiformi corollam aequante quam ovarium trigonum duplo longiori, seminibus oblongis. — Species anomala, sectionem distinctam (Haloxeriam) formans, quo character Silenearum calycis aemulatur neque vero ulla affinitas indicatur: Lyalliae, ubi folia subtus plurisulcata, for- san magis quam cetera Pycnophylla accedit, a quibus separari nequit. Ramuli densissime intricati, erectiusculi; folia !/ — 24% longi, altero latere fere ad medium invicem connata, margine scarioso destituta, quandoque,minutissime ciliolata. Flores rari, qui exstant, foeminei 1/^ : longi; calyx ovatus, superne. scariosus: tubus 2/'^ longus, dentes triplo breviores; petala 5, disco minuto inserta, basi acuta sessilia, membrana- cea, pigmento rubescente tincta, filamentis anantheris aequilonga; ova- rium membranaceum, subrotundum, stylo apice tridentato: pericarpium (immaturum) utriculiforme, a basi in valvas lacerans, 5—7spermum. — Catamarca, in salsis convallium alpinarum inter Laguna blanca et Naci-
miento. j
40. (15). Drymaria glandulosa Prl. — Tucuman, in pascuis alpinis Cienega. Catamarca, in convalle superiori Granadillas (Andes »mexic.- boliv.«) :
41. Polycarpon suffruticosum Gr. nov. sp. perenne, diffusum, pal- mare, foliis quaternis inaequalibus v. oppositis lanceolatis acutiusculis v. inferioribus spathulatis, cymis terminalibus bis — quater divisis, floribus extimis ternatis alaribusque subsessilibus, calycis segmentis ovatis acutis, 2 exterioribus minoribus, petalis 5 obovatis integris calyce subduplo brevioribus, staminibus 3 disco perigyno insertis, stylo infra stigmata B minuta patula indiviso, capsula 15 — Z0sperma calycem duplo excedente, seminibus laevibus. — Rhizoma tortuosum; caulis a basi divisus, v. in- ferne nodis aphyllis lignescens, internodiis 6—8% longis, cum foliis glaber, at saepe pulverulento-glaucescens; folia 3—10% longa; . calyx l^" longus: segmenta margine angustissimo scarioso cincta, trinervia (nervis dorso parum prominulis majora staminibus opposita; petala alba;
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semina fusca, leviter curvata, semiovalia. — Cordoba, in campis ab urbe meridionalibus. hi tn
P. suffruticosum var. virens Gr. strictius, laete virens, haud pulveru- lentum, foliis longioribus acutis (majoribus 15" longis, 3 latis), floribus lateralibus longius pedicellatis, petalis paullo minoribus. — Cordoba, pr. Ascochinga.
42. Spergularia grandis Camb. Capsula in nostris speciminibus tri- valvis. — Cordoba, in pascuis siccis pr. S. Francisco, in arenosis ad flu- vium. pr. urbem (Brasil. austr., Peru, Chile«).
43. Pentacaena polycnemoides Bartl. — Syn. Acanthonychia ramo- sissima Rohrb. in Fl. bras. fasc. 56. tab. 56. — Cordoba, in arenosis pr. urbem (»Oregon-Chile« et Bonar. praecipue secus litora).
44. Mollugo verticillata L. — Cordoba, in rupestribus pr. Las Penas, Ascochinga; forma angustifolia in fruticetis Canada del Campo (America tropica et temperata).
45. Portulaca oleraceaL. — Cordoba, ad vias juxta praedia (Orbis zonae tropicae et temperatae).
46. P. mucronata Lk. (»Brasilia«).
47. P. grandiflora Hook. — Cordoba, in campis (»Brasil. austr. — Mendoza»).
P. grandiflora var. microphylla Hook. — Cordoba, infrequens pr. Las Peas, San Francisco. |
— Cordoba, in praeruptis pr. urbem
48. Grahamia bracteata Gill. — Nomen vernac. Vinagrillo. Genus monotypum formationis Florae argentinae occidentalis fruticosae. Frutex ultrasexpedalis, nunc in arbusculas arboresque scandens. — Santiago del Estero, constituit fruticeta in salsis pr. Chilque ( et Mendoza, praecipue secus fl. Desaguadero«).
—»deserta inter S. Luis
49. Talinum patens W. — Nomen vernac. Carne gorda. — Cordoba, frequens juxta praedia (Amer. trop. — Bonaria). Phytolacceae.
50. Phytolacca bogotensis Kth. — Tucuman, raro in praeruptis pr. Siambon (Andes Amer. austr. — Valdivia!). |
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. 51. Petiveria alliacea L. — Tucuman, frequens in sylvis subtro- picis (America trop. et ultra ej. fines.). 52. Rivina laevis L. — Cordoba, in rupestribus pr. S. Francisco, Ascochinga (America trop. et ultra ej. fines.).
Amarantaceae,
53. Celosia major. Gr. nov. sp. Lestibudesia, fruticosa, glabrescens, folis ovatis v. ovato-oblongis breviter acuminatis in petiolum abruptim contractis, paniculis patentibus: glomerulis in spiculas densifloras con- gestas crassiusculas coadunatis, sepalis oblongis mucronulato-acutis brac- teas ovatas acutas plus duplo superantibus, stylo trifido, ovario pauciovu- lato. — Affinis C. virgatae Jacq. (ex Fendl. Venez. nr. 1804), ubi folia multo minora in petiolum attenuata, rami paniculae breves, bracteae aristato-mucronatae. Frutex ultrasexpedalis; folia (etiam summa) 5—6” longa: petiolus 1—11/" longus; paniculae terminales et axillares deltoi- deae v. oblongatae, pedunculatae: axibus villosulis, siccae atrofuscae: ramis plerisque subsessilibus deltoideis, spiculis contiguis; flores 2/" longi, se- palis subinaequalibus 3—5 nerviis, bracteis adpressis exaristatis; stylus ovario aequilongus, ad medium in ramos erectiusculos divisus; fructus ignotus. — Tucuman, in sylvis subtropicis juxta rivulos pr. La Cruz.
54. Chamissoa celosioides Gr. nov. sp. suffruticosa, erecta, in ramos graciles paucos divisa, glabrescens, foliis ovatis acutiusculis, racemis terminalibus linearibus elongatis spiciformibus deorsum interruptis: glo- merulis 3—7 floris breviter pedunculatis, sepalis viridibus margine mem- branaceis oblongo-lanceolatis acutiusculis bracteas deltoideas, mucronatas duplo superantibus fructum subaequantibus, stylo filiformi breviter ex- serto: stigmatibus 2 brevibus patentibus, pericarpio ad medium circum- scisso: semine exarilato. — Habitus Celosiae brasiliensis Moq. (ex affini sp. peruviana ap. Spruce nr. 4929); ex semine solitario exarillato ad Lagreziam Moq. pertineret, sed a Ch. Maximiliana Mart. proxima generice separari nequit. Folia 2—1V5" longa, basi subtruncata; racemi 3—6” longi, glomerulis plerisque subaequidistantibus constituti, pedun- culis demum 1“ longis, floribus sessilibus v. brevissime pedicellatis;
wo A. GRISEBACH,
bractea dorsalis paullo major quam lateralis; sepala dorso convexa, 11/4‘ longa; pericarpium membranaceum, globosum; semen nigrum, ad lentem minutissime punctatum, opacum, biconvexo-rotundum, ad umbilicum minute impressum, margine acutiusculo. — Tucuman, in sylvis subtropicis, Cuesta de Periquillo.
55. Gomphrena perennis L. — Dill. ht. t. 20, ubi tubus stami- neus apice coccineus dicitur, qui in nostra. aurantiacus (Bot. mag. t. 2614 tubo magis exserto forsan ad affinem speciem brasiliensem pertinet). Species variabilis: folia in cordobensi forma saepe minora vix pollicaria, oblonga v. ovata, nunc utrinque incano-pubescentia, nunc supra pulveru- lento-incana, floralia 2 (— 4) ovato-subrotunda, acuta, calyx 2° longus, bracteae integerrimae v. apicem versus denticulatae, tubus stamineus bre- vissime exsertus. — Cordoba, frequens in arenosis ad fluvios, pr. urbem, pr. Las Peñas, S. Francisco (— »Bonariaq.
56. G. rosea Gr. nov. sp. Wadapus, perennis, spithamea, strigoso- lanuginosa, foliis lanceolatis breviter acuminatis apice mucronatis sub- sessilibus internodia inferiora subaequantibus, capitulo terminali hemis- phaerico: foliis floralibus 4 ovatis mucronato-acutis, sepalis superne ro- seis oblongo-linearibus apice obtusiusculo denticulatis concavis earinato- uninerviis: bracteis lateralibus crista destitutis ovato-oblongis acutis caly- cem dimidium superantibus, tubo stamineo demum breviter exserto: lobis terminalibus patulis, stylo bipartito. — Rhizoma descendens, caules paucos simpliciusculos strictos v. adscendentes emittens; folia virentia v. subtus incano-lanuginosa, 1— 2^ longa, 8—5“ lata, floralia 4—6% longa; capitulum subsolitarium, 8—10'^ diam.; sepala 4“ longa, inferne lanu- ginosa. — Cordoba, in collibus rupestribus pr. Las Penas.
57. G. ligulata Gr. nov. sp. Wadapus, suffrutescens, spithamea, strigoso-puberula, foliis oblongo-lanceolatis acutis apice mucronatis sub- sessilibus internodio brevioribus, capitulis terminalibus axillaribusque pe- dunculatis subglobosis: foliis floralibus 4 ovatis acutis capitulo duplo brevioribus, sepalis stramineo-albidis linearibus apice obtuso denticulatis liguliformi-planiusculis uninerviis: bracteis lateralibus crista destitutis ovato-oblongis acuminatis calycem dimidium superantibus, tubo stamineo
PLANTAE LORENTZIANAE. 81
flavescente demum brevissime exserto: lobis terminalibus abbreviatis re- curvis, stylo bipartito. — Et haec et praecedens a G. perenni caule bre- viori, floribus majoribus et sepalis apice obtuso denticulatis (neque acu-
minato-integerrimis) differunt. Caulis ex axillis pedunculos monoce- phalos terminali 3^ longo similes emittens: folia virentia, 1^, floralia 4—5 longa; capitula 1—1!/5" diam.; sepala 6/" longa, inferne parca lanugine adspersa. — Cordoba, frequens pr. urbem.
58. (15.) G. acaulis Rem. ex descr. Variat digitale et palmare, caule aphyllo v. ad medium diphyllo v. versus apicem plurifoliato, 1—3- cephalo, pedunculis axillaribus folium suffulciens sabaequantibus; rhi- zoma versus collum lanatum valde incrassatum, rosula foliorum caules cingente. Species a charactere generis recedit tubo stamineo apice 5- dentato, antheris apici dentium medio affixis, at cum Chnoantho Phil. generice vix distingui potest, tubo in pluribus speciebus varie apice effi- gurato. — Tucuman, in pascuis alpinis supra Cienega. Catamarca in alpinis, Vayas altas pr. Belen alt. 9— 10000". (»Bolivia«).
59. (16.) G. umbellata Rém. ex descr. Sepala in nostris speci- minibus pleraque abortiva v. unico superstite evanida, bracteis 3 albis membranaceis dilatato-rotundatis eorem vices gerentibus; tubus stami- neus apice minute lÜdentatus, dentibus alternis apice antheriferis; stylus bifidus, in stigmata linearia erecta divisus. — Catamarca, in convallibus alpinis arenosis inter Nacimientos et Laguna blanca. (»Bolivia«).
60. (17.) G. oligocephala Rem. var. ex descr. Recedit pluribus quas variabiles duco notis, scilicet capitulis majoribus (6—8'/^ diam. transv.), sepalis glabris (rhachi tantum pilosiuscula), tubo stamineo incluso. Herba annua, elegantissima, palmaris v. pedalis, pedunculis saepe elon- gatis umbelliformibus; variat quoque foliis /j—1l5" longis et utrinque glabrescentibus, bracteis lateralibus florem paullo excedentibus aut bre- vioribus, sed convenit cum descriptione structura floris et pube caulis
ferruginea. — Tucuman, in pascuis alpinis supra Cienega (— »Andes Boliviaeq.
61. G. pulchella Mart. ex ic. Bot. mag. t. 4064. Forma floribus 5/! longis, tubo stamineo calyce paullo breviori. — Catamarca, Sierra
Phys. Classe. XIX. L
82 A. GRISEBACH,
Aconquija in Cuesta de Chilca versus Fuerte de Andalgara declivi (Brasil. austr. — Bonaria«).
62. G. phagnaloides Gr. nov. sp. Wadapus, suffruticoso-perennis, palmaris, lanato-tomentosa, foliis ovatis v. elliptico-oblongis acutis sub- sessilibus supra incano- subtus niveo-tomentosis, capitulo terminali soli- tario longe pedunculato sabaphyllo subgloboso, sepalis stramineo-albidis oblongo-linearibus breviter acuminatis concavis inferne nervo incrassatis: lanugine copiosa: bracteis lateralibus calyce duplo brevioribus ovatis acutis dorso versus apicem crista angusta denticulata appendiculatis, tubo - stamineo calycem subaequante: lobis terminalibus longiusculis revolutis, stylo bipartito. — Descriptiones G. lanatae Poir. et affinium accedunt floresque dimorphi sunt, alii stylo abortivo in sectionis Pfaffiae charac- terem transeunt, sed nulli ex illis cristula bractearum datur. Caules ex rhizomate ramoso plures erecti, inferne foliosi, monocephali; folia 8— 12^' longa, 4—6'^ (— 3°) lata; pedunculus 1—2^ longus, capitulum 5—6” diam., rhachis inflata lanata: folia floralia nulla, v. unicum subro-
tundum; sepala 2° longa. — Nomen vernac. Alasema. Cordoba, in praeruptis pr. urbem. 63. G. elegans Mart. nov. gen. 2. t. 119. — Tucuman, frequens in
sylvis umbrosis subtropieis pr. Siambon (»Brasilia austr.-aequatorialis«).
64. Iresine celosioides L. Forma glabra, foliis ovato-lanceolatis (cf. Gr. Flora Westind. isl. p. 64.). — Cordoba, in rupestribus pr. S. Fran- cisco. Tucuman, pr. Rozo el alto (America trop. et ultra ejus fines).
J. celosioides var. macrophylla Gr. glabriuscula, foliis ovatis (5 — 8 longis) apice acuminatis in petiolum attenuatis, floribus pallide stramineis. — Tucuman, in baranca profunda pr. Siambon.
65. Philoxerus heliotropifolius Gr. nov. sp. suffrutescens, elongato- . diffusus, caule flaccido strigoso-puberulo, foliis petiolatis ovatis mucronato-
acutis cinereo-pulverulentis, junioribus strigulosis: venis subtus promi- nulis strigosis, capitulis hemisphaericis pedunculatis basi 4 — 6foliatis: foliis floralibus inaequalibus, sepalis ovato-oblongis acutis basi trinerviis bracteas laterales acutiusculas aequantibus inferne cum rhachi pilosis, stylo bifido. — Habitu accedit ad Gomphrenam perennem, etiam ad
PLANTAE LORENTZIANAE. 83
formas Alternantherae polygonoidis, a quibus petiolo longiusculo, tubo stamineo et stylo ad medium in ramos lineares diviso recognoscitur. Affinis videtur Ph. portulacoidi St. Hil, ubi »folia angusta, glabra, se- pala obtusa«. Pluripedalis; folia 1^ longa, 6—8% lata, internodiis in- ferioribus multo breviora; capitula 6/^ diam., foliis floralibus majoribus superata; sepala 2° longa; stamina ad medium in cupulam campanu- latam connexa, sinubus filamentorum angustis edentatis. — Cordoba, in ripa fluminis pr. urbem.
= 66. Gossypianthus australis Gr. (Tab. T. f. 2.) caule prostrato ra- moso villoso-pilosulo, foliis conformibus ovatis v. ovato-oblongis acutius- culis glabrescentibus v. subtus villosulis: venis subtus prominulis, capi- tulis axillaribus congestis albidis, bracteis ovatis membranaceis subener- viis glabris apice bifidis calyce paullo brevioribus: lobis acutis, calyce ad medium 5 fido: tubo ovato 10 nervi: nervis suturalibus ad faucem cum mediano confluis, lobis membranaceis uninerviis erectiusculis ovatis acutiusculis, staminibus perigynis fauci calycis insertis cum staminodiis bi- corniculatis alternantibus. — Syn. G. lanuginosus bonariensis Moq. ex loco. — Species insertione staminum in Amarantaceis anomala, sed ha- bitu, lana gossypina calycem extus obducente et plane involvente cete- risque characteribus ne generice quidem a Gossypiantho separanda, cujus sectionem insertione et staminodiis distinctam (Gossypiolam) formabit. Caules vage repentes, ultrapedales — digitales, internodiis saepe unciali- bus, ramulis ubique capituligeris abbreviatis; folia 4—6% longa, ima paullo majora et latiora, saepe evanida; capitula depresso-globosa, 3—4"/ diam.; calyx 1 longus; stamina distincta lobis opposita iisque multo breviora, filamento attenuato antherae uniloculari ovali aequilongo; sta- minodia calyci alternantia ovata bicorniculato-acuta, staminibus aequilonga; ovarium fundo calycis insertum, stylo brevi tubum calycis vix superante apice in stigmata 2 abbreviata diviso staminibus aequilongo; semen rotun- dum, compressum, dorso obtusum, fuscum. nitidum; lana more Gossypii intertexta et crispata, calyce multo longior, sub anthesi bracteis inclusa, e tubo calycis praecipue, etiam e rhachi oriunda. — Cordoba, frequens in arenosis sterilibus pr. Ascochinga (»Bonaria«).
84 ' — A. GRISEBACH,
67. Alternanthera pulchella Kth. var. ciliata Gr. foliis glabrescen- tibus ciliatis mucronato-acutis, capitulis paucifloris. — Folia 4—2% longa, inde similis est A. ficoideae R. Br. var. parvifoliae Moq., cui flores duplo majores et venulae foliorum in rete minutum connexae. Ha- bitus Polygoni avicularis, structura cum descriptione convenit: itaque ad sect. Telantheram transponenda est. — Tucuman, in Cuesta de Casilla (— »Venezuela«).
68. A. Achyrantha R. Br. Forma sepalis majoribus pungenti-aris- tatis, eorum pube ad dorsi aream basilarem restricta. — Cordoba, ad vias et ripas (America calidior et ultra mare atlanticum translata).
69. ‚A. albida Gr. — Syn. Telanthera Mog. ex descr. — Cordoba, frutex perfrequens pr. urbem, autumno (Majo) florens (— »Bonariaq.
70. Scleropus amarantoides Schrad. — Cordoba, frequens (Amer. trop.). T1. Euxolus muricatus Moq. — Cordoba, in campis, convallibus et ripis arenosis. (»Bonar. — Mendoza«). 72. Amarantus retroflexus L. — Cordoba, ad vias pr. urbem, pr. Ascochinga. Chenopodeae.
73. Chenopodium anthelminticum L. Fenzl in Mert Fl. bras. fasc. 37. t. 47. — Cordoba, frequens in ruderatis (America fere omnis).
74. Ch. ambrosioides L. — Tucuman, frequens in pratis pr. Siam- bon (America, inde translatum per zones calidiores).
75. C. foetidum Schrad. — Catamarca, in convalle Vayas altas pr. Belen alt. — 11000' (Amer. trop. — Bonaria).
76. Ch. chilense Schrad. ex descr. Forma paniculae ramis spici- formibus superne aphyllis. — Catamarca, in pascuis alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9— 11000" (»Chile«).
77*, Ch. murale L. — Cordoba, ad vias.
78. Roubieva multifida Moq. Fenzl. l. c. t. 48. — Cordoba, in campis (America tropica, inde translata in zonas calidiores).
79. Atriplex pamparum Gr. nov. sp. Obione, fruticosa, lepidoto-in- cana, ramosissima, foliis sparsis parvis spathulatis obtusis integerrimis
WE
PLANTAE LORENTZIANAE. 85
v. repandis subsessilibus, floribus monoecis: glomerulis o axillaribus, su- perioribus g, plerisque in spicam interruptam aphyllam dispositis, bracteis o subsessilibus cuneato-subrotundis ad medium connatis superne inaequaliter sinuatis dentatisque: dentibus obtusiusculis dorso venoso bicristatis: cristis in appendices distinctas breviter oblongas obtusas divisis. — Proximum A. cristato Kth., distinctum statura majori ultrasexpedali, foliis inte- gerrimis (raro quibusdam repando-sinuatis, nunquam acute denticulatis), et appendicibus bractearum obtusis. Rami inferiores divaricato-rigentia ; folia 4 (— 6%) longa, 1—2% lata, approximata; glomeruli sub ma- turatione fructus vix l^/ diam., g plurifiora 1!5'" diam.; sepala g 4— 5, subrotunda, membranacea cum macula viridi sub apice: bracteae utri- culo adhaerentes inferne diaphanae, supra medium cristaeque foliaceae; semen e funiculo pendens, compresso-rotundum, laeve. — Constituit cum tribus sequentibus speciebus vegetationem in desertis salsis pr. Santiago de Estero et inde usque ad fl. Rio Saladillo.
Spirostachys Ungern-Sternb. (non Sond.) char. reform.
Perigonium clausum, obpyramidatum, apice antrorsum declivi trun- catum, exalatum, bracteis spiraliter dispositis persistentibus. Utriculus perigonio adhaerens, semine verticali exalbuminoso, testa adpresse pu- berula, embryone inflexo, radicula cotyledonibus parallela iis breviori descendente infera. — Frutices erecti, ramosissimi, ramis alternis basi brevissime adnatis, foliis spiraliter dispositis carnosis adnatis, nunc in portionem vaginalem plane reductis, floribus in axilla liberis juxtapositis v. »solitariis«.
Structura seminis in specie originaria (S. Ritteriana Ungern-Sternb. Salikornieen pag. 100. adhuc ignota, inde comparanda est cum genere nostro, quo structura Salicorniae inter Salicornieas spirophyllas repe- titur.
80. S. vaginata Gr. nov. sp. foliis caulinis in portionem vaginalem cylindricam internodium totum vestientem reductis ramique articulati speciem effigurantibus, junioribus apice parum obliquo truncato-acutius- culis, mox circa axin aequaliter truncatis: diametro transversali inter-
86 A. GRISEBACH,
nodii longitudinali fere duplo breviori, amentis cylindricis, bracteis 5floris spiraliter dispositis peltatis dorso trapezoideo convexiusculis: stipite nodo partiali inserto sursum incrassato, semine obovato. — Nomen vernac. Jume. Frutex cortice fusco, ramis ramulisque patentibus, his omnibus demum lignosis, junioribus sub excisura vaginae foliaris basi brevissime adnatis; nodi vagina foliari apice patula quasi constricti, internodia penitus vestita, 1—3% longa; amenta 6—10% longa, 1^/ diam.; perigonia inter bracteas aequilongas conspicua, uniseriata, trigono-obpyramidata, 1/5'^ longa. — Santiago de Estero, in deserto salso cum praecedente.
81. S. patagonica Gr. foliis conico-convexis obtuse mucronulatis basi adnata ultrasemiamplexicauli quadrato-subrotundis contiguis: dia- metro transversali altitudinem excedente, amentis incrassato-cylindricis, bracteis foliis conformibus 3floris, semine obovato-oblongo. — Syn. Ha- lostachys Moq. sec. descr. ap. Ungern Sternb. 1. c. p. 109. — Frutex cortice cinereo, ramis ramulisque patenti-adscendentibus; foliorum basis diam. 1‘, amenta 3—6'^ longa. — Santiago de Estero, in deserto salso cum praecedentibus (— »Patagonia«). :
82. Suaeda divaricata Moq. ex descr. Frutex ultrasexpedalis; se- pala subrotunda, !5'^ longa, valde concavo-involuta, dorso convexo incrassato virentia, margine membranacea, staminibus duplo longiora; ovarium apice dilatato umbilicatum, stylis 2 brevissime ex umbilico ex-
sertis. — Santiago de Estero, in deserto salso cum praecedentibus (— »Mendoza«). 83. Boussaingaultia baselloides Kth. — Cordoba, in sepibus et fru- ticetis scandens. (Amer. trop. — »Bonariaq. Nyctagineae.
84. Ouybaphus bracteosus Gr. nov. sp. puberulus, apice glandulosus, caule erecto dichotome diviso tereti, foliis petiolatis e basi subtruncata ovato-acuminatis, floribus ternatis folia floralia oblongo-lanceolata subae- quantibus: fasciculis in cymam fastigiatam parum divisam dispositis, in- volucro unifloro infundibulari ad medium 5fido: lobis lanceolato-acumi- natis apice obtusiusculis, perigonio sesquilongiori: tubo ovoldeo, limbo
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infundibuliformi supra stricturam campanulato profunde 5fido, lobis ovato- oblongis obtusis, staminibus 3 e limbi portione campanulata breviter exsertis stylo superatis. — Habitu accedit ad O. chilensem Swt., pube breviori et involucri lobis bracteisque angustatis recedens. Folia inferiora 9" longa, 14,” lata, internodia subaequantia, superiora sensim angustiora ; involucrum sub anthesi 5°, perigonium 8'^, ejus tubus persistens 1^^ lon- gus. — Catamarca, in alpinis Vayas altas pr. Belen alt. 9— 11000".
85. O. campestris Gr. nov. sp. puberulus et sparsim pilosus, glau- cescens, caule erecto superne nudiusculo: ramis paniculae distantibus alternis: pedicellis abbreviatis folia floralia minuta subaequantibus, foliis e basi subtruncata ovato-oblongis obtusiusculis, superioribus abruptim decrescentibus, involucro unifloro cyathiformi ad medium 5fido: lobis late ovatis obtusis venosis, perigonio duplo longiori: tubo subgloboso, limbo infundibuliformi supra stricturam late campanulato ad medium fido, lobis ovato-subrotundis, staminibus 3 e corolla exsertis stylo superatis. — Habitus fere O. angustifolii Swt. Folia inferiora 1,” longa, 6% lata, petiolata, floralia oblonga 1—2"^ longa; involucrum sub anthesi 2°, peri- gonium 4°“, ejus tubus persistens 1” longus. — Catamarca, in campis arenosis pr. Punta de Balastro.
86. Colignonia glomerata Gr. nov. sp. glabra, caule compresso vage ramoso, foliis ovato-deltoideis obtusiusculis cystolithis flaventibus breviter linearibus utrinque lineolatis, pedunculis axillaribus terminalibusque sim- pliciusculis folio superatis, umbella in glomerulum fere contracta: pedi- celis flore demum brevioribus, calyce subgloboso 5dentato: dentibus minute deltoideis demum supra fructum inclusum conniventibus. — Herba habitu C. parviflorae; folia membranacea, longiuscule petiolata, 1—4” longa, 5/,—3^ lata, in pedunculis minuta, ovata; pedunculi patentes 6— 12“ longi: umbella 8-—3flora, bracteolis (post anthesin) carens. rudimen- tis earum glanduliformibus stipata; pedicelli demum nutantes 15" longi; calyx 1^/ diam., absque strictura persistens et fructum filamentaque 5 capillaria includens, haec nodulo hypogyno inserta; fructus subglobosus; embryo periphericus ultrasemicircularis, albumen centrale ambiens, cotyle-
88 A. GRISEBACH,
donibus subaequalibus a dorso superimpositis. — Tucuman, in sylvis Aliso pr. Cienega, Cuesta de Anfama. ;
87. Boerhavia hirsuta W. — Cordoba, ad vias. (Amer. trop.)
88. B. pulchella Gr. nov. sp. virgata, suffrutescens, scabro- pubes- cens, foliis ovato-oblongis obtusis cinereo-glaucis, floribus majusculis con- glomerato-umbellatis: umbellis in cymam terminalem dispositis inaequa- liter pedunculatis, perigonii tubo ovoideo demum costato, limbo qua- druplo majori turbinato-cyathiformi ad medium in lobos ovatos obtusos patentes diviso, staminibus 5 (— 3) exsertis. — Caulis basi lignosus, strictus, subsimplex, internodiis plerisque 3—4” longis; folia 1—11%“
longa, 8—10% lata, petiolata, superiora decrescentia, floralia lanceolato- acuminata, subsessilia, pedunculos subaequantia; bracteolae membra- naceae, sub anthesi persistentes, ciliatae, inaequales; cyma 3—4“ longa, bis — ter divisa, pedunculis medianis et interioribus brevioribus: spe- ciales umbelliformes, contractae, 10—20florae, pedicellis brevissimis ; peri- gonium 3% longum et apice latum , tubo pedicello et bracteolis majori- bus subaequilongo ; fructus (immaturus) compressiusculus, costis obtusis. — Cordoba, in arenosis ad fluvios et in convallibus.
89. Pisonia hirtella Kth. Forma foliis supra glabrescentibus eci- liatis; glandulae in perigonii costis superne sparsae, fere ut in P. sub- cordata Sw. et alia specie cubensi inedita (P. rotundata Gr. herb.), sub- sessiles, acutiusculae: in speciminibus mexicanis glandulae obsoletiores sunt. — Frutex »elegans, vage ramosus, ultrasexpedalis« — Tucuman, in sylvis subtropicis pr. Siambon (Andes Mexico — »Peruvia«).
90. Bougainvillea stipitata Gr. nov. sp. arborea, spinis rectis longius- culis, foliis glabris ovato-acuminatis apice obtusiusculis, pedunculis axil- laribus subsimplicibus folio superatis, bracteis ovatis obtusis, singulis
pedicelli portione libera stipitatis flore parum superatis, perigonio supra basin earum inserto puberulo infra medium demum constricto infra stric- turam clavato demum a dorso compresso 5costato supra eam anguste tubuloso apice breviter expanso: crenaturis limbi 10 rotundatis, alternis majoribus. — »Arbor«, spinis gracilibus 6—10% longis (e pedunculi basi persistente oriundis); folia 2—1,” longa, 12—10'^ lata, petiolo 6—4“
PLANTAE LORENTZIANAE. 89
longo; pedunculi supra nodum curvati, l^" longi, apice in pedicellos 3 infra bracteam 11/5^—1"^ longos diviso; bracteae demum 10—12"^ longae, 6—8'" latae, per spatium 1‘ solummodo pedicelli apici adnatae; peri- gonium 10—12/" longum, portio fructum includens 4^/ longa. — Cor- doba, in promontoriis pr. Ascochinga.
91. B. frondosa Gr. nov. sp. arborea, spinis rectis brevibus, foliis glabris ovato-acuminatis apice obtusiusculis, pedunculis axillaribus subsim- plicibus folio superatis, bracteis ciliolatis ellipticis acutiusculis sessilibus flore superatis, perigonio infra i earum inserto puberulo ad medium demum constricto infra stricturam elliptico-lanceolato a dorso compresso 5costato supra eam infundibuliformi: limbo (portione expansa) 15fido: lobis 5 ma- joribus ovatis obtusis, 10 minoribus rotundatis creniformibus e sinubus loborum majorum oriundis, omnibus intus dense glandulosis. — Proxima B. peruvianae Kth., ubi spinae elongatae et sec. iconem (Humb. pl. équin. t. 49.) pedicelli bracteae ad !/; adnati. — »Arbor mediocris« spinis 2—6'^ longis; folia 2—3” longa, 1—2^ lata, petiolo 3—9% longo; pe- dunculi cernui, 6 — 18^" longi, nunc trifidi; bracteae 8—10"^ longae, 6 —8'^ latae, 2^' supra basin florem exserentes; perigonium 10"^longum, portio fructum includens 4%, limbus 14a‘ longus. — Tucuman, in sylvis sub- tropicis pr. Siambon. Catamarca, in sepibus pr. Fuerte de Andalgara.
Hiypericineae.
92. Hypericum connatum Lam. — St. Hil. pl. us. t. 61. Nomen vernac. Oreja del gato. — Cordoba, in rupibus Cerro negro pr. S. Bar- tolo, rarius pr. Las Peüas et in Cerro de San Lorenzo (— »Uruguay et prov. S, Paullo Brasil.)
Saliceae.
93. Salix Humboldtiana W. — Cordoba, ad fl. Rio primiero (Amer. trop. — Chile). | Malvaceae.
94. Malvastrum spicatum As. Gr. — Cordoba, in fruticetis et ad vias pr. Ascochinga ultrasexpedalis (Zona trop. et in America ultra ejus fines).
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95. M. tricuspidatum As. Gr. — Tucuman, in pascuis montanis Siambon (Zona trop. et in America ultra ej. fines).
96. M. capitatum Gr. — Syn. Malva Cav. diss. 5. t. 137. f. 1. — Pedunculi pauciflori petiolum haud excedentes, floribus subsessilibus ; brac- teolae lineares; corolla purpurascens calycem parum excedens; carpidia 10— 12 dorso convexo stellato-pubescentia. — Tucuman, frequens in ru- deratis pr. Cienega. Catamarca, in campis pr. Pucará (— Peruvia Lechl. pl exs. 1707). |
97. M. peruvianum As. Gr. — Syn. Malva L. ex Jacq ic. rar. t. 186. — Pedunculi folium subaequantes, floribus subsessilibus secundis; bracteolae lineares; corolla purpurascens calycem subaequans; carpidia 10—12 dorso convexo stellato-pubescentia. Species polymorpha statura, foliis, numero florum, qui nunc spicati nunc glomerati. — Forma elata, adscendens, foliis obtuse trilobis, lobis lateralibus oblique patentibus, medio majori: Catamarca, frequens pr. Belen et Yakutula (— Andes bogotenses: Malva limensis Goudot pl. ess.)
M. peruvianum var. trisectum Gr. annuum, strictum, foliis fere ad basin tripartitis, segmentis tripartitis obtusiusculis v. acuminatis, laterali- bus patentissimis inciso-crenatis lobuloque exteriori auctis a medio subae- quali sinu late aperto divergentibus. — Catamarca, in fruticetis pr. Ya- kutula.
98. Sida parnassifolia Hook. — Hook. ic. pl. t. 385. recedit foliis paucicrenatis: nostra forma est var. lobulata Wedd. foliis circumcirca duplicato — v. inciso-crenatis. Ad Sidam revoco Malvastri As. Gr. species acaules, apud Weddell (Chl. andina, 2. p. 274—277.) ad Mal- vam reductas: nam in nostra specie radicula supera introrsum descen- dens, cotyledonibus íoliaceis inferis. Sectionem autem distinctam (Si- dastrum) formant, carpidiis depressis margine calloso muriculato-crenatis, calyce 5fido saepe 2bracteolato intus pubescente, tubo tereti. — Nostrae speciei sunt: calyx 2bracteolatus, ultra medium 5fidus, 3 longus, lobis ovatis acutis extus glabriusculis intus pubescentibus, bracteolis linearibus glabris calycem subaequantibus; petala obovata, 3° longa; carpidia 10, glabra, dorso planiusculo verrucosa, margine cristata, cristis callosis
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muriculato—6-Screnatis; embryo viridis, induplicativus, radicula fere ad cotyledonum apicem descendente, his rotundatis foliaceis. — Tucuman, - in planitie alta pr. Cienega (— »Andes Quito« — Boliv.: Mandon pl. boliv. 810.)
99. S. rhombifolia L. — Cordoba, in montibus pr. Ascochinga. Tucuman, ubique in pratis pr. Siambon et in sylvis subtropicis Cuesta de Periquillo (Zona tropica et ultra ejus fines).
100. S. macrodon DC. var. intermedia St. Hil. Fl. bras. I. t. 36. f. I. Carpidia 5 compressa, rotundato-obtusa, glabra, dorso rotundato carinata. — Cordoba, in campis pr. urbem, in collibus rupestribus pr. Las Peñas (— Uruguay, Brasil. austr.«).
101. Cristaria heterophylla Hook. Arn. — Syn. Sida Cav. ic. 5. t. 421. Forma foliis supra pubescentibus subtus albo-tomentosis, imis magis quam in figura citata divisis. — Cordoba, rarius in campis (—
102. C. corchorifolia Gr. suffrutescens, stricta, dense puberula, foliis longe petiolatis basi cordatis apice acutis argute serratis, inferioribus ovatis, superioribus oblongis, floribus axillaribus flavis : pedicellis gemi- nis v. solitariis petiolum subaequantibus, fructiferis deflexis, corolla caly- cem plus duplo superante, carpidiis 10 extus alis marginalibus loculo aequilatis ab apice usque ad basin cinctis dorso inter alas 3cristatis: cristis lateralibus inciso-dentatis, media denticulata, — Syn. Tetraptera parviflora Philipp.! in Anal. Univ. Chile, 1870. p. 165: nomen nec genericum nec specificum adoptandum. Habitus C. betonicifoliae Pers. sec. figuram apud Feuillée, alis secus margines carpidii decurrentibus a speciebus mihi no- tis chilensibus differt et sectionem distinctam (Gayopsin) notat. Caules pedales plures, simplices, e radice descendente erecti v. adscendentes, pube simplici cinerascentes; folia pube stellata incano-virentia, pleraque 2^ longa, 5—6“ lata, petiolo sesquilongiora, sinu angusto basi cordata, inferiora 1—1!/^ longa, 8— 10° lata, quandoque subangulata; pedicelli sub anthesi patentes, flore vix longiores, fructiferi 1" longi, a basi deflexi; calyx ad medium 5fidus, 11/ —2/" longus, lobis deltoideis; petala obovato- oblonga, 4—6'^ longa; styli 10,'stigmate capitato; fructus subglobosus,
M2
»Mendoza«).
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5—6/" diam.: carpidia a columella medio constricta apice in fila du- plicia (de quibus illa pendent) soluta, indehiscentia, margine utroque in alam deltoideam apice incuryam obtusam basi latiorem (11/2 latam) mem- branaceam producta, cristis dorsalibus longitudinalibus brevioribus et duplo quam alae angustioribus. — Cordoba, frequens in campis et arenosis ad fluvios pr. urbem. (Mendoza).
: 103. Abutilon pedunculare Kth. Semina matura laevia. — Cor- doba, pr. Ascochinga, Las Peñas (Amer. trop.)
104. A. niveum Gr. nov. sp. fruticosum, ramulis glabrescentibus, foliis cordato- subrotundis ad medium trilobis v. subintegris crenulatis supra puberulis subtus pube stellata tenui fulvo-tomentellis: lobis acutis, medio deltoideo majori, pedicellis axillaribus plerisque geminis petiolo duplo longioribus sub apice articulatis, calyce ad medium 5fido extus fulvo-tomentellis: lobis deltoideo-acutis, petalis obovatis niveo-albis caly- cem duplo superantibus, carpidiis 10—12 calycem subaequantibus rotun- dato-obtusis dorso tomentoso canaliculatis 4—5spermis, seminibus scabris pilosis, — Habitus A. biflori (Sidae Cav. diss. I, t. 9. f. 1.), cui »corolla lutea« Frutex excelsus, 6— 20' altus; folia 5—2“ diam.; pedicelli 114 — 2", calyx 10”, petala 20, carpidia 8‘ longa. — Tucuman, Cuesta de S. Jervies. :
105. Sphaeralcea bonariensis Gr. — Syn. Malva Cav. diss. 2. t. 22. f. 1. M. prostrata Phil.! 1. c. p. 163. — Comparatur a Hook. (Bot. misc. 3. p. 151.) cum S. cisplatina St. Hil., cui »caulis fruticosus, flores axillares racemosi«: in nostra vero caules pedales, ascendentes suffrutes- centes, flores in axillis congesti et in apice caulis approximati. — Cor- doba, in campis et ad ripas pr. urbem, in collibus pr. Ascochinga (»Bona- ria« — Mendoza). |
106. S. rhombifolia Gr. nov. sp. fruticosa, pube tenui adpressa glauco-cinerea, foliis rhombeis obtusis v. obtusiusculis supra basin late cuneatam aequaliter crenatis petiolo duplo longioribus, pedicellis axillari- bus petiolo multo brevioribus subternatis v. solitariis, bracteolis lineari- bus calyce multo brevioribus deciduis, calycis tubo profunde 5fido: lobis ovato-acuminatis, petalis obovatis roseis calyce sesquilongioribus, carpidiis
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10 muticis apice rotundatis 3spermis latere infra medium reticulatim ex- sculptis dorso planiusculo pubescentibus. — Frutex foliosus, a S. glome- rata (Malva Hook. Arn.) fasciculis florum pedunculo communi carentibus prima fronte dignoscendus; folia 2—3” longa, 1—1!5^" lata; corolla 1^ diam.; styli stigmate capitato; carpidia demum bivalvia, semilunaria, 2 longa. — Tucuman, in campis, c. c. pr. Graneros, ubi vastas plagas omnino obducit.
107. Pavonia hastata Cav. diss. 3. t. 47. f. 9. — Cordoba, in colli-
bus rupestribus pr. Las Peñas, S. Francisco (»Bonaria — Brasil. austr.«)
108. P. spinifex Cav. — Tucuman, in sylvis subtropicis (Amer. trop.)
Bombaceae.
109. Chorisia insignis Kth. nov. gen. t. 485. f. I. Arbor ultra- centumpedalis, supra basin ventricosa (Lor. in sched.). Nomen vernac. Palo borracho. — Tucuman, in sylvis subtropicis pr. La Cruz (»Andes. aequatoriales — Peruvia: Spruce pl. exs. 3928 !).
Buettneriaceae.
110. Melochia anomala Gr. mov. sp. Eumelochia frutescens, pilosa, foliis ovatis oblongisque rotundato-obtusis crenato-serratis: crena- turis basi saepe superincumbentibus, stipulis linearibus petiolo brevioribus, fasciculis paucifloris axillaribus: pedicellis calyce petioloque brevioribus, calyce bracteolis linearibus longiori profunde 5fido: lobis oblongo-lanceo- latis acuminatis, petalis roseis calycem fere duplo superantibus, stamini- bus supra basin distinctis, stylis basi connexis pilosis, capsula . . . — Species habitu Sidae, venis foliorum primariis in marginem non excur- rentibus anomala. Folia sparsim pilosa, 16—8'/" longa, 12—6’” lata, inferiora subrotunda, superiora oblongata, petiolo 5—3% longo; calyx augen petala 6° longa, haec in limbum obovatum dilatata, staminibus fere duplo longiora; filamenta petalis opposita, tuboque brevi iis adnexa, margine membranaceo latiuscula, anthera erecta extrorsa, loculis oblongis; ovarium loculis 2ovulatis bangulare, in stylum attenuatum, hoc in ramos 5 apice clavatos stamina subaequantes diviso. — Cordoba, in collibus
apricis pr. Malagueno.
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Euphorbiaceae.
111. Jatropha excisa Gr. nov. sp. Adenorhopium, frutescens, foliis profunde 3—5partitis glabris glanduloso-ciliatis: glandulis marginalibus globosis stipiti aequilongis: segmentis sinu exciso obtuso distinctis bre- viter cuspidatis repandis v. crenatis, exterioribus semiovatis, mediis obo- vatis: glandulis petiolaribus et stipularibus divisis setiformibus apice incrassatis, cymis contractis rubrifloris: pedunculo piloso, calyce 5partito: segmentis ovatis acutis glanduloso-ciliatis corolla d' fere triplo superatis, glandulis corollae alternis subglobosis, staminibus 8—10, interioribus fere ad apicem connatis, exterioribus a media columna secedentibus patentibus: antheris omnibus subaequalibus, ovario glabro: stylis abbreviatis in stigma crassiusculum bifidum abeuntibus, capsula oblonga. — Proxima J. gossypifoliae et clavuligerae, ab illa foliis fere ad basin divisis: parte connexa 2/" fere diam., glandulis marginalibus breviter stipitatis, segmentis dilatatis staminumque structura distinguenda, glan- dulis stipularibus conveniens. Folia 6—3“ diam.: segmentis 2— 117^ latis: petiolus aequilongus; calyx 1‘“ longus; petala obovato - oblonga, fere 3°, capsula 6° longa. — Catamarca, in collibus siccis pr. Recreo et pr. Fuerte de Andalgara.
112. J. macrocarpa Gr. nov. sp. Adenorhopium, frutescens, foliis 5partitis glabris margine eglandulosis: segmentis mediis late ellipticis, exterioribus semiovatis, omnibus acutiusculis: stipulis dilatatis deciduis petiolisque nudis, cymis contractis: pedunculis breviter racemosis prui- nosis, calyce 5partito: segmentis ovato-lanceolatis margine glanduliferis: glandulis sessilibus corolla g fere triplo superatis, glandulis corollae alter- nis subglobosis, staminibus 10 basi connatis: filamentis 5 exterioribus duplo brevioribus patentibus: antheris subaequalibus breviter oblongis, ovario glabro: stylis abbreviatis crassiusculis breviter emarginatis , cap- sula grandi ovoideo-oblonga. — J. Weddeliana Baill. minus nota con- ferenda est. Caulis 6pedalis, crassus, superne herbaceus, ramosus; folia 3—2“ diam.: petiolus subaequilongus, segmenta integerrima, basi per 4—6^ connexa, sinu angusto; cymae pauciflorae, pedunculis 3—6% lon- gis. bracteis lanceolatis; calyx 1—2% longus; petala obovato-oblonga,
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4—5“ longa; capsula lignosa, 16” longa et lata; semina ovoideo- -oblonga, 8° longa. — Catamarca, in declivibus siccis pr. Fuerte de Andalgara.
113. Janipha anisophylla Gr. (Manihot Müll. Arg. ined.) Species J. carthagenensi (Jatrophae Jacq. amer. pict. t. 244.) foliis simillima, distincta perigonii segmentis ovatis fructuque duplo brevioribus (flos d 3/", fructus 6—7 longus). Frutex 3pedalis. — Cordoba, in rupestribus apricis pr. Ascochinga. Catamarca, in declivibus siccis pr. Fuerte de Andalgara.
114. Croton sarcopetalus Müll. Arg. ined. Proximus C. tarapotensi Müll Arg. (Spruce, 4138!), quocum convenit folis discoloribus et se- minibus oblique et valide rotundato-costatis, sed a quo differt foliis angustioribus (4^ longis, 2^ latis) eorum tomento tenuiori, venis infimis subtus vix prominulis tenuibus et inprimis semine majore (fere 2^, nec 11% longo) — Cordoba, in sylvis umbrosis pr. Ascochinga).
115. C. tucumanensis Gr. nov. sp. Cascarila, ramulis angulosis puberulis, foliis ovatis (v. ovato-oblongis) cuspidato-acuminatis denticu- latis (v. repando-integerrimis) longe petiolatis supra puberulis v. glabres- centibus subtus pube sparsa glauco-cinereis (v. dense albicantibus) basi subtus biglandulosis: glandulis patellaribus sessilibus, racemo terminali inferne 9, calycis 9 segmentis lanceolato-acurminatis, staminibus 15—20, capsula pubescente, seminibus subcompresso-ovoideis dorso breviter, ventre validius oblique rotundato 3—-4costatis. — Proximus ex descr. C. soratensi Müll, pube fere amissa distinguendus. -Frutex ultra sex- pedalis. Folia in forma primaria 4—6” longa, 2—3” lata, inaequaliter serrato-denticulata, membranacea, leviter subtus pubescentia, petiolo 115—3" longo; racemus gracilis, 4— 6^ longus, floribus demum 2—3% distantibus, plerisque in bractea solitariis; capsula 27, semina nitida, plumbeo-nigricantia, 11,’ longa. — Tucuman, in sylvis subtropieis pr. Siambon, Cuesta de la Puerta.
C. tucumanensis var. oblongatus Gr. foliis ovato-oblongis subtus cinereo-tomentellis repando-integerrimis v. obsolete denticulatis. — Se- mina cum g. conveniunt; folia 3^ longa, 1!/" lata, longius acuminata.
— Tucuman, frequens in declivibus montanis pr. Siambon.
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116. C. Lorentzii Müll. Arg. ined. Affinis C. flaventi L., sed glan- dulae folii basilares sessiles scutellatae et semina pallida, majora (2 longa). Folia 1^ longa, 6—8% lata. — Cordoba, in arenosis ad flumina.
117. QC. argentinus Müll. Arg. ined. Habitu accedere videtur ad C. migrantem Cas., sed Elutoria stylis in ramos bifidos bipartitis, capsula major, 4° longa. Fruticulus ramosus foliosus, lepidibus in pubem stel- latam dissectis albidus, foliis oblongo-lanceolatis acutiusculis subsessili- bus, 1^ longis, 2—3'^ latis. — Cordoba, in collibus rupestribus pr. Las Peñas, in sylvis montanis Cerro de S. Roque.
118. C. myriodontus Müll. Arg. ined. Barhamia, habitu ad C. ovalifolium West accedens, foliis dense glanduloso-serrulatis et calycis 9 segmentis lanceolato- acuminatis stellato - tomentosis capsulam includenti- bus insignis, C. siderophyllo Müll. affinis videtur. Folia 11,‘ longa, 6^' lata, acutiuscula, subtus cinereo-pubescentia; capsula 4 longa. — Cordoba, in rupestribus pr. Las Peñas.
119. C. glandulosus L. Forma foliis magnis (2—3^ longis) rhombeo- ovatis, nunc herbacea, tripedalis, nunc suffruticosa, sexpedalis. — Cor- doba, in fruticetis pr. urbem, in sylvis umbrosis montanis pr. Ascochinga (America calidior).
120. C. pauperulus Müll. Arg. Euph. p. 671. Radix annua. Caulis erectus, foliosus, 3—6” longus. Folia plerumque rotundato-obtusa, ovata, ovalia v. ovali-subrotunda, 1—1/,^ longa, 10—16*^ (— 8°) lata, utrinque virentia. Calycis d' segmenta ovalia, glandulae rubrae opposita, petalis lanceolato-oblongis aequilonga; calycis 9 segmenta ovato-lanceolata, intus ' basi glandulis geminis rubris instructa glandulisque virentibus (petalorum rudimentis) alterna. Ex stylis bifidis meae definitioni sect. Geiseleriae (Flora Westind. Jsl. p. 41.) respondet et praecedenti certe affinis est. — Santiago de Estero, ubi formationem herbaceam soli arenosi salsi ad fl. Saladillo praecipue constituit.
121. C. subpannosus (Julocroton Müll. Arg. ined.. Frutex albo- tomentosus, inflorescentia capituliformi cum C. montevidensi (Julocr. Klotzsch) conveniens, foliis ovatis acutiusculis anguste denticulatis 5ner- viis (2—3^ longis), calycis 9 segmentis asymmetricis resupinatis bracteis-
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PLANTAE LORENTZIANAE. 97 que in lacinias lineares divisis, styli ramis 4fidis, seminibus laevibus, — Cordoba, in sylvis montanis pr. Ascochinga.
122, C. dentosus Gr. — Syn. Julocroton serratus Müll. Arg. ined, (non Croton serratus ej.) Praecedenti affinis, sed caulis spithameus, suf- frutescens, folia subrotunda, supra basin truncato-rotundatam grossius argute dentata, penninervia, apice rotundato-obtusa, calycis 9 segmenta in lacinias breviores divisa, pinnatifida, stylus inferne longius setosus; convenit styli ramis 4fidis, seminibus laevibus et tomento albido, — Cordoba, in convallibus pr. urbem.
123. Chiropetalum tricuspidatum Juss. var. angustifolium Gr. foliis lineari-acuminatis (1^ longis, 1— 1⁄4% latis). Racemi pauciflori. — Cor- doba, in fruticetis convallium (æ — »Peruvias et Chile).
124. Polyboea Lorentzii Gr. — Syn. Bernardia Müll. Arg. ined. — Species proxima P. caperonifoliae (Bernardiae Müll. Arg. Euph. p. 920.) distincta foliis elliptico-oblongis v. lanceolato-oblongis obtusiusculis (2 — 1/5" longis, 10—5‘ latis), spicis g brevioribus (3—4*^ longis et pedun- culo 4—6^^ longo suffultis), antheris (5) biglobosis rima laterali dehis- centibus, calyce 9 5partito. Suffrutex 1—1V,pedalis; calyx g 3parti- tus, 1'^ longus; styli brevissimi, 2partiti, ramis integris reflexis; capsula 3“ diam.; semina ovoidea, a dorso compressa Nomen vernac.: Gran- dillas. — Cordoba, in convallibus pr. urbem.
125. Acalypha cordobensis Müll. Arg. ined. Affinis A. infestae Poepp. Endl. Caules pedales, basi suffrutescentes, foliosi, pubescentes et pilosi; folia longe petiolata, ovato-oblonga, obtusiuscula, argute serrato- dentata, glabriuscula, 11/—2^ longa, 8— 10^ lata; spicae cylindricae, d axillares folium subaequantes, 9 terminalis, elongata; bracteae 9 bi- florae, palmatifidae: lobis 5 oblongis obtusis; styli multifidi, ramis setaceis rubicundis, — Cordoba, frequens in campis et convallibus pr. urbem.
126. A. cordifolia Gr. nov. sp. fruticosa, ramulis petiolisque inter pubem simplicem dense glanduliferis, foliis cordato-subrotundis breviter acuminatis serratis basi 5—7nerviis utrinque adpresse pilosis margineque parce glanduliferis longe petiolatis; racemis spiciformibus axillaribus filiformibus breviter — petiolum subaequantibus androgynis
Phys. Classe. XIX. N
^... A. GRISEBACH,
basi 9: bracteis ọ 3—2 remotiusculis unifloris late conduplicato-renifor- mibus demum costatis margine glanduloso-denticulatis, ovario setoso et glandulifero: stylis elongatis subllfidis, seminibus laevibus. — Proxima A plicatae Müll. Arg. Euph. p. 855., distincta foliis multo latioribus .(6—83^ longis, 5— 21/5" latis) bracteis 9 denticulatis, stylis 3'^ fere lon- gis multifidis. Frutex ultra6pedalis; pubes foliorum simplex, secus ner- vos bifariam seriata; racemi 2— 3^ longi, floribus 9 sessilibus: bracteae excrescentes demum 4——-6'^" latae, 3° longae; calyx g 4phyllus, 9 3par- titus: segmentis ovatis acutis ciliatis; semina compressa-ovoidea, atra, l'^ longa. — Tucuman, in sylvis umbrosis subtropicis et in fruticetis pr. Siambon. |
127. Tragia volubilis L. — Tucuman, frequens in sylvis subtro- picis etin fruticetis pr. Siambon. (Amer. trop., »translata quoque in Afri- cem occidentalem«.
128. T. dodecandra Gr. nov. sp. Leptorhachis, suffruticoso- herbacea, hispido-pilosa, foliis e basi profunde cordata deltoideis crenato- serratis petiolo subaequilongis, inferioribus ipso brevioribus, racemulis terminalibus axillaribusque paucifloris pedunculatis, pedicellis bracteolae lineari calycique subaequilongis, inferioribus 1— 2 foemineis, staminibus 13— 20: anthera oblonga erecta: filamento incrassato, stylis intus papil- losis exsertis divergentibus, capsula 3globosa hispida. — Habitu et plu- ribus notis accedens ad T. betonicifoliam Müll, sed antheris et numero staminum ad Leptorhachin, ad Tragiam reducendam, pertinet. Caulis adscendens, spithameus, basi divisus; folia 14— 6^ diam., apice acutius- cula, v. rotundata, petiolo 12—4'^ longo, stipulis ovatis acutis; pedun- culi folio subaequilongi, 5—8flori, supra pedicellum 9 saepe infracti; | calyx g 6phyllus (initio cohaesione 3phyllus), valvaris, foliolis lanceolato- acutis 1 iem stamina duplo breviora, centralia, antheris filamento gang v brevioribus demum extrorso-birimosis ; calyx 9 6phyllus, ier imbricativus, 1'^ longus, foliolis ovato-lanceolatis acutis ovarium sen eh ee semina globosa, exarillata, — Santiago del Estero, in campis provinciae meridionalibus, pr. Las Aguilas,
129. Excoecaria marginata Gr. ex syn. Sebastianiae Klotzschianae
PLANTAE LORENTZIANAE. 99
Müll. Arg. schedulae ab ipso inscriptae. — Syn. Gymnanthes marginata Bail. Nomina generica Swartzii et Jacquinii conservanda duco contra opinionem cl. Müll. Arg., qui Sapium Jacq. Excoecariam et Excoecariam Sw., A. Juss., Benth. Sebastianiam nuncupavit, quo factum est ut fere omnia specifica nominaab ipso mutata sint. Arbuscula v. frutex excelsus. Spe- cimina incompleta, capsulifera. — Cordoba, in montibus. (»Brasil. austr.«).
130. Sapium aucuparium Jacq. var. salicifolium Kth. Folia 3—
4^ longa, 6''—16'/" lata, punctis pellucidis carentia. — Tucuman, arbor frequens in sepibus inter Tucuman et Santiago de Estero. (Amer. trop.) 131. Euphorbia pilulifera L. — Tucuman in pratis pr. Graneros.
(Zona tropica).
132. E. hypericifolia L. var. lasiocarpa Kl. Forma foliis infra apicem subintegerrimis, semine conveniens. — Cordoba, pr. Ascochinga. (America calidior et ultra ejus fines).
133. E. brasiliensis Lam. var. Lorentzii Müll. Arg. ined. ascendens, superne parce pilosa, foliis e basi subcordata oblique cordato-ovatis ob- tusiusculis (6^^ longis, 4'^ latis) serrulatis. — Cordoba, in graminosis humidis pr. S. Francisco (Amer. trop.)
134. E. serpens Kth. var. microphylla Rth. — Cordoba, frequens. Tucuman in pratis pr. Graneros. (America calidior et ultra ej. fines).
135. E. ovalifolia Engelm. var. argentina Müll. Arg. ined. foliis basi oblique rotundatis oblongis v. obovatis retusis v. rotundatis (11⁄ — 24 longis). — Cordoba, pr. Ascochinga (— »Mendoza et Chile«).
136. E. sciadophila Boiss. -— Cordoba, in sylvis montanis humidis pr. Ascochinga (— Brasil austr.)
137. E. chilensis Gay. Distinguenda ab E. portulacoide Spreng. foliis lanceolato-oblongis oblongisque obtusiusculis v. obtusis (1—2^ lon- gis, 5—8'^ latis). — Cordoba, in campis. (»Bonaria—Chile«).
138*. E. Peplus L. — Cordoba, inter segetes.
Rhamneae.
139. Zizyphus Mistol. Gr. nov. sp. arboreus, spinosus, pube brevis-
sima pruinaque pulverulento-incanus, foliis breviter Sea coriaceis
100 A. GRISEBACH,
subcordato-ovalibus v. ovali-subrotundis apice rotundato retusis trinerviis (cum pari accessorio obsoletiori) minutissime et remote serrulatis, cymulis tomentosis petiolum excedentibus, floribus apetalis , stylo brevi, drupa calycis tubo circumscisso suffulta ovata apice rotundato-acutiuscula. — Petalis deficientibus ad Condaliam accedit, sed statura, foliis palmati- nervüs, floribus cymosis et ovario biloculari verus Zizyphus est. Arbor excelsa, ramulis tortuosis, spinis ex altera stipula ortis validis brevibus rectis 2—3'^ longis; folia juxta spinam fasciculata, cinereo-incana, rigen- tia, 8—14'^longa, 5—9“ lata, petiolo crassiusculo 1— 9/" longo; cymae breviter pedunculatae, pedicellis abbreviatis glomerulum saepe pauciflorum exhibentes; calyx 1 longus et latus, vix ad medium 5fidus, lobis del- toideo-acutis; stamina brevia, incurva, antheris introrsis biglobosis; dis- cus tubum calycis vestiens,. pistillum liberum aequans, margine staminifer; drupa 2locularis, 3—4% longa, atra, glabrescens; semina compressa, laevia, albuminosa, cotyledonibus foliaceis. — Nomen vernac. Mistol. Arbor fre- quens in parte boreali prov. Cordoba et in prov. Santiago de Estero, ubi drupae edules nutrimentum praebent universum, Algarobis haud cedens. . . 140. Condalia lineata As. Gr. Drupa biloculari a charactere gene- ris a cl Reissek in Flora brasiliensi dato recedit, habitu C. micro- phyllae Cav. persimilis est, venis crassiusculis foliorum subtus prominulis rectilineis insignis, Folia 9— 3/4 longa, pedicellos subaequantia v. supe- rantia, in ramulis apice spinescentibus fasciculata; flores 1^ longi: struc- tura fere ut in Zizypho Mistol; drupa calycis tubo circumscisso suffulta, 3^' longa, oblonga v. obovato-oblonga, apice rotundato. — Nomen